Untersuchungen

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Vier Jahre später

Sicht Steffi
Ich war gerade auf den Weg ins Krankenhaus. Eine meiner ewigen Nachuntersuchungen stand an. Alle halbe Jahre, einen ganzen Vormittag. Hoffnungsvoll ging ich auf die Station und wurde freundlich von Dr. Madaus begrüßt. "Hallo Steffi. Wie geht's den kleinen?", fragte er mich, als wir ins Behandlungszimmer gingen. Ich setzte mich auf die Liege und sagte :"Die haben zwar ihre Trotzphase, aber es geht". "Sind die beiden bei Ami?", fragte er versunken in meiner dicken Krankenakte. Er kannte mich wirklich zu gut. Ich nickte und meinte :"Die spielen mit Julia". "Schön. Mach mal den Arm frei", nuschelte er und nahm mir Blut ab. Nachdem die sechste Ampulle voll war, hörte er auf und klebte ein Pflaster auf die Wunde. Danach ging es für mich ins CT. Mir wurde ein Zugang gelegt, damit man mir das Kontrastmittel spritzen konnte und schon gings los. Ich wurde in die Röhre geschoben. Es drehte und knackte alles ein bisschen, aber nach 3 Minuten war es dann schließlich vorbei. Jetzt hieß es warten. Ich setzte mich wieder ins Behandlungszimmer auf die Liege und fing an zu warten. 10 min, 15 min, 20 min. Nach 30 min kam Dr. Madaus rein und setzte sich auf einen Stuhl. Das machte er sonst nie. Er sagte mir immer nur, dass alles gut war und ich gehen konnte. Ich bekam leicht panik. "Also Stefanie", fing er an. Oh Mist! Er sagte meinen ganzen Vornamen. Das bedeutet nichts gutes. Er rollte mit seinem Stuhl näher zu mir und machte weiter. "Gute oder Schlechte Nachricht zuerst? Wenn man beides aufeinander abgestimmt, ist beides schlimm". Den letzten Rest nuschelte er vor sich hin. Die Panik in mjr wurde immer größer. Verdammt! Er sollte es einfach sagen! Ich hasse sowas! "Die schlechte". "Okay, also... Hmhm... Du hast wieder Krebs", sagte und sah mich voller Mitgefühl an. Meine Welt brach zusammen. Wie sollte ich das bloß machen? Wie sollte ich das Manu beibringen? Und wie erst Emilia und Jonas? Ich fing an zu weinen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Letztendlich sah ich wieder zu Dr. Madaus aufund fragte schluchzend :"Und die gute?" "Naja, die wäre gzt, wenn du keinen..." "Jetzt sag schon!", brüllte ich ihn an. Im Nachhinein hätte ich mir dafür Ohrfeigen können. Er nickte und sagte schließlich :"Du bist wieder schwanger. Willst du es beha... " "Das muss ich mit Manuel besprechen!", rief ich schluchzend und rannte aus dem Krankenhaus zu meinem Auto. Scheiße! Warum jetzt? Warum? Verdammt! Was mache ich jetzt? Ich wollte gerade losfahren, als Dr. Madaus die Fahrertür aufriss. "Stefanie bitte, lass mich dir noch erzählen, wo du überall Tumore sind". "Das ändert nichts", nuschelte ich, sah ich aber an und ließ ihn reden :"Nun ja... Also du hast mehrere Metastasen in der Lunge, an der Leber, am Darm, und eine an der Niere". "Ich werde also sterben? Sagen sie es doch! Ich werde sterben! Egal was ich machen werde!", schrie ich völlig aufgebracht. Schon beim ersten mal hatte die Therapie nur schleppend angeschlagen und das obwohl ich zusätzlich noch tausende Tabletten geschluckt hatte. Er fing langsam an zu nicken und sah traurig auf den Boden. Ich knallte die Tür zu und raste nach Hause. Als ich oben ankam, riss ich die Tür auf und schmiss mich heilend aufs Sofa. "Schatz? Was ist denn los?", fragte Manuel besorgt und setzte sich neben mich aufs Sofa. Er zog mich in seine Arme und hielt mich ganz fest. Vorsichtig streichelte er mit einer Hand über meinen Rücken. Langsam beruhigte ich mich wieder und sah Manuel an. "Willst du mir sagen, was los ist?", fragte er vorsichtig, nicht wissend, ob er die Antwort wirklich wissen wollte. Ich fing an den Kopf zu schütteln, sagte aber schließlich :"Ich... ich hab wieder... wieder Krebs u... und bin... bin schwanger". Er sah mich geschockt an, wollte nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. "Heißt das, dass du dich für das Leben von dir und dem Kind entscheiden musst?" "Ich werde so oder so sterben Manuel. Mir ist es egal. Es ist deine Entscheidung. Willst du noch ein Kind oder willst du, dass ich noch ein Jahr weiter lebe?", fragte ich ihn leise. Ich wollte ihn das nicht fragen, aber ich musste. Es war dann schließlich nicht mehr meine Entscheidung. Ich wollte ihm das nicht alleine überlassen. Manuel sah mich geschockt an und rief schließlich voller Wut und Verzweiflung :"Du willst jetzt nicht ernsthaft, dass ich mich zwischen dem Leben unseres Kindes und dir entscheide? Ich werde das nicht tun! Ich kann das nicht, selbst wenn ich es wollte!" "Manuel, bitte! Ich werde sowieso sterben, aber... aber wir können halt entscheiden, ob wi... du noch ein Kind möchtest", flüsterte ich und wollte mich wieder bei Manuel ankuscheln, doch er drückte mich weg und stand auf. Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen. Ich konnte Manuel ansehen, wie sauer er auf mich war und gleichzeitig so traurig darüber. "Stefanie, bist du dir ganz sicher, dass du stirbst?", fragte er mit Tränen in dem Augen, die ihm schon über die Wangen liefen. Ich sah zu Boden. Nicht in der Lage meinen Mann dabei in die Augen zu sehen. "Ja ganz sicher. Die Tumore liegen weitverbreitet in der Leber, dem Darm, den Nieren und der Lunge. Die Chemotherapie wird nur schleppend, wenn nicht sogar gar nicht anschlagen. Also ja! Zur Hölle! Ich werde sterben! Die Tumore haben sich innerhalb eines halben Jahres gebildet! Die wachsen schneller, als das man sie bekämpfen könnte! Ja Manuel! Ich werde sterben und du kannst dich für dieses Kind entscheiden oder du sagt du willst das nicht. Das mit dem Kind ist deine Entscheidung, aber sterben werde ich so oder so", schrie ich ihn an und sah wieder zu ihm hoch. Er sah so aus, als ob er jeden Moment zusammenbrechen würde. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und die Tränen liefen nur so über seine Wangen. Sie tropfte von seinem Kinn auf seinen Pullover und hatten bereits einen Fleck hinterlassen. Er ließ sich wieder aufs Sofa fallen und fing laut an zu schluchzen. Ich legte vorsichtig und beschützend meine Arme um ihn und versuchte ihn so zu beruhigen. "Stefanie, ich will das Kind", schluchzte er irgendwann und sah mich mit glasigen Augen an. Ich nickte und versuchte mich an einem Lächeln. Er hörte nicht aif zu weinen, weshalb ich ihn wieder in eine feste Umarmung zog. Ich Stempel diesen Tag als schlimmsten Tag in meinem Leben. Ich werde sterben, mein Mann weint sich die Augen aus und sitzt am Ende alleine mit drei Kindern alleine da. Wieso passiert so etwas?

Sicht Ami
Ich hatte gerade die Tür aifgemau, als ich bemerkte das etwas nicht stimmte. Niemand kam mir entgegen und begrüßte mich. Emilia und Jonas rannten bereits in die Wohnung, ohne auch nur darüber nachzudenken sich mal umzusehen. Sie rannten in ihr Zimmer und waren glücklich. Ich ging mit einem mulmigen Gefühl ins Wohnzimmer und entdeckte Stefanu engumschlungen auf dem Sofa. Ihre Gesichter waren feucht und rot, so als hätten sie geweint. Jetzt dämmerte mir erst weshalb. Mir stiegen die ersten Tränen in die Augen. "Nein! Bitte sagt mir nicht, dass es stimmt was ich gerade denke!", flüsterte ich aufgebracht und setzte mich neben die beiden aufs Sofa. "Ami, ich kann dir aber nichts anderes sagen. Ich hab wieder Krebs und bin schwanger". "Ach, jetzt auf einmal? Warum kommt das in einem solch unpassenden Moment? Aber... was macht ihr denn jetzt?", fragte ich vorsichtig. Ich rang mit den Tränen, doch letztendlich liefen sie mir dich die Wangen runter. Manuel sah betrübt zu Boden und setzte zu einem Satz an, den ich nie hätte hören wollen :"Wi... I... Wir haben uns für das Kind entschieden". Jetzt warbes endgültig vorbei. Ich fing hemmungslos an zu weinen. Ich wollte nicht verstehen, was dort gerade gesagt wurde. Konnte es einfach nicht glauben, dass es mjt dem Kampf vorbei sein sollte. Sie hatte das erste mal so sehr gekämpft und das sie jetzt kampflos aufgab wollte nicht in meinen Kopf. Es ging nicht. Es war nicht möglich. "Ich... Ich... Warum? I... Ihr könnt doch spät... spätere auch noch ein... ein Kind be... bekommen! Warum woll... willst du... du nicht kämpfen? Wie kannst du einfach so... so dein Leben weg... wegschmeißen?", schrie ich die beiden schluchzend an. Jetzt stand Steffi wutentbrannt auf und baute sich vor mir auf. "Ich kann nach dieser Therapie, wenn ich sie überhaupt überleben sollte, garantiert keine Kinder mehr bekommen! Nach der ersten war es ja schon unklar! Also, werde ich keine Therapie machen und kämpfen... wie kommst du überhaupt darauf, dass ich jemals aufgehört habe zu kämpfen? Wie kommst du überhaupt darauf?" Erst jetzt wurde mir klar wurde mir klar, dass sie nie aufgehört hatte. Sie hatte gewusst, dass alles vergänglich ist und hat deshalb in jedem Moment alles gegeben. Immer darauf versessen 100% und mehr zu geben. Jeden verdammten Tag, hatte sie das getan und ich hatte es nicht gemerkt. Jetzt kämpfte sie allerdings nicht mehr für sich, sondern für das Kind. Sie hatte immer gekämpft. Immer. Bis zum letzten Atemzug.

Catch Me If You Can (Manuel Neuer FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt