Sidestory: Samhain

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Anlässlich Halloween hat die Projektgemeinschaft ein Aufgaben-Shuffle auf die Beine gestellt, bei dem jeder Teilnehmer zwei zufällige Aufgaben zum Thema Halloween zugelost erhielt, von denen er sich eine aussuchen konnte.

Ich habe mich für die folgende Aufgabe entschieden:

Samhain, ein altes vorchristliches Fest, steht an. Du kennst es als Halloween, wo abends die Kinder von Tür zu Tür ziehen, um nach Süßigkeiten zu fragen. In der Gegend, in der du dich gerade befindest, wird es ganz anders gefeiert. Hier bietet man den dunklen Mächten noch Blutopfer an, um sie dazu zu bringen, auch im folgenden Jahr kein Unheil zu bringen. Du triffst entweder auf die Vorbereitungen oder stolperst direkt in ein solches Ritual. Was machst du nun?


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„Ich finde, du solltest hingehen, Caster." Elisabeth sah mich streng an, fast wie eine Mutter, die ihr uneinsichtiges Kind zur Räson rief. Ergeben seufzte ich. „Es wäre nicht klug, dich allein zu lassen, Master", widersprach ich halbherzig, wusste ich doch selbst, dass ich Eli damit nicht überzeugen würde. „Onkel Marlin und Diogenes passen auf mich auf", meinte mein kleiner Master entspannt und lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Aber wer wird dir dann heute Abend eine Gutenachtgeschichte vorlesen?", versuchte ich in einem zweiten Anlauf, mich herauszureden. Nicht einmal in meinen eigenen Ohren klang ich überzeugend. Insgeheim war ich sogar wirklich neugierig, was die Einladung anging, aber so richtig wohl fühlte ich mich eben auch nicht damit, ihr Folge zu leisten. „Das macht Onkel Marlin. Er kennt viele tolle Geschichten über große Könige und Drachen und Feen!", ereiferte sich Elisabeth fröhlich, meine beleidigte Miene ignorierend. Ich etwa nicht? Merlin erzählte ihr bestimmt nur von wahren Begebenheiten aus seinen Lebzeiten, die er für Elisabeth als Kindermärchen tarnte. So sicher sich Eli bei dem Magier der Blumen fühlte, so sehr misstraute ich dem Zauberer, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, einen weniger auffälligen Tarnnamen auszusuchen. Da konnte er auch gleich jedem ins Gesicht drücken, wer er wirklich war.
„Der blaue Caster hat dich extra eingeladen", beharrte Elisabeth und grinste plötzlich schelmisch. „Und vielleicht ist ja auch der König da." Wie gerne hätte ich mir einfach mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Selbst wenn – und das war ein verdammt großes wenn – Gilgamesh auch dort aufkreuzte, eingeladen oder nicht, wäre das eher nur noch ein Grund für mich, nicht hinzugehen. Der König der Helden genoss die Macht, die er über mich hatte, sowieso schon viel zu sehr. Könnte ich ihm das vermaledeite Buch wiedergeben, das mich erst zum Servant machte, ich täte es sofort, doch im Moment musste ich davon ausgehen, dass mich das Zauberbuch als einziges am Leben erhielt. Ich brauchte es also. „Er würde sich bestimmt total freuen, dich zu sehen. Es wäre ja sooo romantisch, wenn ihr euch dann von der Halloweenfeier schleicht, um allein zu sein. Ich würde es natürlich niemandem verraten", versank Eli bereits in irgendwelchen kitschigen Vorstellungen, die der Realität nicht weniger entsprechen könnten. Wie sie ernsthaft glauben konnte, Gilgamesh und ich wären in der Vergangenheit ein Liebespaar gewesen, würde sich mir wohl für immer entziehen. Selbst wenn ich die Zauberin wäre, welche einst vom König der Helden das magische Buch erhalten hatte, das nun an meiner Hüfte hing, konnte von Zuneigung zwischen den beiden wirklich keine Rede sein. Hatte Eli bei dem Punkt, an dem die Magierin sich das Leben nahm, um Gilgameshs Herrschaft zu entkommen, weggehört? Nein, Gilgamesh war ganz bestimmt weder in diese Zauberin verliebt gewesen, über deren Hingabe zu ihrem Geliebten er sich sogar noch lustig gemacht hatte, noch sah er in mir mehr als ein amüsantes Spielzeug, mit dem er sich die Zeit vertreiben konnte, wenn ihm langweilig wurde.
„Du darfst aber nicht mit dem blauen Caster knutschen", riss mich Elisabeth aus meinen Gedanken. Entgeistert sah ich sie an. Wie kam sie denn nun wieder auf den Trichter? Cú flirtete einfach alles an, was weiblich war und lange genug stillhielt. „Wieso sollte ich?", entfuhr es mir, bevor ich darüber nachdenken konnte. Hätte ich doch nur den Mund gehalten. „Er würde bestimmt!", murrte Elisabeth und verschränkte nun die Arme. Dabei rutschte sie auf dem Sofa herab und sah dabei umso mehr aus wie das schmollende Kind, das sie war. Oh, da würde ich ihr nicht widersprechen. Cú Chulainn würde sogar ganz bestimmt, aber ich doch nicht! Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, ergriff mein kleiner Master auch schon erneut das Wort. „Das würde dem König das Herz brechen! Das darfst du ihm nicht antun, Caster! Es ist nicht in Ordnung, wenn du mit mehreren Leuten zusammen bist. Das gehört sich nicht!" Eli sah mich bei diesen Worten so ernst an, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste. Manchmal war sie wirklich niedlich. „Keine Sorge, Master", meinte ich beschwichtigend, „ich werde definitiv die Finger vom blauen Caster lassen. Außerdem", fuhr ich fort, „würde ich doch niemals etwas tun, das die Gefühle des Königs verletzt." Würde ich wirklich nicht, denn dann müsste ich eindeutig um mein Leben fürchten. Das Thema Enkidu anzuschneiden hatte ich bisher nicht gewagt und würde es sicher auch so schnell nicht versuchen. Ohnehin glaubte ich nicht, dass der König der Helden auch zu dieser ominösen Halloween-Party eingeladen worden war. Falls ich mich irrte und Gilgamesh doch auflief, gab es zwei Varianten, wie diese Feier verlaufen konnte. Entweder Cú und Gil soffen sich zusammen ins Koma oder sie stichelten so lange gegeneinander bis der erste – und hier tippte ich auf Gil – die Geduld verlor und alles im wahrsten Sinne des Wortes sprengte. Da würde ich schon gerne mit Cola und Popcorn aus sicherer Entfernung zusehen.

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