Bruder-Schwester-Beziehung

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„Du wolltest reden. Jetzt wäre es ein guter Zeitpunkt“ Die Gänge waren dunkel. Merle und ich hatte beide jeweils eine Taschenlampe und leuchteten den Gang entlang. Ich kontrollierte die am Boden liegenden Beißer, bisher ohne Erfolg. „Du bist ziemlich stark geworden“, fing er an. „Das bewundere ich, wirklich. Ich vermisse doch irgendwie die Zeit, in der du noch meine kleine Schwester warst. Jetzt bist du eine selbstbewusste Frau mit dicken Eiern. Um deinen zukünftigen Partner mache ich mir keine Sorgen“ Ich bog um die Ecke. „Oder wohl eher Partnerin. Ich habe dich beobachtet. So viele Frauen gibt es hier nicht und du nimmst das kleine Mauerblümchen Carol“, „Das besagte Mauerblümchen würde die die Birne zerschießen, ohne zu zögern“, murrte ich und senkte die Taschenlampe. Wir kamen in einem großen Raum an. Hier lagen einige Leichen am Boden. Ich fing an sie zu kontrollieren. „Das würde ich gerne sehen. Scheint als hätte sie sich auch verändert“ Merle sah mir zu. Ich fand eine Pistole, nur noch drei Schüsse. Ich verstaute sie in der Tasche. „Wie habt ihr die Kleine verloren?“ Ich hob den Kopf, zögerte. „Sie wurde gebissen“, „Warst du dabei?“ Ich schüttelte den Kopf und hockte mich zum nächsten Beißer hin. „Tut mir leid“ Merle senkte den Kopf. „Sie hat dir viel bedeutet“, „Kannst du einfach deine Klappe halten?“ Ich richtete mich auf. „Die ganze Zeit höre ich nur Scheiße aus deinem Mund kommen. Hör auf den besorgten Bruder zu spielen! Zwischen uns, dass war nie eine gute Bruder-Schwester-Beziehung und das wird sie auch nie sein. Du bist 35 Jahre zu spät und hast versagt!“, „Versagt? Ich habe mich doch ziemlich gut um dich damals gekümmert!“ Er fühlte sich von meinen Worten angegriffen. „Ach, ja? Du warst doch die meiste Zeit im Knast und als ich dich wirklich brauchte, warst du nicht da! Du warst nicht da und ich musste zusehen, wie Dad immer wieder aufs neue sich an Daryl vergriff und wenn er es nicht abbekam, dann war ich es!“, schrie ich ihn an. „Bis er mein Kind umbrachte und selbst dann warst du nicht da!“ Meine Stimme schallte durch den Raum. Etwas weiter von uns klopfte und rüttelte es an einer Tür. Ich wandte mich von ihm ab. „Wir waren die scheiß egal“ Ich ging über zu meinem Messer. „Vic, warte“, „Denk nicht, dass wir dich jetzt brauchen“ Ich öffnete die Tür. Erwartet hatte ich drei bis vier Beißer, doch es waren weitaus mehr. Sie strömten in den Raum. Den ersten erwischte ich noch, der nächste riss mich zu Boden. Ich kletterte über den Beißer, stach ihm in den Schädel. Der nächste stürzte bereits auf mich. Ich warf mich auf den Rücken. Er packte mich an den Schultern. Ich versuchte mit der Hand nach meinem Messer zu greifen, welches dem einen Beißer noch im Schädel steckte. Mit der anderen Hand drückte ich ihn weg. Ein weiterer fiel auf mich drauf. Ich schrie auf. Sie waren schwerer, als sie aussahen. Ich bekam Panik, als ich ihre Finger auf meiner Haut spürte. Ich zappelte, versuchte sie los zu werden. „Merle!“, schrie ich. Ich spürte, wie haarscharf die Beißer über meinen Arm schnappten. Sie trafen mich nicht. Sie rissen an meiner Kleidung. Nur wenige Zentimeter und sie würden meine Haut als nächstes zerreißen. Ein Schwall Blut traf mich. Beider Köpfe wurden durchstochen. Beide Leichen fielen zur Seite. „Steh auf“ Merle packte mein Handgelenk und zog mich auf die Beine. Er stieß die letzten Beißer in den Gang zurück, schlug die Tür zu. Er atmete schwer. Seine Prothese war voll Blut. Er drehte sich wieder zu mir um. „Wurdest du erwischt?“ Dabei kontrollierte er die Löcher in meiner Kleidung. Stumm schüttelte ich den Kopf. Erst als er sich selbst vergewissert hatte, schaute er mich wieder im ganzen an. „Das war knapp. Weinst du?“, „Nein“ Ich wischte die Tränen weg, suchte meine Waffen wieder zusammen. Ich zitterte am ganzen Körper. „Vic“, „Wir sollten zurück“ Ich räusperte mich. Ich sah zu Merle. Er sah mich besorgt an. Als er näher kam und die Hand auf meine Schulter legte, ließ ich die darauffolgende Umarmung zu. Es war kein ironisch aufbauendes drücken oder ein Klopfen auf die Schulter. Es war eine ernste Umarmung, in der ich zum ersten mal spürte, dass er sich wirklich Sorgen gemacht hatte. Ich legte die Arme um ihn. Wie lange war unsere letzte Umarmung her, wenn es da überhaupt eine gab.

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„Wie lange sind Carol und du jetzt schon zusammen?“ Wir hatten einen anderen Weg eingeschlagen, liefen einen kleinen Umweg zurück. Ich hatte noch zwei Pistolen und eine Brechstange gefunden. „Ich glaube, wir sind es nicht mal offiziell“, „Aber ihr habt euch schon geküsst“ Ich schüttelte den Kopf. Merle runzelte die Stirn. „Kein Kuss?“, „Ich habe vor kurzem überhaupt erst meine erstes „Ich liebe dich“ zu ihr gesagt“, „Ihr verschwendet doch nur Zeit. Schmeiß dich an sie ran“, „Beziehungstipps von dir anzunehmen, wäre glaube das Ende meiner Beziehung“, „Komm schon, du hast nichts zu verlieren. Euer Leben könnte morgen vorbei sein, dass gerade war doch das beste Beispiel. Mach ihr doch gleich einen Antrag und das meine ich nicht ironisch“, „Idiot, sie hat vor ein paar Monaten ihren Mann erst verloren“, „Und der war ein ziemlich großer Wichser. Komm schon, du liebst sie doch und sie dich. Ihr verdient es in dieser Zeit auch mal wieder glücklich zu sein. Danach stehen die Flitterwochen an, meine Liebe“ Er grinste dreckig, stupste mich an. Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Ich holte die Schlüssel heraus und schloss die Tür auf. Als ich vor unserem Trakt stand, öffnete mir Glenn bereits die Tür. „Was ist passiert?“ Er sah mich ganz entsetzt an. Die anderen kamen dazu. Carol tastete mich ab. „Was hat er mit dir gemacht?“ Daryl kam dazu. „Ganz ruhig, es ist alles ok. Merle hat mich gerettet“, beruhigte ich alle. „Axel und Oscar sprachen von einem Loch im Zaun, weiter hinten. Es muss auch ein Loch in der Mauer geben. Dort sind dutzende Beißer. Die Ausbeute ist auch nur mickrig“ Ich reichte Glenn meine Tasche. „Du bist sonst nicht verletzt?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, mir geht es gut“, „Wir kümmern uns später darum. Zieh dich erst einmal um“ Ich nickte Rick zu, legte meinen Bogen ab und ging in meine Zelle.

𝙑𝙞𝙘𝙩𝙤𝙧𝙞𝙖 𝘿𝙞𝙭𝙤𝙣 𝙄𝙄 || ᵀʰᵉ ᵂᵃˡᵏⁱⁿᵍ ᴰᵉᵃᵈ ᶠᶠWo Geschichten leben. Entdecke jetzt