14 - das Leben ist ein Desaster

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„Ich", fing Jungkook zögernd an. In seinen schwitzigen Händen knetete er das Lenkrad. Das glitschige Leder fühlte sich ekelhaft unter seinen Fingern an. Er wechselte zu seiner Hose und witschte dort – versinnbildlicht – seine Nervosität ab.

Taehyung auf dem Beifahrersitz wartete interessiert, bis sein Gegenüber weitersprach.

„Ich hab Ihnen etwas zu sagen, wenn wir zurückkommen." Jungkook baute vorsichtig Augenkontakt mit dem Autor auf. Taehyung nickte energisch und trug sein sorgenfreies Lächeln. „Klar, dann ab nachhause! Sie machen es ja ganz spannend für mich!" Ein zwinkern konnte sich der Autor nicht verkneifen.

Zittrig startete der Künstler das Auto und schaffte es tatsächlich die ersten beiden Male, das Gefährt, abzuwürgen. Dann fuhren sie begleitet von der Stille die Küstenstraße wieder zurück. Schon auf dem Hinweg hatte Jungkook Taehyung verboten, das Radio anzuschalten. Zu Jungkooks Verwunderung hielt der Autor sich auch daran.

Der Gedanke, jetzt nicht entkommen zu können machte ihn fertig. Jungkook war ein Meister des Verschwindens. Egal ob aus langweiligen Opern oder vor narzisstischen Brüdern. Er entkam allem. Aber jetzt musste er in dem Auto zurückfahren. Es gab keine Möglichkeit Taehyung einfach rauszuwerfen oder selbst aktiv zu werden. Sein ganzes Leben lang war er geflohen.

Und man konnte es ihm auch echt nicht verübeln.

***

Mit den Einkäufen marschierte Jungkook durch die Eingangstür, gefolgt von einer Quasselstrippe. Im Auto hatte er kein Wort von sich gegeben, aber kaum waren sie angekommen, redete er wieder wie ein Wasserfall. Taehyung setzte kein Punkt und Komma. Jungkook hoffte ein wenig Taehyung hatte vergessen, was er im Auto gesagt hatte.

Es war wohl doch nur ein kurzer Moment gewesen, in dem Jungkook bereit gewesen war die Risiken einer Kooperation zu vergessen und nach Hoseoks Lebensmotto zu leben.

Kein wirklich originelles Motto, wenn man bedenkt, dass „Just do it" auf jedem zweiten T-Shirt draufsteht. Trotzdem lebte keiner das so gut wie der Manager.

Langsam ließ er die schweren Tüten auf dem Esstisch nieder. Dann stockte er in seiner Bewegung. Er hoffte nur die Pfanne erlaubte sich einen Scherz und ihre Spiegelung war nicht echt.

Auch Taehyung hielt inne, als er Jungkook so sah. Er war auch der erste der sich umdrehte. Fragend lächelte er das Komitee im Wohnzimmer an. „Was kann ich für die Herren tuen?" Und wie sind Sie überhaupt in das Haus gekommen, fügte er in Gedanken hinzu.

Jungkooks Mimik versteifte sich. Sein Kiefer spannte sich an und seine Augen verengten sich. Jetzt wo der Künstler nicht aussah, als würde er sich gleich vor einen Zug werfen erkannte Taehyung die Ähnlichkeit, der beiden Männer.

Während Jungkook jetzt drein sah, als würde er den Zug gleich steuern und zwar ohne bremsen, geradeaus auf sein geliebtes Familienmitglied. Die Brüder standen sich Auge um Auge gegenüber. Die Luft heizte sich auf und man könnte meinen elektrisches Knistern zu vernehmen.

Jeonghyun war nicht alleine da. Ein paar Bodyguards oder Handlanger, je nach Blickwinkel, hatten sich im Wohnzimmer verteilt. Aus seinem Lächeln konnte man einiges herauslesen. Wie Taehyung es gerade tat. Jeonghyun war gewohnt andere zu dominieren, stellte er schnell fest.

„Entschuldigen Sie, es war sehr unhöflich mich nicht vorzustellen. Jeon Jeonghyun. Sehr erfreut Sie kennen zu lernen.", Jeonghyun stand auf und kam auf die beiden zu. Er streckte Taehyung die Hand hin und der Autor fühlte sich wie ein Geschäftspartner. „Darf ich Sie nach Ihren Namen fragen?"

„Kim Taehyung, die Freude ist ganz meinerseits", erwiderte der Autor mit derselben aufgesetzten Höflichkeit. Die beiden Tauschen Visitenkarten aus und Taehyung stellte nicht sehr überrascht fest, das Jeon Jeonghyun ein CEO war.

Jungkook riss Taehyung aus seinen Gedanken. Bessergesagt Jungkooks Hand. Der Künstler piekte ihm, nicht gerade sanft, in den Oberschenkel. Taehyun verstand nicht ganz, was er ihm damit sagen wollte doch seine Augen sagten es deutlich.

Geh.

Der Autor räusperte sich und setzt wieder sein Lächeln auf. „Nun, ich denke sie haben sie viel zu sagen. Ich werde mich zurückziehen. Auf wiedersehen." Damit stieg er die Marmortreppe hinauf.

Jungkook war einerseits froh, das Taehyung gegangen war. Andererseits wollte er wieder seine Hand halten. Nachdem er am eigenen Leib gespürt hatte, was möglich war wollte er nicht wieder ohne das Gefühl leben.

Jeonghyun überkreuzte seine Beine, sobald er das Leder, der Couch, berührt hatte. Bei Jeonghyun war es okay, aber sobald Jungkook das tat, wurde er von seinen Großeltern angeschrien. „Jetzt lässt du auch schon Poeten-Bastarde in diesem Haus wohnen", fuhr Jeonghyun seinen Bruder an. Dieser stand mit gesenkten Kopf verloren da, zwischen ihnen der Couchtisch.

Der jüngere Bruder war es gewohnt, die verletzenden Worte zu hören. Erwidern tat er nichts. Es störte seinen Bruder nicht, ob Taehyung ein Bastard war oder nicht. Es störte ihn nicht, ob er Jungkook verletzte. Was ihn störte war der lyrische Teil.

Eine der Hasswellen hatte Jungkook abbekommen, als er sich geweigert hatte in das Familienunternehmen mit einzusteigen. Oft wurde er mit Jeonghyun und Namjoon verglichen, wie gut sie doch seien. Und Jungkook war nur ein Stückdreck, das sich in den Weg stellte, egal ob es seine Liebe zur Malerei anging oder Liebe generell.

„Aber deswegen bin ich nicht hier", Jeonghyun lehnte sich selbstgefällig in dem Sofa zurück. Er wollte jede Regung im Gesicht seines Bruders sehen. „Unsere Großeltern haben eingeladen. Du kommst doch wohl oder", höhnte er, „oder verschwindest du wieder ab der Hälfte, weil du zu schwach bist".

Wie gerne würde Jungkook seinen Bruder anschreien. Ihm klarmachen, wie unfair das alles war. Wie scheiße er sich fühlte, wenn alle ihn heruntermachten und ihn und Namjoon auf einen Tron stellten. Sie als „Juwelen" der Familie bezeichneten. Wenn ihre Eltern vor ihrem Sohn über ihn herzogen und wie verletzend es war, dass keiner ihn annahm.

Ob Jeonghyun es spürte...

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