The Language Of Art

1 - Menschen sind scheiße

Jungkook hätte sich um ehrlich zu sein lieber seine Pulsader aufgeschlitzt anstatt hier zu sitzen. Das Hemd schränkte seine Handlungsfreiheit erheblich ein, da brachte es auch nichts, dass die schwarze Anzugjacke nur locker über seinen Schultern hing. Fast als wäre sie ihm ein wenig zu groß. Am meisten jedoch verdonnert er Namjoon dafür, ihn in eine Hose gesteckt zu haben, die ihn an Stellen Einschnitt, die äußerst empfindlich waren.

Das einzige bequeme war die Armlehne, die er sich allerdings mit einem von Namjoons Freunden teilen musste. Jungkook hatte sich ausnahmsweise den Namen gemerkt, da er den Typen gar nicht mal so schlimm fand.

Ihn wieder treffen würde Jungkook auf keinen Fall, aber für die zwei Stunden Oper und halbe Stunde Pause war er noch der angenehme Typ. Besser als alle anderen Versuchte Jungkook zu sozialisieren.

Jungkooks Familie wollte ihn um jeden Preis mehr in die Gesellschaft einbringen – was aber nur ein Schuss nach hinten war – und hatten seinen Cousin damit beauftragt. Nach dem Treffen mit einem arroganten Chef irgendeiner Firma auf französische Küche hatte sie Jungkooks Weltanschauung nur bestätigt.

Sein Cousin hatte ihn heute aus dem Haus schleifen müssen, nachdem er ihn überfallen hatte. Namjoon hatte mittlerweile einige Erfahrungen im Fall „Jungkook sozialisieren" gesammelt. So hatte er Jungkook nichts von seinem Plan, in die Oper zu gehen, erzählt und war stattdessen mit einem Anzug gleich bei ihm im Wohnzimmer gestanden. Während Namjoon die Idee für äußerst grandios hielt – es waren nur Personen dabei, die Jungkook schon kannte und eine die er bestimmt mögen würde – fand Jungkook sie äußerst beschissen. Das einzige gute war daran, das Jungkook mit niemanden reden musste.

Sein Cousin hatte ebenfalls seine Frau dabei. Eine hübsche Italienerin, die alle Formen der Kunst liebte. Jungkook persönlich fand sie ein wenig nervig. Es grenzte gerade an ein Wunder, das sie noch keiner über den Tisch gezogen hatte bei ihrer Ahnungslosigkeit. So welche Menschen konnte Jungkook gar nicht ausstehen und er machte auch keinen Hehl daraus. Doch anscheinend schien seine Schwägerin das nicht einmal zu begreifen. Im Kontrast zu seinem Cousin. Immer wenn Jungkook einen heiklen Kommentar losließ sprang ihm Namjoon fast an die Gurgel.

Jungkook war gerade am Überlegen, abzuhauen. Die anderen unterhielten sich und würden es wahrscheinlich nicht einmal merken. Wenn der Junge etwas konnte, dann unauffällig verschwinden. Gerade wollte er aufstehen, da trat ein junger Mann in seine Reihe. Er versperrte Jungkook so die Fluchtmöglichkeit und als dieser hinter sich schaute, starrte er genau in die Augen seines Cousins. Es schüttelte Jungkook vor Furcht er setzte sich wieder auf seinen Platz und schmollte wie ein trotziges Kind. Von Namjoon vernahm er ein angestrengtes Ausatmen.

Die Hose fühlte sich kein Stück bequemer an. Jungkook sah jetzt schon, dass er später an einigen Stellen Schmerzen haben würde. Vielleicht würde er Namjoon dafür anschwärzen?

Endlich gingen die Lichter aus und Jungkook fragte sich mit einem Blick auf seine Uhr, wie viele Stunden sie zu früh gewesen waren. Mindestens eine.

Jungkook stellte mit einem zufriedenen Blick fest, dass Yoongi sich genauso sehr für das Stück interessierte wie er. Leider konnte er bei so einem Lärm nicht schlafen. Eine Welle der Langweile brach über Jungkook herein und er hüpfte hibbelig auf seinem Stuhl auf und ab. Was die Frau hinter ihm gewaltig ärgerte.

Der junge Mann zog schlussendlich seine Aufmerksamkeit auf sich. Seine braunen Wellen schimmerten in dem Dämmerlicht, das Jungkook an etwas ganz anders erinnerte, als an eine Oper. Sein Blick wanderte weiter herunter. Eine große Nase, die perfekt in sein Profil passte. Volle Lippen...die obere sah einem Herz ähnlich. An irgendeinen Prinzen erinnerte ihn der Typ. Jedoch hatte er schon lange keinen Zeichentrickfilm mehr gesehen und so erinnerte er sich nicht an den Namen.

Jungkook verbrachte eine Stunde damit den Mann anzustarren. Den zweiten Teil der Oper übersprang er einfach, in dem er sich ein Taxi nahm. Die anderen drei bemerkten es gar nicht, bis Namjoon ihn in sein Gespräch einbauen wollte. Verzweifelt raufte er sich die Haare. Wie lange würde sein Cousin noch brauchen um loszulassen?