20 - Blütezeit

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Jungkook setzte sich zu Taehyung an den Tisch und nahm sich eine Tasse Tee. Er beobachtete den Autor dabei, wie er konzentriert den Garten beobachtete. „So könnte ich für den Rest meines Lebens aufwachen", murmelte er abwesend und sah den Vögeln dabei zu, wie sie sich um das Vogelbad drängten. Genauso gerne hörte er ihnen zu.

„Was ist deine Idee", fragte Jungkook gerade aus. Taehyung reagierte nicht, weswegen Jungkook ihm vor das Schienbein trat. Scharf zog Taehyung die Luft ein. „Jetzt übertreib mal nicht so."

Beleidigt rieb der Autor sein Bein. „Du bist Blöd." Er warf einen missachtenden Blick in Richtung Jungkook, der ihn sofort auffasste. Der Künstler nahm ruhig einen großen Schluck seines Tees. „Wie konnte ich nur dabei zustimmen, mit einem Kindergarten Kind zu arbeiten." Verständnislos schüttelte er seinen Kopf und nahm gleich noch einen Schluck.

Taehyung nahm so Witze nicht persönlich. „Also sind wir beim Du?" „Scheint so, Herr Kim." Jungkook warf ihm einen belustigten Blick über den Rand der Tasse zu. „Kannst du mal aufhören mich aufzuziehen?"

„Lass mal überlegen...nein?"

„Du Arsch!" Auch Taehyung trat nach Jungkook. „Jetzt werden wir gleich beleidigend", stellte Jungkook gespielt verletzt fest, „warum gehen wir nicht wieder auf das Sie zurück, da haben Sie wenigstens noch so getan, als wären Sie nett."

Taehyung erstarrte. „Wie eine Blume", flüsterte er. Jungkook war wie eine Blume aufgegangen. Jungkook hielt ebenfalls inne. „Was?"

Ungeduldig schnipste der Autor mit dem Finger. Das Zeichen für: „Ich brauch ein Blatt!"

Jungkook sah sich in der Küche um. „Vielleicht nimmst du eins der Blätter, die hier seit Wochen überall herumhängen und liegen." Er zog eins vom Ende des Tisches zu sich und schob es Taehyung hin. Irgendwoher hatte er sich einen Stift geangelt und schon fing er auch an.

Jungkook war nie bewusst gewesen, dass das Zusammenleben mit einem Autor in einer chaotischen Zettel-Wirtschafft enden würde. An seinem gesamten Kühlschrank hingen handgeschriebene Notizen. Manche mehrere Seiten lang, andere nur einige Zeilen.

Er stützte seinen Kopf auf den Händen ab und beobachtete Taehyung. Etwas, was sie beide gerne taten. Jungkook musste wissen wie eine Landschaft aussah, um sie nachher zu malen. Taehyung bekam Inspirationen und schrieb alles nieder.

Hoseok trat unbemerkt das Haus, durch die Terassentür. Leise schlich er sich an Jungkook vorbei und füllte sich ein Glas Wasser ein. Doch er brauchte sich gar nicht bemühen leise zu seien, die beiden schwebten in einer ganz anderen Welt. Taehyung in der seiner Geschichte und Jungkook definitiv in einer, in der es sich nur um Taehyung drehte.

Der Manager konnte nicht definieren was für ein Ausdruck Jungkooks Augen spiegelten. War er verträumt? Hosek schüttelte den Kopf. So sehr, wie Jungkook immer versuchte im Hier und Jetzt zu leben, hätte er das nicht zugelassen.

Irgendetwas ließ seine Augen glitzern und dann viel es Hoseok wie Schuppen von den Augen. Es war nicht als Hingebung. Der Jeon Jungkook, der er vor kurzem noch aus voller Überzeugung ein Lagerfeuer starten wollte, hatte sich ganz verloren. Verloren in Kim Taehyung, der alles ausdrückte, was der Künstler verachtete.

Zufrieden nippte Hoseok an seinem Wasser. „Wie hast du das nur geschafft, Taehyung." Ein wahrer Held. Er schöpfte wieder Hoffnung, das Jungkook wenigstens einen Freund in seinem Leben haben würde.

Zu mindestens teilten sie sich die Leidenschaft. In unterschiedlichen Dingen, aber das würde nur eine Bereicherung für beide Seiten sein.

Wenn Jungkook davor eine Knospe gewesen war, die nie ihren Weg an die frische Luft angetreten war, dann blühte er jetzt nur um so schöner. Jedes seiner Blätter strahlte in kräftigen Farben und er versprühte einen eindringlichen Duft.

„Bin fertig", verkündete Taehyung und richtete sich auf. „Oh Gott, hab ich eine Sauklaue." Jungkook griff nach dem Blatt, „gib mal her", aber Taehyung zog es weg. „Ich muss das erst noch leserlicher Schreiben."

„Gut", meldete Hoseok sich zu Wort, „wenn ihr fertig geflirtet habt, würde ich euch gerne entführen". Er stellte das Glas in die Spüle und sah sich die Outfits Beider an.

Ertappt gefror Jungkook in seiner Haltung. Taehyung hingegen legte breit lächelnd einen Arm um Hoseoks Schulter. „Wohin willst du und den entführen – ein Rondeau?"

„Eher ein Albtraum. Hob, hob", scheuchte er Jungkook von seinem Stuhl auf, der wie ein erschrockenes Huhn aufsprang, „deine Familie wartet".

„Ich hab gar keinen Anzug. Da fühl ich mich underdresst neben den ganzen Bodyguards", maulte Taehyung. Hoseok stieß den Arm von seiner Schulter. „Nimm einen von Jungkook und jetzt beeilt euch."

Die beiden dackelten brav davon und Hoseok fasste sich gestresst an die Stirn. Sein Handy vibrierte und zeigte einen einkommenden Anruf an. „Hey, Namjoon."

„Nimmst du beide mit, Hoseok?"

„Jup."

Namjoon zögerte eine Minute. „Ob das wirklich eine so gute Idee ist?"

„Du nimmst deine Frau doch auch mit", konterte Hoseok sofort.

Sein Gesprächspartner atmete tief ein. „Ich weiß trotzdem nicht. Auf keinen Fall will ich, dass Jungkook so leben muss wie ich. Ehrlich wäre ich gar nicht auf diese versiffte Feier gekommen, aber Bella hat mich überzeugt. Ich fühl mich echt nicht gut bei der Sache."

„Ach, das wird schon." Er legte auf.

„Und wie sehen wir aus." Hoseok drehte sich um und in der gleichen Bewegung steckte er sein Handy weg. „Gut, dann könne wir ja jetzt." Er schritt mit langen Schritten voran und die anderen Beiden musste joggen um aufzuschließen.

„War das ein gut, gut! Oder ein gut, gut?"

„Ich höre da keinen Unterschied, Taehyung." Hoseok öffnete die Tür und stieg in das Auto ein.


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