Mingyu wurde von lautem Klingeln aus dem Schlaf gerissen. Murrend schloss er wieder die Augen und versuchte, das Geräusch auszublenden. Doch es hörte nicht auf. Widerstrebend schälte er sich aus dem Bett und schlurfte zur Tür. Wer wollte denn so spät in der Nacht noch etwas von ihm? Nach einem Blick auf die Uhr über der Haustür korrigierte er seinen Gedanken. Wer wollte denn so früh am Morgen – nämlich um 3.27 Uhr! – noch etwas von ihm? Verschlafen fummelte er am Schlüssel herum und drehte ihn zuerst in die falsche Richtung. Dann öffnete sie sich endlich und er erblickte den nächtlichen Besucher.
Voller Schreck knallte Mingyu die Tür wieder zu und machte einen Satz nach hinten. Sein Herz schlug plötzlich viel schneller als vorher. Da stand ein Zombie! Ein waschechter Zombie! Mit rot verschmiertem Gesicht und einem ausgestreckten Arm hatte der Zombie Mingyu mit riesigen, unmenschlichen Augen angestarrt!
Mingyu atmete tief ein und aus und sammelte seine Gedanken. Was sollte er jetzt tun? Darauf hatte man ihn in der Schule nicht vorbereitet! Man lernte Dinge wie Gedichts-Analysen in Deutsch und irgendwelche Sätze von alten Männern in Mathe, aber von einer Zombieapokalypse hatte er keine Ahnung.
«Mingyu, jetzt öffne endlich die Tür!», rief eine ungeduldige Stimme.
Der Zombie konnte sprechen? Jetzt war Mingyu verwirrt. Zögernd griff er erneut nach der Türfalle und drückte sie langsam auf. Jemand stolperte ihm entgegen. Schon zum zweiten Mal in dieser Nacht wurde Seungcheols Stimme überrascht ausgerufen, nämlich so: «S-seungcheol?»
Ebendieser Seungcheol sass jetzt bei Mingyu im Badezimmer und liess sich die Wunde auf seiner Stirne verarzten. Währenddessen erzählte er seinem Freund vom Autounfall.
«Seit wann bist du volljährig?», wollte Mingyu verwirrt wissen, «und seit wann hast du ein Auto? Habe ich da etwas nicht mitbekommen?»
«Mein Kumpel Junho hat mir das Fahren auf einem Parkplatz beigebracht, für alle Fälle sozusagen», antwortete Seungcheol mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen, «und es war nicht mein Auto, sondern Jaeyoungs».
«Wer ist Jaeyoung?», fragte Mingyu noch verwirrter.
«Das Arschloch, das mir Yunai ausgespannt hat», zischte Seungcheol und die altbekannte Wut stieg wieder in ihm hoch. Vorher hatte er nicht mehr daran gedacht, die Schmerzen, der Schwindel und vor allem der Diamant hatten ihn abgelenkt, doch jetzt kamen die düsteren Gedanken auf einen Schlag wieder zurück.
«Oh», murmelte Mingyu mitleidig, «das tut mir leid. Bestimmt regelt sich das wieder. Du bist ein so toller Freund. Yunai wird es bestimmt früher oder später bereuen.»
«Schön wär's», flüsterte Seungcheol, «es ist aus, da bin ich mir sicher.» Entmutigt liess er den Kopf hängen. Gerade hatte er Jaeyoung noch umbringen wollen, doch jetzt war er einfach nur unglaublich müde.
Dazu wusste Mingyu nichts mehr zu sagen. Er war unglaublich schlecht im Trösten und könnte sich selbst ohrfeigen, dass ihm kein aufmunternder Spruch in den Sinn kam. Schliesslich entschied er sich dafür, Seungcheol einfach in die Arme zu nehmen und ihm hoffentlich so den Schmerz etwas zu nehmen.
Eine Weile verharrten sie in dieser Position. «Ich hab übrigens einen Diamanten gefunden», sagte Seungcheol plötzlich in die Stille hinein.
«Wie bitte?»
• ⁓ 💎 ⁓ •
Immer mehr füllte sich Mingyus Haus mit Menschen.
Nachdem ihm Seungcheol den Diamanten gezeigt und danach in der Badewanne eingeschlafen war, hatte Mingyu sofort eine Nachricht im Chat «A bunch of hot Guys🔥🥵» geschrieben. Obwohl es mitten in der Nacht – oder früh am Morgen, je nach Sichtweise – war, antworteten alle Jungs innerhalb von wenigen Minuten. Das sah etwa so aus:
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Home; Run -SEVENTEEN FF
FanfictionDie wertvolle «White Beauty» wurde aus der Villa des reichen Mr Seo gestohlen - und Seungcheol wird dafür verdächtigt. Dabei ist ihm der Diamant doch nur zufällig in die Hände geraten! Während er untertaucht, um nicht von der Polizei verhaftet zu we...