Kapitel 16

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Am späten Nachmittag fand eine Vorstellung im Theater statt und Louis schaffte es noch, ein Ticket dafür zu bekommen. Zum ersten Mal fühlte er sich auf dem Schiff wie ein Gast, als er zwischen den anderen Passagieren saß und sich in eine Welt aus Tanz und Akrobatik entführen ließ. Sobald die Vorstellung allerdings beendet war und das Licht im Zuschauerraum wieder anging, unterschied er sich grundlegend von den anderen. Die Gäste verließen den Theatersaal nämlich durch die Eingangstüren, während Louis durch eine Seitentür huschte und sich im Backstagebereich wiederfand. Bis er selbst seine kleine Show abzuliefern hatte, dauerte es noch eine halbe Stunde und er würde sich gleich hier im Theater umziehen.

Weil die Tänzer auch noch da waren, klopfte er vorsichtig an der Tür zur Umkleide an, bevor er die Klinke herunterdrückte.

»Oh, komm rein, Darling«, begrüßte ihn ein Mann, der außer einem Tiefenschutz und einer Krawatte, keinen Fetzen Stoff am Körper trug.

»Hey, ich wollte nur eben an meinen Spind«, sagte Louis und deutete auf die Tür, hinter der sich sein Anzug verbarg, »Geht das, oder soll ich kurz warten, bis ihr fertig umgezogen seid?«

Der Mann mit der Krawatte wollte gerade den Mund öffnen, um zu antworten, da schnitt ihm ein Kollege das Wort ab. »Also wenn dich nackte Haut und Schweißgeruch nicht stören, kannst du gerne hierbleiben. Wir haben das hier jeden Abend und damit kein Problem, oder, Jungs?« Die acht Tänzer, alle mehr oder weniger bekleidet nickten und lächelten Louis freundlich an. Also blieb er und zog sich an, während um ihn her die Hüllen fallengelassen wurden und die Tänzer in die Duschkabinen verschwanden.

Gerade stand er vor dem Spiegel und schlug den Hemdkragen über die Krawatte, als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte. Es war der Tänzer Gary, der ihn freundlich angrinste: »Hey, ich hab dich noch nie hier auf unseren Teamparties gesehen. Hast du Lust, dich uns heute Abend anzuschließen? Du musst auch keine Angst haben, dass sich die Gerüchte über uns Theatermenschen bewahrheiten.«

»Welche Gerüchte?«, fragte Louis und überlegte rasch, ob ihm etwas zu Ohren gekommen war, was Parties anging, doch diese Feiern schienen eher im Geheimen abzulaufen, sonst hätte er davon sicher schon etwas mitbekommen.

»Dass wir im Theater wilde Sexorgien feiern und uns nur besaufen. Das stimmt nicht.« Gary holte tief Luft. »Wir saufen nur. Sex gibt es ausschließlich zu zweit. Also hast du Lust, übermorgen hier im Theater ein bisschen zu feiern? Wir werden alle da sein und es wird sicher lustig.«

»Ja sehr gerne, dann lerne ich auch neue Leute kennen«, sagte Louis und musste daran denken, dass Harry – der Einzige, zu dem er bisher wirklich Kontakt aufgebaut hatte – ja in wenigen Tagen vom Schiff gehen würde. Er sollte sich mal mit den Kollegen bekannt machen, sonst würde er erst mal alleine dastehen und das wäre ziemlich einsam.

Die Bar war an diesem Abend gut besucht, soweit Louis vom Piano aus sehen konnte, gab es kaum einen freien Platz mehr. Das war die Gelegenheit, heute mal eines seiner Stücke zu spielen und er arrangierte seine Notenblätter neu, legte die Hände auf die Tasten und schloss die Augen.

Die Töne erfüllten den Raum und trieben ihn gedanklich weit weg. Er dachte an den Nachmittag, den er und Harry gemeinsam verbracht hatten, an die Rangelei am Brunnen und musste sich eingestehen, dass er die Zeit genossen hatte.

Vielleicht ein bisschen zu sehr, denn wenn er daran dachte, dass Harry in wenigen Tagen das Schiff verlassen würde, wurde ihm ganz schwer ums Herz.

Die Melodie, die er spielte, bekam mit einem Mal einen traurigen Unterton, obwohl der Song eigentlich gar nicht so angelegt gewesen war. Louis versuchte, seine Gedanken wieder ins Positive zu lenken, doch die Melodie blieb nachdenklich und melancholisch.

Das spürte auch das Publikum, denn der Applaus hielt sich sehr in Grenzen und er beschloss, den restlichen Abend nur noch fröhliche Songs zu spielen. Immerhin waren die Gäste auf dem Schiff, um sich zu amüsieren und nicht um Trübsal zu blasen.

Nachdem er den letzten Song beendet hatte, stand Louis auf, verneigte sich vor seinem Publikum und verließ die Bühne unter freundlichem Applaus.

»Sehr schöne Show. Sehr nachdenklich«, raunte ihm ein Gast an der Bar zu, dessen Stimme ihm sofort eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Er hielt inne und wandte sich dem Mann zu. Es war Harry, der dunkel gekleidet und die Haare zum Zopf gebunden, fast schon unauffällig an der Bar lehnte.

»Du darfst doch offiziell gar nicht hier sein«, raunte Louis überrascht und Harry nickte. »Ja, deswegen habe ich mich auch ganz unauffällig angezogen. Ich dachte, ich höre dir heute mal zu, nachdem du bei uns im Theater gewesen bist.« Louis schmunzelte und drückte die Tür der Bar auf. Harry folgte ihm nach draußen. »Ich nehme an, du willst dich jetzt noch mal umziehen, oder?«

»Das habe ich vor, oder findest du, ich sollte den Abend noch in diesem Anzug verbringen?«, fragte Louis, während sie sich auf den Weg zum Theater machten.

»Der Anzug sieht hervorragend aus, dagegen habe ich nichts, aber ich denke, dass es für den Abend doch ein bisschen overdressed ist. Außerdem«, Harry zog seine Mitarbeiterkarte aus der Tasche und entsperrte die Tür des Theaters, »hast du mir versprochen, heute eines der neuen Kleidungsstücke anzuziehen.«

Ja, das hatte er und Louis hatte einen Plan, den er Harry aber so schnell nicht verraten würde. Deswegen bat er Harry, vor der Garderobe zu warten, bis er umgezogen war.

»Bist du jetzt gleich fertig?« Ungeduldig klopfte Harry an die Garderobentür und drückte die Klinke herunter, genau in dem Moment, als Louis sich das Shirt über den Kopf zog. »Hey, das ist keines der neuen Sachen«, stellte er fest und starrte Louis entrüstet an, der am Saum des Shirts herumzupfte: »Vielleicht habe ich ja was Neues drunter. Willst du nachsehen?«

»Du weißt genau, wohin das führt, wenn ich dich jetzt hier ausziehe, das ist dir klar, oder?« Harry kam ihm näher, hielt seinen Blick stand und zupfte langsam am Saum seines Shirts. »Also das hier ist auf jeden Fall kein neues Shirt. Also weg damit.« Mit einem Ruck, zog er ihm das Shirt über den Kopf und senkte den Blick zur Jeans. »Die ist auch nicht neu. Hast du was dagegen, wenn ich sie dir ausziehe?«

»Ich habe sie zwar eben erst angezogen, aber wenn du willst, darfst du sie mir gerne ausziehen«, raunte Louis Harry ins Ohr, und zog ihn in einen Kuss, spürte seine Hände am Knopf der Jeans und als Harrys Finger seine Haut streiften, zitterte er.

»Du hast doch wohl keine Angst davor, ausgezogen zu werden?«

»Von dir? Nein, das ist pure Vorfreude.«

»Vorfreude worauf?«

»Stell dich nicht dumm ...« Louis grinste. Harry war sicherlich genauso bewusst, wie ihm, dass sie in der Garderobe Sex haben würden, sobald er seine Klamotten losgeworden war.

Die Jeans war endlich geöffnet und Louis legte den Kopf in den Nacken und hörte Harry triumphierend »Aha, da ist doch das neue Kleidungsstück« sagen. »Die Boxershorts. Sehr hübsch, Mr Tomlinson.« Er hakte zwei Finger am Bund ein, zog die Hose nach unten und ging in die Knie.

Hatten sie die Tür abgeschlossen? Louis schielte noch einen Moment zum Eingang des Raumes, doch als Harrys Lippen sich um seine Erregung schlossen, fielen ihm die Augen zu. Es war doch egal. Zu dieser Zeit tauchte hier niemand mehr auf. Mehr konnte er nicht denken ...

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Die beiden lassen es aber ganz schön krachen, oder?;)

Klavier und FedernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt