35 - Stichwörter

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Ich stand keine drei Minuten weiter allein, da tauchte auch schon Charon wieder auf. Grimmig schaute ich ihn an.

Er hielt vor mir inne, sein Blick ganz unschuldig. "Was ist denn los?"

Immer noch sauer drückte ich ihm die Pommesschachtel in die Hand. "Tu nicht so - oder wann wolltest du mir sagen, dass ich überall mit Mayonese beschmiert bin?!"

"Ach das." Seine Mundwinkel sprangen kurz nach oben. Er wich mir bewusst aus und inspizierte lieber die leere Pommesschachtel in seiner Hand. "Ich wollte dir das natürlich noch sagen-"

"Natürlich", unterbrach ich ihn. "Und natürlich heißt wann? Wenn ich wieder Zuhause bin?"

Gespielt entrüstet guckte er zu mir herunter. "Hey, also das wär wirklich etwas zu spät gewesen. Ich hätte dir das schon noch gesagt, aber dann kam ja Easton."

"Ja genau, dann kam Easton", griff ich seine Abschlussaussage patzig auf. "Und der hat es mir dann gesagt."

Nun schaute Charon wieder zu mir auf, sein belustigtes Grinsen ging bis über beide Ohren. Wenn ich nicht so sauer wäre, würde ich beinahe sagen, dass er mit dem Grinsen sowas von niedlich aussah. Wie der freche Nachbarsjunge, der schon wieder etwas ausgeheckt hat und den trotzdem jeder liebt. "Naja, so ein bisschen Kriegsbemalung muss dir doch aber nicht peinlich sein, Giftzwerg."

Okay, ich nehme Charon und niedlich in einem Satz zurück.

Empört blieb mein Mund offen stehen. "Kriegsbemalung? Jetzt fängst du auch schon damit an! Und was habe ich dir zu dem Wort Giftzwerg gesagt?!"

Wieder dieses freche Grinsen. "Viel. Aber du hast jetzt auch keine Waffe mehr in der Hand." Zum Beweis hob er seine Hand, in der sich die mit Mayonese bekleckerte Pommesschachtel befand.

Ich war schon drauf und dran, danach zu greifen und ihm das Ding ins Gesicht zu pfeffern, beschloss es dann aber sein zu lassen.

Ich durfte mich nicht ständig so provozieren lassen - weder von Charon, noch von Easton. Und bei Charon werde ich nun anfangen, ruhig zu bleiben. Dann wird es mir hoffentlich auch bei Easton demnächst gelingen.

Also zählte ich innerlich bis fünfundzwanzig und sog Charons erstaunten Blick darüber, dass ich nur ruhig vor ihm stand und nichts tat, in mir auf.

Bevor er einen weiteren dummen Kommentar bringen konnte, erhob ich meine Stimme. "Sag einfach das nächste Mal Bescheid, wenn mir was im Gesicht klebt. Okay?"

"Oh, interessant", seine Augen funkelten spitzbübisch. "Heißt das, es gibt etwa ein nächstes Mal?"

„Ähm", machte ich nur und wusste noch nicht so recht, ob ich darauf eingehen sollte.

Charon sah mich weiterhin gespannt an, ihm war meine Antwort anscheinend wohl sehr wichtig. „Ähm ja?", hakte er interessiert nach.

Ich blieb weiterhin noch etwas stumm.

Ach, jetzt sind wir wieder bei dem Thema.

Im Innern war ich einfach zu unentschlossen. Einerseits hatte ich schon Lust auf das Tanzen und Bock den aufpasserischen Fängen meines Vaters zu entkommen. Andererseits löste die Vorstellung, da nochmal hinzugehen, so ein Kribbeln in mir aus, das mir vor Aufregung fast schlecht wurde.

Es war eben dieses Ungewisse, was ich eigentlich recht mochte.

Doch in diesem Fall machte mich es kirre, nicht zu wissen, ob Charon wirklich am Ende den ganzen Abend bei mir bleiben würde – denn auf Tate brauchte ich nicht sonderlich zu hoffen. Er würde mit Venice voll und ganz beschäftigt sein.

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