Master

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Während mich meine eigenen Worte eher verunsichert hatten, schienen sie bei dem Mädchen auf offene Ohren zu stoßen, denn sie lächelte überglücklich und ihre Stimme überschlug sich beinahe, als sie mir nickend kundtat: "Ja, genau. Ich bin dein Master. Willkommen, Caster!" Etwas unbeholfen hob ich eine Hand zum Gruß. "Hi." Zum Glück brauchte ich nicht mehr sagen, denn das Mädchen schien völlig aus dem Häuschen. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Mein Master. Ich konnte es noch immer nicht so richtig glauben. Nichts, was ich je erlebt oder gewusst hatte, hatte mich auf so etwas vorbereitet. Vielmehr kam es mir immer noch so vor, als müsste das hier ein Traum sein.

Auf jeden Fall jedoch war mein Master eindeutig auf meine Ankunft vorbereitet gewesen, stellte ich fest, denn im nächsten Augenblick hatte sie mir schon eine Tasse Tee und einen Teller mit Sandwiches vor die Nase gestellt. "Du hast bestimmt Hunger! Als Geist hattest du doch lange nichts mehr zu essen, richtig?" Ich nickte und schüttelte den Kopf zugleich. Was sollte ich da auch antworten? Nach meinem Ermessen war ich ja eben erst zum Geist erklärt worden. Überhaupt stellten sich da ein paar Fragen. Wie viele Jahre waren seit meiner Zeit vergangen? In was für einer Epoche steckte ich? Wie hatte sich die Zukunft entwickelt? War das hier überhaupt die Zukunft? Zumindest das Wohnzimmer sah aus, wie ich es kannte. Gab der Gral da nicht normalerweise nötige Infos mit? Wo waren meine, bitteschön?

Allerdings würden selbst die Antworten auf all diese Fragen die eine nicht beantworten, die mir schwer im Magen lag. Seit wann gab es überhaupt Magie und den heiligen Gral? Mich beschlich das ungute Gefühl, dass dieser Gral nicht aus anderen Zeiten, sondern auch anderen Welten Leute hierher schleppte, denn nichts anderes würde mein Hiersein erklären. Hieß das, der Erfinder der Fate-Serie hatte so etwas auch erlebt? Zufall wären das alles wohl kaum. Dann musste es auch einen Weg zurück geben!

Was den Krieg selbst betraf, konnte ich echt nicht behaupten, dass mir dabei irgendwie wohl war. In einem Krieg hatte ich in etwa so viel zu suchen wie mein Master. Von Kriegsführung und Taktik verstand ich nichts, kämpfen konnte ich auch nicht und obendrein musste ich ja jeden Master und Servant erst einmal als Feind einstufen. Vielleicht sollte ich hoffen, dass dieser Krieg nach Apocrypha-Regeln lief. Verbündete könnten wir gut gebrauchen. Klar, die würden sich später auch gegen uns wenden, doch bis dahin wüsste ich dann hoffentlich mehr über meine Fähigkeiten und könnte mir etwas ausdenken, um meinen Master und mich zu beschützen. Allerdings bestünde wohl auch dann das Risiko, dass man uns - zurecht - als schwächstes Glied ansähe und zuerst loswerden wollte. Kämpften "nur" sieben Master und Servants in diesem Krieg würde sich daran allerdings nichts ändern. Man könnte uns immer als potentiell leichte Beute einordnen, weil Master so jung war. Dass man mir nicht ansah, was ich konnte, war vielleicht noch unser einziger Schutz, wenn auch einer, der nur so lange hielt, bis der erste Servant den Kampf mit uns suchte. Ich starrte meinen Master an. Ihr Leben lag in meinen Händen. Ich musste ihr ein guter Servant sein, sie beraten und beschützen. Magier oder nicht, sie war nur ein Kind und hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Dass ich generell mit Kindern nicht gut konnte, änderte daran nichts. Einfach wegsehen kam auf keinen Fall in Frage.

Geistesabwesend griff ich nach einem Sandwich und nagte an diesem herum. Lecker, aber das wusste ich angesichts meines Gedankenchaos im Moment nicht wirklich zu würdigen.

Hunger hatte ich sowieso keinen, allerdings war das als Servant wohl auch ganz normal. Ein Geist musste halt nicht essen. Ich brauchte bloß meines Masters Mana um zu kämpfen und mich zu manifestieren. Nahrung war also purer Luxus. Ob das alles im Umkehrschluss hieß, dass ich mich mit Schokolade vollstopfen könnte ohne zuzunehmen? Nahmen Tote noch ab oder zu? Alterten sie? Bestimmt nicht! Schokolade, ich war ganz dein! Das wäre mit Abstand das Beste an diesem Job! Wenn ich so darüber nachdachte, vielleicht aber auch das einzig Gute. Immerhin riskierte man im Gralskrieg sein Leben. Kein geringer Einsatz. Zumal ja nur einer gewinnen konnte und dafür eine Menge anderer sterben müssten. An den Händen des Gewinners klebte immer Blut.

Fate/Royale (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt