7 - Der Wahnsinn

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David Guetta - Family Affair (Dance for me) visualizer

Pure Vorfreude erwachte in einem Inneren und die Magie dieses Ortes schien mich förmlich gefangen zu halten.

Easton dachte gar nicht daran, irgendwo am Rand mit mir zu tanzen. Nein, er entschied sich dafür, etwas weiter in die Mitte der Menge vorzustoßen und hier hatte man trotzdem genug Platz um sich herum.

Es schien hier alles noch geplanter und organisierter zu sein als es schon in dem anderen Clubbereich gewirkt hat. Musste es wohl auch, sonst würde das wahrscheinlich gar nicht so funktionieren.

Krass nur, dass nur bestimmte für diesen Bereich ausgewählt wurden und dass ausgerechnet ich darunter war. Ich fühlte mich kurz etwas bedrückt, als ich an Tate dachte. Ihm hätte das hier sicher auch sehr gefallen, aber er musste sich ja unbedingt ohne etwas zu sagen aus dem Staub machen mit seiner neuen Errungenschaft.

Eine Berührung an meiner Hüfte katapultierte mich sofort wieder an das hier und jetzt. Grüne Augen schwebten vor meinem Gesicht und musterten mich so intensiv eingehend, wie schon einige Male an diesem Abend zuvor - und trotzdem löste das jedes Mal eine neue Flut an aufregenden Gefühlen in mir aus.

"Und gefällt es dir hier?", fragte mich Easton dicht an meinem Ohr, sodass ich ihn trotz der Musik verstehen konnte.

Begeistert nickte ich und lehnte mich nun zu ihm hervor. Schade, ich konnte ihn so gut wie gar nicht riechen, da dieser Blumenduft alles übertünschte - oder war das vielleicht auch so gewollt?

Man erkannte nicht direkt die Gesichter, außer man hatte noch "ungefähr" die Augenfarbe im Kopf und den bekannten Duft einer Person konnte man auch nicht wahrnehmen, da es der sanfte, dennoch dominante Raumduft verhinderte - das alles deutete daraufhin, dass man hier die Möglichkeit hatte, unerkannt unter den anderen zu weilen.

Hätte ich Easton nicht beim Schminken zugeschaut, wüsste ich wahrscheinlich nichtmal, dass er es wäre, der vor mir stand und würde es lediglich vermuten.

Denn diese sonderbaren Farben brachten offenbar bei jedem die Augenfarbe unnatürlich zur Geltung, wie ich es noch bei meiner Visagistin in Erinnerung behalten hatte.

Das Konzept war also ziemlich eindeutig - und eine sehr geniale Idee. Kein Wunder, dass dann besondere Vorsichtsmaßnahmen vorgenommen wurden.

Man konnte hier getarnt tun und lassen, was man wollte.

"Es ist absolut der Wahnsinn", gestand ich ihm. Es war schwierig, ihm etwas ins Ohr zu flüstern, da er so groß war. Aber er schien mich verstanden zu haben, denn er schenkte mir nun ein sanftes Lächeln, dass sich endlich mal in seinen Augen wiederfand.

Er schien sich hier eindeutig wohler zu fühlen als noch vorhin und wirkte plötzlich wie ausgewechselt.

Die Ausstrahlung, die er jetzt an sich hatte - dieses verspielte Lächeln, die aufblitzenden Augen, diese lässige Entspanntheit - gefiel mir außerordentlich gut.

Ich wusste, ich sollte wahrscheinlich alleine gar nicht hier sein und dazu noch mit einem völlig fremden Menschen in irgendeinem VIP Bereich - doch ich war wie betäubt. Als er auch noch anfing, sanft nach meinem Körper zu greifen und ich mich automatisch mit ihm im Takt zur Musik bewegte, rückten alle Gedanken in den Hintergrund.

Seine Hände legten sich auf meine Hüfte und zog sie zu seiner heran, sodass wir gemeinsam zur Melodie und dem Bass verschmelzen konnten. Ich hatte zwar schon öfter mit Typen wie ihm getanzt, doch noch nie kam mir das Tanzen in einem Club so intim vor wie mit ihm. Dabei war alles noch relativ unschuldig gehalten.

Meine Hände fanden sich wie von selbst auf seiner Brust wieder und ich spürte durch den dünnen Stoff seines Shirts die warme, harte Haut, die sich darunter befand.

Ich war sehr überrascht, wie gut er seinen Körper den Takten angepasst beherrschen konnte und dass das minutenlange Tanzen mit ihm so keinesfalls langweilig wurde.

Im Gegenteil, ich wollte nur noch weitermachen.

Tief im Innern musste ich auflachen.

Ich hätte vermutet, dass ich mich mit dem verruchten Charon in so einer Position wiederfinden würde und nicht mit diesem unerhörten arroganten Easton - aber auch das gefiel mir sehr gut.

Viel zu gut.

Und auch ihm merkte ich an, dass er von dem hier ebenfalls überrascht war - das erkannte ich in seinen Augen, als ich wieder den Kopf hob und zu ihm heraufschaute. Der Blickkontakt schien sich ewig hinzuziehen und intensivierte sich von Sekunde zu Sekunde.

Seine dichten Wimpern senkten sich und die Augen zuckten zu meinen Lippen. Ein heißer Schauer lief mir über den Rücken  - doch mein Gegenüber sträubte sich offenbar gegen sein Verlangen. Und leider fand ich diese Art von Selbstbeherrschung und dass er einen Kuss herauszögerte nur noch interessanter und attraktiver.

Das Grün riss sich von meinem Mund los und der Besitzer des Augenpaares warf mir ein weiteres undeutbares Lächeln zu. In einer fließenden Bewegung wirbelte er mich nochmals um die eigene Achse herum und ich schloss die Augen, um mich treiben zu lassen. Einerseits, um wieder bei mir anzukommen und gegen dieses seltsame machtlose Gefühl in meinem Inneren anzukämpfen. Andererseits, um mit der um mich herum tanzenden Menge eins zu werden.

Ich ließ seine Hand los und spürte den Beat der Musik in meinem ganzen Körper pulsieren. Wie ein zweites Herz, das mich antrieb und mir die Kraft zum Tanzen gab.

Die Euphorie, die in mir hochstieg, war überwältigend. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass dieser Abend noch so gut werden würde - und ich war gespannt darauf, ob Easton nicht doch noch seine Beherrschung verlieren würde, wo er doch schon offentsichtlich auf den Gedanken gekommen war. Das Gefühl dieser bestimmten Aufregung hatte ich schon lange nicht mehr empfunden und ich war mit einem Mal froh, dass doch er und nicht Charon an meiner Seite geblieben ist.

Grinsend riss ich die Augen auf - und erstarrte mitten in der Bewegung.

Die Musik lief weiter und die schillernden Farben um mich herum tanzten in immer mehr blass werdenden Akzenten weiter - bis wie alles um uns herum dunkel wurde. Nur der Nebel zu meinen Füßen erhellte schwach weiter den Fußboden.








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