27 - Waschkerle

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Dicht hinter dem Viehanhänger kam der kleine LKW, der mehr einem umgebauten Military Truck ähnelte, zum Stehen - und ich bereitete mich innerlich wieder auf ein paar nervenraubende Minuten vor.

Anscheinend bereitete ich mich auch ein wenig zu lange vor, denn als ich die Augen öffnete, nachdem ich langsam bis zehn gezählt hatte, stand schon jemand neben meinem Trecker. In der rechten Hand hielt Charon einen kleinen Werkzeugkasten, mit der linken zog er sich nun die Kapuze seiner schwarzen Regenjacke über den Kopf.

Ich blickte nur genervt zurück.

Der musste auch denken, mit mir stimmte etwas nicht. Jetzt ließ ich ihn da im Regen stehen, obwohl ich dringend Hilfe brauchte und saß mir lieber meinen Hintern im Fahrerhäusschen breit.

Ich seufzte ein weiteres Mal, dann öffnete ich die Tür und wurde sofort vom Regen begrüßt.

Nun rutschten seine Augenbrauen noch höher. Anscheinend hatte er mich in dem Fahrerhaus gar nicht ausmachen können.

"Ach... Hallo Iva", sagte er und grinste mich auch schon wieder mit diesem frechen Ausdruck auf dem Gesicht an. Seine Locken klebten ihm nass auf der Stirn. "Hätte nicht gedacht, dass du so ein Bauernhofmädchen bist."

"Ein Bauernhofmädchen?", nahm ich das Wort von ihm gleich in den Mund. "Was versteht man denn unter einem Bauernhofmädchen?"

"Ähm Trecker fahren und Pony reiten?"

Ich funkelte ihn finster an, denn sein gewisser überheblicher Unterton brachte mich jetzt schon auf Reizlevel 100. Das Beruhigen vorher hatte gar nichts gebracht. "Trecker fahren und Pony reiten, alles klar", antwortete ich reichlich schnippisch. "Zufällig sind das nicht nur die Aufgaben von einem Bauernhofmädchen."

Er lachte laut auf und warme Schauer rieselten mir über meinem Rücken. "Und das ist er ja wieder. Der Giftzwerg."

"Nenn mich noch einmal so und dann-"

"Was dann?", unterbrach er mich und schaute mich aufrichtig interessiert an. "Hetzt du dann deine Kühe auf mich?"

Ich schnaubte. "Wer weiß das schon."

"Ich denke in dieser Lage bringt uns diese Aktion dann gar nichts. Erstens willst du bestimmt wieder auf deinen Bauernhof zu deinen Ponys und ich muss auch noch andere Sachen erledigen außer den ganzen Tag Trecker zu reparieren. Und wenn ich von Kühen gejagt werde, lässt sich das schwer umsetzen."

"Auf der Ranch sind nicht nur Ponys du Idiot", erwiderte ich von Sekunde zu Sekunde aufgebrachter und betonte nochmal extra das Wort Ranch. 

"Ja na offentsichtlich auch Kühe", bestätigte er mit einem Nicken zu dem Viehanhänger. "Und kommst du jetzt da mal herunter? Mein Nacken wird steif, wenn ich die ganze Zeit zu dir heraufschauen muss."

Jetzt grinste ich ihn breit an. "Das ist nicht mein Problem."

"Unglaublich", murmelte er, kopfschüttelnd schaute er nach unten, bevor er jetzt mit einer überlegenen Miene zu mir heraufblickte. "Du weißt schon, dass du hier diejenige bist, die Hilfe braucht? Ich kann mich auch im wahrsten Sinne wieder vom Acker machen."

In diesem Punkt hatte er leider recht. Und wenn ich noch weiter auf meinem Podest warten würde, dann wurden die Kühe noch unruhiger und der Trecker sank wirklich noch in dem Matsch ein.

Schnell setzte ich mir ebenfalls meine Kapuze auf und sprang die letzten Stufen vom Trecker herunter, um sie nicht abwärts zu laufen - das stellte sich allerdings als sehr sehr sehr schlechte Idee heraus.

Als ich auf dem Boden ankam, war der mittlerweile schon so matschig, dass ich mit den Gummistiefeln wegrutschte, einen halben Spagat hinlegte, mit meinen Füßen auch noch den verdutzten Charon weggrätschte und wir beide zusammen nebeneinander der Körperlange nach auf dem Boden fielen. Der Werkzeugkasten kam ebenfalls klirrend neben uns auf.

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