26. Wiedervereinigung

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"Dad! Papa! Aufstehen!", riss uns eine kleine Stimme aus dem Schlaf. Als ich meine Augen öffnete, saß Rayne bereits auf dem Bett und versuchte verzweifelt uns wach werden zu lassen. Ich steckte mich und tippte Steven dabei sanft auf die Schulter, damit auch er langsam aufstand.
Sie schaukelte auf und ab, während ich mich streckte wie ein müder Kater.

"Ist es etwa schon so spät?", gähnte ich.

"Dad, wir müssen doch unseren Flug erwischen", war sie hell auf begeistert. Sie hatte sich sogar schon komplett angezogen, dabei ging unser Flug erst in fünf Stunden. Halb verschlafen blickte ich zum Wecker, der auf dem Nachttisch stand. Als ich die Zeit in dicken roten Buchstaben geschrieben sah, sprang ich wortwörtlich aus dem Bett.

"Stevie!", weckte ich meinen Ehemann mit einem sanften schütteln. Er brummte leise, bevor seine Augen langsam öffnete. "Komm, raus aus den Federn", strich ich ihm durch seine braunen Haare. Sie waren immer noch so verdammt weich. Er steckte sich und nahm unser Kind auf den Arm. Damit ich mich in Ruhe fertig machen konnte. Während er die kleine mit einer Runde Schnick-Schnack-Schnuck beschäftigte, schaffte er es sich währenddessen, nach und nach anzuziehen. Wirklich beeindruckend. Tony meinte mal, die erste Fähigkeit, welche man als Elternteil erlernen wird, ist Multitasking und was soll ich sagen? Er hat recht.

"Stein! Ich habe schon wieder gewonnen!", jubelte Rayne nachdem sie Steven wohl zum wiederholten Male besiegte. "Hör auf sie gewonnen zu lassen", rief ich im vorbeigehen.

"Das tue ich gar nicht. Sie ist wirklich so gut", antwortete er. Nachdem wir alle angezogen waren, setzen wir die kleine in den Kindersitz und fuhren bei Samantha vorbei. Schließlich wird auch sie ein Teil des heutigen Treffens sein. Bis kurz nach Rayne's Geburt, wohnte sie bei uns. Nach all den Fehlschlägen in der Liebe, beschloss sie einfach in Chicago wohnen zu bleiben und suchte sich eine Wohnung ein paar Straßen weiter. Selbstverständlich hatte sie viel Kontakt mit unserer Tochter. Sie wurde praktisch zu ihrer Tante. Die beiden verstanden sich wirklich gut, was uns sehr freute.

Als wir bei ihr klingelten, öffnete uns zunächst niemand. "Vielleicht ist sie schon unterwegs?", zuckte Steven mit den Schultern, bevor ich erneut klingelte. Nach einigen erfolglosen Klingeln und Telefonanrufen, öffnete schließlich eine gewisse junge Dame endlich die Tür. Jedoch nicht wie erwartet, die verschlafene Samantha, sondern Stevens Partnerin in allen kreativen Angelegenheiten, Mira.

"Mira, was machst du denn hier?", fragte Steven, woraufhin sie komplett errötete. Samantha kam nach einiger Zeit ebenfalls aus ihrem Nest und lief schnurstracks zur Türschwelle, um Mira, in ihrem völlig verschlafenen Zustand, einen Kuss auf die Wange zu geben. Als sie schließlich bemerkte, dass wir beiden auch da waren, zuckte sie zusammen.

"Ist es etwa schon so spät?", fragte sie und wollte gerade auf ihre Armbanduhr blicken, als sie realisierte, dass sie nichts weiter als Unterwäsche und einen Bademantel trug.

"Unser Flug geht in zwei Stunden. Hast du etwa noch nicht gepackt?", machte sich nun der Stress bei mir bemerkbar. "Doch ich habe gepackt. Ich hatte gestern eine sehr lange Nacht, versteht ihr?", seufzte sie. Als ich näher zu ihr blickte, entdeckte ich lauter Knutschflecken an ihrem Hals. Nun verstand ich, was sie die Nacht getrieben hatte.

"Sam, nun mach dich endlich fertig. Du willst doch nicht zu spät zu diesem Klassentreffen kommen", Mira küsste sanft ihre Wange und verschwand zurück in die Wohnung, um Samanthas Koffer zu holen.

"Seit wann darf jemand dich 'Sam' nennen?", in ihrer Highschool-Zeit wurde sie immer damit geärgert, da sie nicht wie alle Samanthas mit 'Sam' abgekürzt werden wollte. Aber Mira darf das? Da muss doch sicher was zwischen den beiden laufen. Wenn das wirklich stimmte, dann freute ich mich wirklich für sie.

Crying for Summer RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt