Epilog (1)

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"Dad, bekomme ich ein Eis?", fragte Rayne starrte mir mit ihren niedlichen Kulleraugen direkt ins Herz. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Gemeinsam mit meiner Tochter und meinem Ehemann, genoss ich ein leckeres Eis in dem Park, in dem bereits ich als Kind spielte. Wir nutzten die Gelegenheit des Klassentreffens, um ihr den Ort zu zeigen, an dem ihre Eltern aufgewachsen sind. Außerdem wollte sie schon seit längerer Zeit endlich mal wieder ihre Großeltern besuchen.

"Auf diesem Platz, da habe ich immer Basketball gespielt. Zusammen mit Jackson. Oh und an diesem Teich habe ich mit Noel mal Frösche gefangen", führte ich sie durch den gesamten Park. Sie blickte mich jedes Mal mit funkelnden Augen an, wenn ich ihr aus meiner Kindheit erzähle. "Hast du hier auch mit Papa gespielt?", war sie neugierig und blickte zu Steven. Dieser legte seine Hand auf ihre Schulter.

"Nun, als Kinder haben wir tatsächlich nicht so oft miteinander gespielt. Wir kamen erst als Teenager so richtig in Berührung miteinander", erklärte ich ihr, was sie noch nicht ganz zu verstehen schien. Wenn sie mal Älter ist, dann werden wir ihr die ganze Geschichte erzählen. Ob ich ihr auch erzähle, was ich damals schlimmes zu Steven gesagt habe? Das gehörte wohl zu dieser Geschichte dazu. Ohne diese eine Sache, wären wir wohl jetzt nicht hier. Ohne Regen gibt es schließlich keinen Regenbogen.

"Hast du Papa nichtmals was zum Valentinstag in sein Fach gelegt?", blieb sie weiterhin neugierig. Die Dinge sind komplizierter, als du sie in deinem Alter begreifen kannst, kleine Rayne.

"Ich habe Danny mal meinen Lieblingsstein dort hinein gelegt und er hat es gar nicht beachtet", seuftzte Steven laut.

"Du bist das also gewesen? Ich habe mich immer gefragt, wer die Person war, welche mir immer Steine in mein Fach gelegt hat", so kommt es also raus.

"Ich sprach von einem Mal, nicht von ständig", sagte Steven. Jedenfalls, war es im Nachhinein betrachtet echt niedlich von ihm. In einem unauffälligen Moment verpasste ich ihm dafür einen Schmatzer auf die Wange. Natürlich bekam Rayne ebenfalls einen Schmatzer von uns. Sie ist unser ganzer Stolz.

Doch die traute Dreisamkeit unserer Familie war anscheinend einer Person ein Dorn im Auge. Gerade als wir im Park die Zeit als Familie genossen, kam ein ungebetener Gast vorbei.

"Steven", ich schnappte mir zur Sicherheit seine Hand. Alleine schon durch die Präsenz dieser Person, geriet mein gesamter Körper ins zittern. Sofort nahm er die kleine Rayne auf den Arm und stellte sich schützend vor mich.

"Danny, du bist also zurück in der Stadt", begrüßte mein Erzeuger mich. Von wem konnte er diese Information bitte haben?
Ich habe ihn jahrelang nicht mehr gesehen und dachte, ich wäre befreit von diesem Trauma.

"Was hast du hier verloren?", fragte ich mit ernster Miene. Er blieb vor mir stehen und blickte erstaunt auf meinen Ehemann und mein Kind.

"Ich habe gehört, dass ich nun eine Enkelin habe", sagte er während er zu Rayne blickte, welche ebenfalls etwas Angst bekam.

"Wenn ich nicht mehr dein Sohn bin, ist sie auch nicht deine Enkelin", sprach ich. Eigentlich wollte ich nicht, dass die kleine davon mitbekam. Es reichte völlig aus, dass ich bereits von dieser Person traumatisiert wurde.

"Das mit damals tut mir wirklich leid, deine Mum und ich-", versuchte er sich zu erklären, aber ich habe ihm genug Chancen gegeben. Mum's Entschuldigung nahm ich zwar an, aber verzeihen, konnte ich ihr nie verzeihen, dass sie mich im Stich ließ, als ich sie am meisten brauchte.

"Sie hat mir alles erzählt. Wie ihr euch tatsächlich kennengelernt habt, warum ihr Homosexuelle so sehr verabscheut. Es tut mir leid, dass dir so etwas schlimmes widerfahren ist, aber du hast das schlimmste getan, was du nur tun konntest. Selber zu einem dieser Misshandler zu werden", nachdem er diese Worte hörte, schwieg er zunächst. Dem konnte er selber wahrscheinlich nichts mehr hinzufügen.

"Ich dulde Mum in meinem Leben. Du aber, wirst meiner Familie nicht zu nahe kommen, verstanden?", klärte ich gleich die Fronten. Er trat tatsächlich einen Schritt zurück und wandte seine Blicke von meinem Kind ab.

"Danny. Ich werde diese Sache wohl niemals wieder in Ordnung bringen können. Ich habe als Mensch auf ganzer Linie versagt. Ich bin nicht hier um mich zu entschuldigen, da ich weiß, dass meine Taten unverzeihlich sind. Ich wollte nur einmal meine Enkelin sehen. Sie ist das Kind von diesem Steven, richtig?", zog er seine Schlüsse. Als er die Ähnlichkeiten zwischen ihr und meinem Mann erkannte, war es für ihn wohl klar.

"Erstens Mal ist Rayne UNSER Kind. Zweitens, bin ich froh, dass du endlich erkannt hast, dass dein Verhalten einfach das Letzte war!", verdeutlichte ich meinen Standpunkt. Er legte seine Hand auf meine Schulter und blickte mir tief in die Augen.

"Mir ist klar, dass das einzig richtige ist, was ich nun tun kann, dir alles gute für deine Familie zu wünschen. Sei ein besserer Vater als ich. Führe eine glückliche Ehe. Leb wohl, mein Sohn", verabschiedete er sich bei mir. Selbst wenn diese Worte von jenem Mann kamen, welcher meine Kindheit zur Hölle gemacht hat, berührten sie mich dennoch zutiefst. Ich bezweifle, dass zwischen und jemals wieder ein normales Verhältnis herrschen kann, dafür ist zu viel passiert. Er hat nicht bloß einen Fehler gemacht, er hat mir mein halbes Leben lang weh getan ohne auch nur einmal Reue zu zeigen.

Bevor er jedoch wieder gänzlich verschwunden war und mit dem Rücken zu uns gekehrt aus dem Park verschwinden wollte, rief ich ihm noch etwas hinterher.

"Danke. Ich werde ein guter Vater sein", er drehte sich ein letztes Mal zu mir um und lächelte zu uns.

Wir wandten uns wieder unserer Tochter zu und gingen mit ihr auf den Spielplatz. Wir schubsen sie auf der Schaukel an, rutschten mit und bauten eine große Sandburg. Nachdem wir beiden fix und fertig, nach all den Ereignissen von diesem Tag, auf die Bank. Ich legte meinen Arm um Steven und meinen Kopf sicher auf seiner Schulter ab. Gemeinsam blickten wir in den Sonnenuntergang vor uns. Rayne, welche immer noch voller Energie steckte, sprang mir auf den Schoss. Sie sah uns beide an und gab zuerst mir und danach Steven einen Kuss auf die Wange.

"Ich habe euch lieb, Papa und Dad", lächelte sie voller Freude und kuschelte sich mit uns in den malerischen Sonnenuntergang hinein.

"Wir dich auch, Schatz", antwortete Steven und küsste ihre Stirn. Wir blieben noch eine Weile dort sitzen. Ohne uns zu unterhalten oder irgendwas nebenbei zu tun. Wir drei saßen einfach dort auf der Bank und waren in jenem Augenblick, wahrscheinlich die glücklichsten Menschen auf Erden.

Alleine schon um diesen schönen Moment mit meiner Familie zu erleben, dafür hatte sich all der Schmerz gelohnt. Wenn ich in Stevens Augen blickte, wusste ich, dass er in diesem Augenblick das gleiche dachte.

Crying for Summer RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt