Nachdem das Schiff abgelegt hatte, nahm Louis ein rasches Abendessen ein und ging dann zurück in seine Kabine, wo er sich über seine Notenblätter setzte und die Kompositionen durchlas, die er in den letzten Tagen geschrieben hatte. Es war ihm gelungen, das Freiheitsgefühl der Kreuzfahrt einzufangen, auch wenn es noch nicht ganz rund war. In Gedanken spielte er die Noten am Klavier und lauschte auf die Melodie, die er geschrieben hatte. Es war ein Leichtes, die geschriebenen Noten in Musik im Ohr zu wandeln. Das war ihm schon immer leicht gefallen, kaum dass er gelernt hatte, wie man Noten las und er konnte sich nicht in Menschen hineinversetzen, für die Noten einfach nur Punkte auf Linien waren. Er musste an Harry denken, der sich mit Mode auskannte und auch nähen konnte.
Ob er Kleidung in Gedanken auch in Schnittmuster zerlegte? Wobei ... so offensiv wie Harry manchmal war, konnte es auch sein, dass er Kleidung in Gedanken eher auszog. Woran dachte er denn schon wieder? Louis schüttelte rasch den Kopf, weil er sich auf seine Musik konzentrieren und nicht von einem imaginären Harry ablenken lassen wollte.
Um den heutigen Tag in Musik umzuwandeln, nahm er das kleine portable Keyboard aus dem Schrank – eine Miniatur, die es ihm ermöglichte, auch unterwegs ein bisschen Musik zu machen – und steckte das Kabel in die Steckdose.
Es gab Tage, da konnte er auf dem Keyboard herumklimpern, ohne wirklich viel Produktives zu leisten und dann gab es Tage, wie der Heutige einer war, da schrieb sich die Musik fast von allein. Als der Handywecker klingelte und Louis daran erinnerte, dass er sich nun für die Arbeit umziehen und zurechtmachen sollte, legte er die Notenblätter in einen Ordner, fest entschlossen, sie heute mitzunehmen. Vielleicht bekam er ja die Möglichkeit die Eigenkreationen vor Publikum zu präsentieren.
Nachdem er seine Haare im Badezimmer ordentlich frisiert hatte, putzte er noch mal die Zähne und steckte dann die Karte ein, um ins Theater zu kommen, wo sein Anzug noch im Spind hing. Ob er die Garderobentür heute offenlassen sollte, wenn er sich umzog? Vielleicht kam Harry ja noch mal vorbei.
Zufällig. Oder absichtlich ...
Mit Unschuldsmiene klopfte er wenig später an die Tür des Kostümraumes und streckte den Kopf ins Zimmer. Harry hängte gerade eine Federboa über einen Haken und bückte sich dann, um die Federn aufzulesen, die sich gelöst hatten.
»Harry, ich wollte nur Bescheid geben, dass ich mich jetzt gleich umziehe und dann zur Bar gehen werde. Wir sehen uns dann später, oder?«
»Ist das eine Einladung?«, fragte er und schürzte die Lippen.
»Wenn du das so sehen willst, überlasse ich dir das. Alles Auslegungssache«, sagte Louis zwinkernd und huschte in den Umkleideraum. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Würde er Harry gleich hinter sich spüren? Angespannt öffnete er den Spind und nahm den Kleiderbügel heraus. Dabei spitzte er ständig die Ohren, um auf Schritte zu lauschen, doch es blieb still. War er etwa nicht offensiv genug gewesen? Louis klapperte extra laut mit dem Kleiderbügel, um Harry anzulocken, doch der Kostümbildner ließ sich nicht blicken und so musste Louis unverrichteter Dinge das Theater verlassen und zur Arbeit gehen.
***
Zwei Stunden später war sein Dienst beendet und als das Licht auf der kleinen Bühne in der Bar erlosch, stand Louis vom Piano auf und ging zurück ins Theater, um den Anzug wieder in den Schrank zu hängen. Mittlerweile war ihm ziemlich warm und er froh, das Hemd wieder durch ein Tank Top austauschen zu können. Zügig verließ er das Theater und stieg die Treppen hinauf, bis er sich auf Höhe der Außendecks befand.
Mittlerweile war die Sonne untergegangen und die Lichter auf dem Schiff angeschaltet. Warme Lampen beleuchteten Wegweiser, die den Gästen den Weg zu den verschiedenen Bars wies. Louis steuerte die Sunset Bar an, von der er wusste, dass auch Mitarbeitende sie nutzen durfte, sofern man den anderen Gästen nicht auf die Nase band, dass man auf dem Schiff arbeitete.
Die Bar war gut besucht, aber nicht brechend voll und er fand einen Platz an einem Tisch unter einem Sonnenschirm aus Bambus. Er bestellte einen Drink und öffnete dann noch mal den Ordner mit den Notenblättern. Leider hatte er es heute nicht geschafft, eigene Stücke zu spielen, und wollte die Zeit noch nutzen, um ein wenig zu schreiben, doch er hatte kaum einen Kugelschreiber aus der Tasche gezogen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte.
»Mr Tomlinson, Sie sehen beschäftigt aus. Störe ich, wenn ich mich dazusetze?« Harrys Stimme, tief und prickelnd, jagte Louis einen Schauer über den Rücken und er legte den Kugelschreiber beiseite.
»Nein, setz' dich gerne. Ich kann mich jetzt sowieso nicht mehr richtig konzentrieren.«
»Liegt das an mir, oder an deinem Arbeitstag?« Offensiv grinsend, ließ Harry sich auf den freien Stuhl gegenüber fallen und bestellte beim Barkeeper per Handzeichen einen Drink.
»Was willst du hören?«, gab Louis zurück und hob vielsagend die Brauen. »Dass es an dir liegt, kannst du dir doch denken, oder? Wie sollte ich mich noch konzentrieren können, wenn du in diesem Hemd vor mir sitzt? Was ist das bitte?« Er deutete auf Harrys Hemd, der an dem Stoff zupfe. »Seide mit Goldfäden durchwoben. Warte, bis du die Rückseite gesehen hast.« Er stand auf und drehte sich um und Louis konnte nur die Brauen heben. Das Hemd war auf der Rückseite aus schwarzem, fast durchsichtigem Stoff. Bei dem heißen Wetter sicherlich angenehm kühl. Allerdings nur für den Träger selbst. Louis wurde beim Anblick ziemlich heiß. Noch heißer, als es ohnehin schon war, denn das Deck hatte sich heute im Laufe des Tages in der Sonne ordentlich erwärmt. »Du hast das mit Absicht angezogen.«
»Natürlich habe ich das. Ich will ja schließlich Eindruck machen. Außerdem kenne ich mich mit Klamotten aus und kann sicher sein, dass es mir steht.«
Man könnte meinen, dass Harry eingebildet war, aber Louis musste zugeben, dass er recht hatte. Schließlich war Kleidung sein Fachgebiet.
»Wie war dein Abend?«, fragte er, setzte sich wieder hin und präsentierte Louis wieder die Vorderseite des Outfits.
»Ich hätte gerne was Eigenes gespielt, aber das hat sich heute leider nicht angeboten. Aber ansonsten war es sehr schön und ich habe viel Applaus bekommen.« Louis deutete auf die Mappe vor sich und wollte Anstalten machen, sie zuzuklappen, doch Harry hielt ihn auf: »Ach, das ist deins? Ich dachte, das sind die Stücke, die du spielen sollst. Wow, das sind viele Blätter. Respekt. Ich habe von Musik keine Ahnung und großen Respekt vor den Menschen, die mit diesen Punkten etwas anfangen können.«
Louis lächelte geschmeichelt und schob dann die Mappe beiseite. »Mir geht es bei Klamotten genauso. Ich habe keine Ahnung davon.«
»Ja, das sieht man«, sagte Harry und zwinkerte, »deswegen gehen wir morgen auch gemeinsam Shoppen. Du brauchst Jeans, die deinen Arsch würdig in Szene setzen.« Harry dämpfte seine Stimme bei diesem Satz nicht und Louis beäugte die anderen Besucher, ob jemand ihr Gespräch mitgehört hatte. Es wäre ihm unangenehm, wenn zu viele diese Offensive mitbekämen. In dem Moment tauchte allerdings die Bedienung auf und stellte Harry grinsend den Cocktail hin. Sie hatte seinen letzten Satz auf jeden Fall gehört und wünschte ihnen zweideutig einen »schönen Abend.«
»Hast du gehört, was sie gesagt hat? Sie hat uns einen schönen Abend gewünscht, das sollten wir umsetzen, meinst du nicht?« Harry hob sein Glas und sie stießen miteinander an.
»Definitiv. Was genau schwebt dir vor?«, fragte Louis und wusste genau, was Harry im Sinn hatte.
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Hey du! Ich sehe, du bist neu hier. Viele nicknames kenne ich noch nicht und ich freue mich sehr, neue Gesichter hier zu sehen. Schreib mir gerne einen Kommi, wenn du möchtest und lass mich wissen, was du über dieses Buch denkst.
Liebe Grüße
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Klavier und Federn
FanfictionAls Pianist auf einem Kreuzfahrtschiff. Etwas, das Louis schon immer machen wollte. In Genua geht er an Bord und trifft schon am ersten Tag einen Mann, der in ihm ein Verlangen entfacht, das er nicht unterdrücken kann. Harry arbeitet im Theater des...