Von Caster zu Caster

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Es war noch dunkel, als ich die Augen aufschlug. Dass ich als Servant überhaupt schlafen konnte, war mir gar nicht klar gewesen, doch irgendwann war ich wohl eingedämmert, ohne es selbst zu merken. Verhalten gähnte ich hinter vorgehaltener Hand. Anscheinend war ich im Schlaf vom Bett gerutscht und hatte nun die Nacht auf dem Boden daneben verbracht, den Kopf jedoch auf der Bettkante. Kein Wunder, dass mein Nacken sich anfühlte, als wäre ein 14-Tonner mehrfach darüber gerollt. Eine Frühaufsteherin war ich zwar schon immer gewesen, doch mir steckte der Schreck des gestrigen Tages noch gehörig in den Knochen und so fühlte sich dieser Morgen - war es überhaupt Morgen? - an, als wollte ich ihn lieber verschlafen. Wäre ich nicht neben Elisabeth aufgewacht, ich hätte wohl geglaubt, dass alles nur ein Traum gewesen war.

Heute jedoch war es nicht meine innere Uhr, die mich in Unruhe versetzte. Der Funkwecker auf dem Nachttisch zeigte gerade mal 4:00 Uhr morgens. Irgendetwas stimmte nicht. Ein Kribbeln, das unter die Haut ging, wie ein eisiger Hauch im Winter, wenn der Schal nicht richtig saß. Alles in mir schien mich warnen zu wollen, dass jemand hier war. Jemand wie... ich. Ein Servant. Nahe. Stark. Gefährlich. Eine potentielle Gefahr für meinen Master. Dieser Gedanke vertrieb erfolgreich jede Müdigkeit und im Nu war ich hellwach, wenngleich mir das Herz in die Hose rutschte. Wenn ein Servant hier war, würde das womöglich bedeuten, dass es zum Kampf käme. Gar nicht gut, denn ich wusste ja immer noch nicht mit meinen Kräften umzugehen. Stumm betete ich, dass es doch einfach nur Diogenes wäre. Der wirkte letztes Mal auch so entspannt und würde sicher nicht kämpfen wollen.

Meine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Leise war ich aus dem Schlafzimmer geschlichen, um mich umzusehen. Dem Gefühl folgend traf ich im Wohnzimmer dann tatsächlich jemanden an, doch Diogenes war es nicht. Dass ich dennoch sofort wusste, wen ich da vor mir hatte, schien mir jedoch in diesem Moment nicht wirklich beruhigend. Caster Cú Chulainn. Diese flauschige Kapuze, es konnte kein Zweifel bestehen.

Vorsichtig trat ich näher, ihn nicht einen Moment lang aus den Augen lassend. Nervös war er jedenfalls nicht, so entspannt, wie er sich da aufs Sofa gefläzt hatte. Die Botschaft war klar: Ich bin stärker als du, also habe ich nichts zu befürchten. Nicht angenehm, sich das in Erinnerung zu rufen, aber es stimmte leider. Hätte er Master und mich jedoch um jeden Preis loswerden wollen, hätte er das längst gekonnt. Also war er zum Reden hier. Gut. Das hieß immerhin, dass wir vielleicht einander - halt, nein - dass er mich nicht töten würde.

"Ich hatte keinen Besuch erwartet", ergriff ich das Wort als Erste und betete still, dass man mir nicht ansah, wie nervös ich wirklich war, als ich das Sofa ihm gegenüber ansteuerte und dort Platz nahm. Jetzt bereute ich, Grand Order noch nicht so weit gespielt zu haben, sonst wüsste ich bestimmt mehr über ihn, aber im Spiel hatte ich ihn gerade erst kennengelernt. "Was verschafft uns die Freude?" Wirklich eine Freude war es zwar nicht, doch das wusste Cú sicher selbst. Allerdings machte er nicht den Eindruck, als störe ihn das in irgendeiner Weise. Trotz der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, die seinen roten Augen und die blauen Haare erfolgreich zu verbergen wusste, konnte ich doch ein Grinsen auf seinem Gesicht erkennen.

Einen Moment lang erwog ich, ihn einfach direkt mit seinem Namen anzusprechen und ihn damit vermutlich gehörig zu erschrecken, immerhin dürfte ich den eigentlich nicht kennen. Dann aber entschied ich mich dagegen. Dass ich ihn kannte und vielleicht auch andere Kriegsteilnehmer war mein einziger Vorteil. Ganz so schnell wollte ich ihn den nicht verspielen.

Unverwandt und abwartend starrte ich ihn an, auf eine Antwort wartend, mit der sich Caster Cú ordentlich Zeit ließ. "Ich bin hergekommen", begann er schließlich, gerade als ich drauf und dran war, ihn anzublaffen, ob er bloß hier war, um herum zu lümmeln und mir den Schlaf zu vergällen. "Um dir zu raten, dich aus diesem Krieg zurückzuziehen." Auch ohne seine Augen zu sehen, wusste ich, dass er mich anstarrte, wohl um meine Reaktion zu beobachten. Starrt blickte ich zurück.

Fate/Royale (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt