Alle Spuren führen zu Merlin

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Ich wünschte wirklich, ich wüsste, woher Elisabeth nur ihre gute Laune immer her nahm. Nichts schien ihr Gemüt trüben zu können. Eben noch hatte sie geschmollt, weil die beiden Ruler hatten gehen müssen, jetzt strahlte sie über das ganze Gesicht und lief bester Laune die Straße entlang in Richtung von Marlins Labor. Sie schien den Magier der Blumen wirklich gern zu haben. Kamen ihr seine komischen Tests denn überhaupt nicht seltsam vor? Hatte meine kleine Eli keine Freunde in ihrem Alter? Bisher hatte sie von niemandem erzählt. Ein bisschen traurig war das schon, doch vermutlich gab es auch nicht so viele Kinder hier in der Gegend. Welcher Magier würde schon wollen, dass sein Kind dem Risiko eines Gralskrieges ausgesetzt wurde?
„"Beeil dich, Caster, sonst gehst du noch verloren!", riss mich Elis Stimme aus meinen Gedanken. Zwischen uns lagen bereits einige Meter und so legte ich einen Zahn zu, damit ich meinen Master nicht aus den Augen verlöre. Mich hier ohne Eli zu verlaufen, hätte mir noch gefehlt. Wie schon zuvor, schien niemand der Menschen um uns herum, Elisabeth auch nur zu bemerken. Nicht einer drehte sich zu Eli um, obwohl sie laut nach mir rief, winkte und mehrmals beinahe in Leute hineinlief. Selbst als Eli eine Frau streifte, die dabei fast ihre Einkaufstüte fallen ließ, sah diese sich nicht nach meinem Master um. Wie kam das? Beinahe kam es mir vor, als wären sie alle blind für Elisabeth.
Konnte das des Rätsels Lösung sein? Hatte Merlin meinen Master mit einem seiner Zauber belegt, damit andere Menschen sie nicht wahrnahmen, wenn Eli sie nicht direkt ansprach? Das würde zumindest erklären, wieso man sie nur im Labor bemerkt hatte. Mächtig genug dürfte Merlin allemal sein, grübelte ich, da stieß Elisabeth nun doch gegen jemanden. Unter anderen Umständen hätte ich mir vermutlich nichts dabei gedacht, jetzt aber erstarrte ich fast.

Ich kannte diesen blonden Schopf! Die grünen Augen des Mannes, in den mein kleiner Master gestolpert war, wanderten zu Eli und streiften mich nur kurz. Arthur Pendragon, ganz ohne Zweifel. Wenn das ein Zufall war, fraß ich einen Besen. Hier liefen eindeutig zu viele Mitglieder der Tafelrunde herum! Ich wusste immerhin sicher, dass Bedivere und Tristan sich auch hier herumtrieben, ganz zu schweigen von Merlin. Was brütete dieser Magier hier aus? Vielleicht war Arthur ja auch auf dem Weg zu Merlin? Danach sah er zwar in seinem Anzug nicht gerade aus, sondern eher, als wolle er zu einer Hochzeit, vielleicht sogar seiner eigenen, doch ich war nicht willens, ein Risiko einzugehen. Anders als Arthur traute ich Merlin nämlich nicht.
Nervös schob ich mich in Elisabeths Rücken, für den Fall, dass Arthur vielleicht ein Zeichen des Erkennens merken ließ. Davon jedoch war ihm nichts anzumerken. Mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen deutete er eine kleine Verbeugung an, als er sich entschuldigte. „Verzeihung, ich habe wohl nicht aufgepasst. Bitte seht es mir nach, junge Dame." Dann wandte er sich um und ging weiter, als wäre nichts geschehen. Das hieß dann wohl, dass er nicht wusste, in welcher Verbindung Elisabeth zu Merlin stand.
Arthur war prinzipiell ein gutmütiges Naturell, so viel wusste ich zu sagen. Ein aufrichtiger Mensch, ein Ritter durch und durch und ein bisschen sehr vertrauensselig. Wenn ich ihn mit Merlin konfrontierte, würde er sehr wahrscheinlich nicht lügen und falls er noch nicht wusste, dass sein Lieblingsmagier hier herumlungerte, sähe man ihm das garantiert an. Nachdenklich sah ich ihm nach und hatte gerade entschieden, ihn einfach direkt zu fragen, als mir eisiger Schauer über den Rücken lief, begleitet von einem Gefühl, das mir unangenehm bekannt vorkam. Wie erstarrt blieb ich an Ort und Stelle stehen, mich Elisabeth zuwendend, deren Anblick meine Ahnung bestätigte. Die Kälte, die mich befallen hatte, war die gleiche, die ich auch gespürt hatte, als Eli das letzte Mal von einer dunklen Aura umgeben gewesen war.

Finsterer als die Aura, die Eli umhüllte, war nur ihr Blick. Welches Wesen auch immer von meinem kleinen Master Macht ergriffen hatte, schien Arthur ziemlich zu verabscheuen. Verbissen starrte Eli dem König hinterher, bis dieser in der Menge verschwunden war. Kaum jedoch, dass Arthur außer Sicht war, lächelte Eli mich genauso arglos und liebenswert an, wie ich es von ihr kannte, dass es schien, als wäre die dunkle Präsenz nie da gewesen. „War das Pause genug, Caster? Wollen wir weiter?", wollte sie ungeduldig wissen und erntete verwirrte Blicke meinerseits. Pause? Wovon sprach sie bitte? Offenbar hatte sie wirklich keine Erinnerungen daran, was geschah, während diese dunkle Seite in ihr die Überhand hatte, nicht einmal, wenn es nur wenige Augenblicke waren.
„Ist bei dir alles in Ordnung, Master? Kanntest du den Mann? Du hast ihn so seltsam angeschaut", hakte ich vorsichtig nach, ihre Fragen übergehend, die für mich überhaupt keinen Sinn ergaben. So verwirrt, wie ich sie eben angesehen hatte, sah mich jetzt Eli an. „Wen meinst du, Caster?" Sie runzelte die Stirn, dann kehrte ein Grinsen auf ihr Gesicht zurück. „Beeilen wir uns. Onkel Marlin wird sich freuen, wenn wir ihn besuchen!" Bester Laune griff sie nach meiner Hand, um mich hinter sich her zu ziehen. Ich leistete keine Gegenwehr, sondern folgte Eli einfach.
Wer oder was auch immer von ihr Besitz ergriff, schien das nicht unbedingt zu timen, ging es mir durch den Sinn. Nur um Proto-Arthur mit Blicken aufzuspießen, würde wohl kaum jemand so einen Aufwand betreiben. Hieß das vielleicht, diese Person in Eli wurde irgendwie getriggert? Falls ich mit dieser Theorie richtig lag, hing das eindeutig mit der Tafelrunde und damit auch mit meinem guten Freund Marlin-Merlin zusammen. Wieso wunderte mich das eigentlich nicht? Diese komischen Tests, die er mit Eli gemacht hatte, hingen vermutlich auch irgendwie damit zusammen. Der Verdacht, dass Merlin mehr über diese dunkle Präsenz wusste, wuchs in mir mit jedem Schritt, den wir näher an das Labor des Magiers der Blumen kamen. Dieses Mal würde er mir nicht ohne Antworten entkommen.

Fate/Royale (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt