38 | Elawa Aikaterini Foxwish

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Tai.

Tai war ausgeschieden.

Tai hatte sich nicht vor den Adligen geworfen und war deswegen ausgeschieden.

Jetzt saß sie wahrscheinlich im Kerker und hatte keine Chance mehr, ihre Freundin zu retten.

Während ich wach im Bett lag, fragte ich mich, ob es meine Schuld war. Ob ich etwas hätte tun können. Aber ich war zu weit weg gewesen. Und es war immer noch besser, wenn Tai im Kerker saß, als wenn sie tot war. Im Kerker konnten wir sie wenigstens rausholen. Wir mussten sie rausholen. Morgen würde ich es mit Ambrose und Keavan besprechen. Vorausgesetzt, Ambrose redete noch mit mir.

Diese Frage beantwortete sich wenige Stunden später. Ich lag immer noch wach, als es an der Tür klopfte. Ich stand auf und öffnete sie.

Ambrose stand davor. Seine Haare waren unordentlich und hingen ihm ins Gesicht und er trug immer noch das Hemd und die Hose vom Ball. Er sah müde, aber nüchtern aus, vielleicht so nüchtern, wie ich ihn noch nie gesehen hatte.

Er umarmte mich. „Du schuldest mir noch eine Antwort", flüsterte er mir ins Ohr. „Auf die Frage, warum du Angst vor dir selbst hast."

Ich zögerte kurz. „Ich zeige es dir", flüsterte ich dann. „Kennst du ein Zimmer, wo es keine Kameras gibt?"

„Ich glaube, am Ende des Flurs ist eine Besenkammer."

Ambrose schloss die Tür hinter uns und schaltete das Licht ein. Die Besenkammer war klein, aber fast leer. Kameras waren wirklich keine zu sehen.

Ich stand dicht an Ambrose und er sah auf mich hinunter. Auf einmal fühlte ich mich nackt, obwohl ich eine Jogginghose und ein T-Shirt trug. Und es wurde noch schlimmer. Zumindest, wenn ich meinem Plan folgte. Ich wusste nicht, was ich zu meiner Verteidigung sagen konnte, außer, dass ich völlig übermüdet war und mir wünschte, Tai die Wahrheit gesagt zu haben, bevor es zu spät war. Sie hätte es verdient, die Wahrheit zu wissen. Und Ambrose verdiente es auch.

Ich drehte ihm den Rücken zu, griff nach dem Saum meines T-Shirts und zog es mir über den Kopf. Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, aber die Narben auf meinem Rücken waren trotzdem zu sehen.

„Warum hast du deswegen Angst vor dir selbst?", fragte Ambrose. „Ich kenne die Narben. Sie sind in allen Zeitschriften."

„Hast du dich nie gefragt, warum nur mein Rücken verbrannt ist und kein anderer Teil meines Körpers? Und schau dir die Narben mal genauer an", sagte ich so leise, dass ich mich selbst kaum hören konnte.

Ambrose fuhr über meinen Rücken, über die zwei Narben, die sich von meinen Schulterblättern nach unten zogen und sich von den anderen abhoben. Ich wusste nicht, warum die Öffentlichkeit sie nicht sah. Ich sah sie auf jedem Foto, das ich von mir ansah.

„Ich hatte Drachenflügel, Ambrose", sagte ich. „Ich bin eine Dracai. Meine Schwester hat sie abgebrannt – und die restliche Haut auf meinem Rücken auch, damit es nicht auffällt."

„Deswegen hast du gesagt, du hättest Angst vor dir selbst?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

„Ja. Ich gehöre auch zu den Leuten, die andere Leute als Monster bezeichnen. Und ich habe jahrelang versucht, mich selbst anzulügen, aber es gelingt mir nicht. Du könntest mich nicht verletzen, Ambrose. Ich habe mich selbst zu sehr zerstört dafür."

„Ich möchte es nicht darauf anlegen", knurrte er. Seine Hände fuhren weiter über meinen Rücken.

„Ich schon. Ich glaube, dass es es wert ist."

Seine Hände glitten tiefer, bis sie auf meiner Taille lagen. Er drehte mich um, sah mir in die Augen, die Augenbrauen zusammengezogen. In seinem Blick mischten sich Unsicherheit und Begehren. „Was, wenn nicht?"

Ein Thron aus Eis und AscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt