Beerdigung

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Sicht Manuel
Alaska war bei Mario auf dem Arm und Ami hatte ihre Hände beschützend auf ihren Bauch gelegt. Sie war im vierten Monat mit dem zweiten Kind schwanger. Emilia und Jonas saßen neben ihr und baumelten mit den Beinen. Sie schienen die einzigen zu sein, die nicht traurig waren. Michael und Daniel hatten beide Tränen in den Augen und hielten sich gegenseitig die Hände. Ich hingegen, stand hinter einem Rednerpult und starrte die Rede vor, die ich vorbereitet hatte. Mir war jetzt schon klar, dass ich das nicht hinbekommen würde. Meine Eltern saßen mit Marcel einfach nur da und warteten darauf, dass das alles endlich vorbei war. Genauso war es auch bei Stefanies Eltern. Sie starrten auf den Boden. Ihre Gesichter schienen zu glänzen. Es fühlte sich alles in mir taub an. Ich spürte nichts mehr. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich die Liebe meines Lebens, die Mutter meiner Kinder für immer an den Tod verloren hatte. Wir hatten zwar alle gewusst, dass sie stirbt, aber es ändert nichts daran, dass sie jetzt nicht mehr da ist. Ich starrte wieder meine Rede an und überlegte. Konnte ich das wirklich erzählen? Konnte ich wirklich über Stefanie reden und nicht anfangen zu weinen? Das Papier war gewellt und die Schrift war verlaufen. Ich hatte beim schreiben so viel geweint, wie in meinem ganzen Leben noch nicht. Ich hatte in meinem Leben auch noch nie so viel Schmerzen erfahren. Nur wegen Emilia, Jonas und Alaska war ich noch nicht zusammengebrochen. Es wurde langsam immer leiser und ich räusperte mich. "Ich hatte eine ganze Rede vorbereitet", sagte ich und hielt den zerknitterten Zettel hoch. "Aber ich werde, nein kann das jetzt nicht sagen. Ich habe beim schreiben öfter geweint, als ich es jemals getan hatte. Also werde ich nur sagen, dass Stefanie die tollste Frau war, die ich jeh kannte". Alle nickten zustimmend. Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten, allein schon bei dem Gedanken an sie. Alles wurde verschwommen. Ich fing an zu schluchzen und wimmerte :"Und deshalb... tut... tut es auch... so... so weh sie zu... zu verlieren!" Ich starrte auf mein Blatt, auf due schön zurecht gelegten Sätze, die ich nicht gesagt hatte und auch nicht sagen würde. Ich versuchte nich wieder zu beruhigen, als mir zwei kleine Hände an jedem Hosenbein zogen. Emilia und Jonas standen neben mir und lächelten mich an. Ihre blauen Augen strahlten eine kindliche Freude aus, die ich nicht ganz deuten konnte. Ich nahm beide auf den Arm und drückte sie fest an mich. Versuchte damit den Schmerz zu lindern. "Papa, warum weinst du?", fragte Jonas leise, anscheinend ein wenig eingeschüchtert von den ganzen Menschen, die uns ansahen. "Ich vermisse Mama", flüsterte ich schließlich tonlos. Emilia legte ihren beiben Patschehändchen auf meine Wangen und drehte meinen Kopf zu sich. "Ihr geht es doch jetzt wieder gut", sagte sie leise. Die beiden vermissten Stefanie mindestens genauso doll wie ich, wenn nicht sogar noch mehr, jedoch wussten sie, dass sie keine Schmerzen mehr hatte. Erwachsene dachten da bloß leider anders. Wir dachten nur darüber nach, dass wir die Person nie wieder sehen würden. Jetzt fingen bei allen die Tränen zu fließen, auch bei mir. Die ganze aufgestaute Traurigkeit kam jetzt bei jedem zum Vorschein. Auf einmal stand Ami auf und zig Michael hinter sich her. In der Kapelle stand ein Klavier, wo sie Michael hin setzte. Sie schien ihm irgendwas zu sagen. Dann fing er an zu spielen.

Sicht Ami
Ich musste Manuel jetzt irgendwie retten. Er sah so verloren und traurig aus, wie er da mit den beiden kleinen auf dem Arm vor dem Pult stand. Ich hatte mich zwar dagegen entschieden zu singen, allerdings hatte sich das als Fehlentscheidungen von mir herausgestellt. Michael und ich hatten über verschiedene Lieder gesprochen, welche zu dieser Situation passen könnten. Ich wollte meine Cousine nicht beerdigen. Selbst, als sie nach der Geburt wieder ins Krankenhaus kam, hatte ich immer wieder 'Du überlebst. Ich werde nicht meine beste Freundin und Cousine beerdigen'. Ich hatte bis dahin daran festgehalten, jedoch wusste ich da schon, dass es Wunschdenken war. Schönes, farbenfrohes Wunschdenken. Als Michael anfing zu spielen versuchte ich meine Gedanken zu sammeln. Größtenteils klappte es. Während ich sang ließnich diese ganze Trauer, Wut und Verzweiflung raus, die sich in den letzten Tagen aufgetaut hatte. Die Tränen fingen an zu laufen und verschwanden auch nicht mehr. Als Micha und ich fertig waren, stand Manuel immer noch Vorne und hatte die beiden immer noch auf dem Arm. Er hatte wieder angefangen zu weinen. Langsam begab ich mich wieder auf meinen Platz und fing hemmungslos an zu schluchzen. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte meine beste Freundin verloren. Wieso zum Teufel war das passiert? "Wieso gehen die besten Menschen immer zuerst", flüsterte ich. Anscheinend hatte Manuel mich verstanden, denn ein leichtes lächeln erschien auf seinem verheulten Gesicht. Stefanie hatte dann mit einem klischeehaften Instagram Spruch geantwortet. "Wenn du über eine Blumenwiese gehst, welche Blume reißt du dann ab?", flüsterte er schließlich zitternd. "Die schönste", antworteten ihm Emilia und Jonas gleichzeitig. Ein wehleidiges Lachen ging durch die Reihen. Ich sah auf den Boden. Stefanie hatte recht gehabt. Es starben immer die, die man nicht verlieren wollte.

Sicht Micha
Ich war so abgrundtief unglücklich. Meine Schwester, mein Fels in der Brandung war gestorben und ich saß auf ihrer Beerdigung. Wieso? Als sie den Krebs besiegt hatte und dann nach einem Jahr übern Berg war, dachten wir, sie wäre für immer geheilt. Als sie dann auch noch die Zwillinge benommen hatte, war das Glück perfekt gewesen. Sie hatte auf meiner Hochzeit gesessen und dann? Dann waren wir die perfekte Familie gewesen. Ami hatte Mario geheiratet und mit ihm ein Kind bekommen. Wir hatten Glück gehabt. Anscheinend zu viel Glück. Der Krebs und die Schwangerschaft waren ein unglücklicher Zufall gewesen, aber wje Steffi hetzt gesagt hätte 'Ich glaube nicht an Zufälle'. Während ich so darüber nachdachte, kamen mir wieder die Tränen. Stefanie hatte schon seit dem Beginn fer Schwangerschaft mit ihrem zukünftigen Tod abgeschlossen. Ich nicht. Und wue es aussah akle anderen auch nicht. Keiner hatte das. Keiner konnte das. Es fühlte sich alles so leer an. Kein Gefühl bis auf die Traurigkeit war geblieben. Ein schwarzes Loch hatte die Hoffnung auf ein glückliches Leben nach ihr geschluckt. Daniel nahm meine Hand und lächelte mich müde an. Er fühlte sich genauso wie ich mich. Ohne Stefanie hätten wir uns nie kennengelernt. Ohne sie wären wir nie zusammen gekommen und auch zusammen geblieben. Wir hatten gefühlte Wochen auf dem Boden gesessen und geweint. Einfach nur dieses schreckliche Gefühl von allein sein zugelassen und geweint. Manuel stand immer noch hinter dem Pult. Nicht fähig sich zu bewegen. Blass und verheult. Er hatte Stefanie so doll geliebt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er jemals über ihren Tod hinwegkommen wird. Langsam stand ich auf und ging auf ihn zu, mit dem festen Willen ihn aus dieser Situation zu befreien. Er sah verloren aus und der nächste Heulkrampf kündigte sich durch eine zitternde Unterlippe an. Als ich schließlich vor ihm stand, löste er sich aus seiner starre, ließ Emilia und Jonas runter und setzte sich auf seinen Platz nebrn den beiden. Ich sah auf den Zettel von Manuel. Er war zerknittert, was es einem fast unmöglich machte die Sätze zu lesen, die er sich zurecht gelegt hatte. Meine Schwester hatte eine anständige Rede verdient, egal ob von mir, ihrem Mann oder wem anderes. "Stefanie ist die Liebe meines Lebens. Bei ihr konnte ich sein wie ich bin. Einfach ein normaler Mensch und nicht Manuel Neuer, der Profi Fußballer mit viel Geld. Sie wusste am Anfang noch nicht einmal wer ich war. Ohne Vorurteile und wissen. Von vornherein war sie anders. Sie wollte alles selber bezahlen, alles selber machen. Selbst als sie schwanger war, wollte sie sich nicht helfen lassen. Aber so war sie. Ein Macher. Nicht so wie ich. Ich denke zu viel nach. Sie hat es einfach gemacht. Für sie war nichts selbstverständlich. Ihren Ferrari durfte kein anderer außer ihr fahren, da sie Angst hatte, dass er kaputt geht, sie ihn reparieren lassen muss und am pleite ist. Natürlich wäre das nie vorgekommen, jedoch hatte sie Respekt davor. Sie war ein Macher. In unangenehmen Situationen hatte sie gewusst, wie man einen zum lächeln brachte. Sie ist die Liebe meines Lebens. Die Mutter meiner Kinder und das wird sie ewig bleiben. Bis das der Tod uns scheidet und darüber hinaus".

Catch Me If You Can (Manuel Neuer FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt