Inkognito

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Es wäre eine Lüge gewesen, zu behaupten, dass mein irgendwie ungutes Gefühl sich bei dem Spaziergang durch Chronos legte. Die Stadt mochte von außen nicht anders aussehen als irgendeine andere Stadt und für die Bewohner galt gleiches, doch ich hatte die Worte Elisabeths noch zu gut im Hinterkopf. Alle Magier kamen für den Krieg hierher. Und sie alle mussten am Krieg teilnehmen. Wollte ich da überhaupt wissen, wie viele Leute hier mit Befehlszaubern auf der Hand herumliefen, vielleicht schon ihren Servant beschworen hatten und nur darauf warteten, dass der Startschuss fiel? Mir wurde schon vom daran denken ganz übel.

Elisabeth hatte meine Hand gegriffen und führte mich, was in mehr als einer Hinsicht gut war. So konnte ich mich ein wenig umsehen und zugleich würde es vermeiden, dass ich mich hoffnungslos verlief. Das war nämlich leider gewissermaßen mein geheimes Talent. Nach den ersten Metern raste mein Herz bereits vor lauter Nervosität und ich schalt mich stumm eine Idiotin. Wenn jemand angreifen wollte, würde ich doch sicher einen anderen Servant in der Nähe spüren, oder? Sie nähmen mich ja auch wahr. Allein Assassins konnten ihre Anwesenheit verschleiern und daran würde auch meine Paranoia nichts ändern. Vielleicht könnte ich ja entdecken, ob ein potentieller Feind in der Nähe war?

So gut ich in meiner Aufregung eben konnte, versuchte ich, mich zu konzentrieren. Die Erinnerung daran, wie sich Cú Chulainns Nähe angefühlt hatte, war noch frisch, doch hier und jetzt nahm ich nichts Vergleichbares war. Kein Schauer, der mich durchfuhr, kein vages Gefühl von Gefahr. Nur das sichere Wissen, dass mehrere Master nahe waren, was auch nicht unbedingt dazu beitrug, dass ich mich entspannte, obwohl das kaum eine Überraschung war. Natürlich waren hier Master. Vermutlich Dutzende! Wenn das so weiterginge, wäre ich ein nervliches Wrack ehe ich überhaupt wusste, wie viele Leute hier überhaupt mitmischten. Wie viele Magier wohl letztendlich am Krieg teilnehmen wollten? Ich betete stumm, dass es nicht zu viele wären, sondern sich möglichst viele Magier dafür entscheiden würden, freiwillig auszuscheiden. Warum die kleine Elisabeth das nicht bereits von sich aus getan hatte, war mir sowieso schleierhaft. Hoffentlich riet ihr Sensei ihr dazu.

Mein Master schien meine Nervosität allerdings überhaupt nicht zu teilen. Munter und gut hörbar für alle um uns herum plauderte sie vor sich hin, erzählte mir, wo sich welche Geschäfte befanden und dass sie sich ganz doll freute, mich ganz ohne Hilfe beschworen zu haben. Jedes Mal, wenn sie etwas erwähnte, das auch nur im Entferntesten mit dem Gralskrieg zusammenhing, zuckte ich zusammen, doch niemand schien davon Notiz zu nehmen - oder von Eli generell, obwohl sie so laut sprach, dass jeder, an dem wir vorbei kamen, sofort wissen musste, um was es gerade ging. Beinahe kam es mir vor, als wäre mein Master der Geist und nicht ich, so wie die Leute sie ignorierten. Vielleicht war das die Art der Leute hier damit umzugehen, dass auch Kinder am Krieg teilnehmen mussten. Sie ignorierten es, weil die Vorstellung, ein Kind töten zu müssen, um an den Gral zu kommen, einfach nur abstoßend war. Oder aber sie gingen davon aus, dass Elisabeth ihre Befehlszauber sowieso weitergäbe. So richtig überzeugten mich zwar diese Erklärungen nicht, doch eine bessere hatte ich nicht zur Hand. Vielleicht waren die Magier hier auch einfach nur seltsam.

Zielsicher führte mich Elisabeth die Straßen entlang zu einem Betonklotz von Gebäude, über dessen Glastüren der Schriftzug "CR-Laboratoriums" prangte. Ich war verwirrt. Arbeitete ihr Sensei hier? Ohje, das konnte ja heiter werden. Vor meinem inneren Auge entfaltete sich bereits das klischeehafte Bild eines wahnsinnigen Wissenschaftlers, der die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Ein bisschen wie Pinky and the Brain. Blieb die Frage, ob Diogenes als Pinky durchginge, so lustlos wie er gewirkt hatte. Vielleicht war das aber auch nur der Punkt, an dem ich mir Sorgen darüber machen sollte, was mein Hirn so ausspuckte. Möglicherweise war ja alles ganz harmlos und die eigentliche Gefahr war eben Cú Chulainn nebst Master. Den hatte ich noch nicht vergessen und auch nicht mein Buch, in das ich jedoch nicht zwischen Tür und Angel oder gar in der Öffentlichkeit hineinsehen wollte. Am besten nicht einmal vor Elisabeth, damit sie nicht merkte, wie wenig Peilung ich hatte.

Fate/Royale (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt