Kapitel 19

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Das Theater war voll besetzt und Louis froh darüber, die Glitzerfliege von Harry angenommen zu haben. Zwar war sie nur ein kleines Detail, aber sie verlieh ihm und damit seiner ganzen Ausstrahlung an diesem Abend etwas Besonderes.

Er fühlte sich selbstsicher und gut auf der Bühne, was sicherlich damit zusammenhing, dass er sich mit Harry ausgesprochen hatte und nicht mehr auf verlorenem Posten stand.

Die Bühne für sich allein zu haben, und die volle Aufmerksamkeit des Publikums zu genießen, das heute nur wegen der Musik hergekommen war, fühlte sich toll an und Louis erinnerte sich an die Zeit im Studium, in der sie immer wieder kleine Konzerte als Teil der Prüfungen hatten spielen müssen. Doch da war er auf der Bühne fast nie allein gewesen, hatte immer jemanden am Cello oder der Violine bei sich gehabt. Doch heute gehörte die Bühne ihm und er spielte nur eigene Stücke. So könnte das Leben aussehen, wenn er es schaffen sollte, Engagements in diese Richtung zu bekommen. Die Kostprobe war so verlockend, dass Louis am liebsten den ganzen Abend gespielt hatte, doch nach einer Stunde musste er die Hände von den Tasten lösen. Er stand auf und verbeugte sich vor seinem Publikum, das begeistert applaudierte.

***

Hinter der Bühne zog er sofort die Fliege auf und trank gierig eine halbe Flasche Wasser, dann zog er sich um und wollte Harry die Fliege zurückbringen, doch die Tür zum Kostümraum war bereits abgeschlossen. Wahrscheinlich hatte er schon Feierabend, weshalb Louis die Krawatte in den Spind legte und sich dann auf den Weg zu seiner Kabine machte, um sich für die Party umzuziehen.

Die neue Jeans hatte er bisher noch nicht angehabt und eine Party war eine gute Gelegenheit, sie einzuweihen. Außerdem hatte Harry sich diese Hose ja gewünscht und er würde ihm diesen Wunsch gerne erfüllen. Zur Hose wählte er ein Tank Top und hatte sich gerade die Haare neu frisiert, als es an seiner Tür klopfte.

»Harry, ich bin gleich ... oh, hi Gary.« Der Tänzer stand im Flur und grinste ihn an. Auf seiner dunklen Haut klebte überall Glitter und er wedelte mit einer Federboa vor Louis' Nase herum.

»Na, hast du unsere Party vergessen?«

»Nein, ich hab mich gerade dafür fertig gemacht«, sagte Louis und grinste.

»Du bist aber farblos, so kann ich dich nicht ins Theater lassen. Hier nimm das.« Bevor Louis etwas sagen konnte, hatte Gary ihm die Federboa um den Hals gewickelt und er einige Federn im Mund. »Achja, versuche, im Treppenhaus nicht zu sehr aufzufallen. Wir dürfen die Party machen, aber die Gäste soll es nicht stören.«

»Na dann haben wir ja Glück, dass wir uns für unauffällige Deko entschieden haben«, bemerkte Louis und deutete auf die Boa und auf Garys Glitzermake-Up. Dieser zuckte nur mit den Schultern und sagte: »Wir sehen uns dann gleich.«

Louis schloss die Tür erneut, wandte sich wieder dem Spiegelbild zu und zupfte die Federn aus seinen Haaren, die sich aus seiner Deko gelöst und darin verfangen hatten. Zwei hatte er gerade erwischt, als es erneut klopfte.

»Gary, ich bin gleich – oh.« Harry stand vor der Tür. Lässig an die Wand gelehnt und streckte Louis die Zunge raus. Darauf deutlich zu erkennen war eine kleine weiße Pille und bevor Louis etwas sagen konnte, hatte Harry sie heruntergeschluckt.

»Soso. Gary also. Und ich dachte, wir beide wollten es mal miteinander versuchen.«

»Was hast du da genommen?«, fragte Louis perplex und starrte Harry an. »Sind das Drogen?«

»Entspann dich. Es ist Fresh Mint und ich nehme sowas nicht«, sagte Harry ganz locker und deutete auf Louis' Haare. »Bist du in der Mauser, oder wo kommen die Federn her?« Wollte er jetzt von der Pille ablenken? Louis murmelte Garys Namen und sah Harry weiterhin kritisch an. Er mochte Drogen nicht sonderlich und hatte immer Angst, dass jemand, den er kannte und gern hatte, die Kontrolle verlor. Harry schien das zu spüren und kramte eine kleine Box aus der Hosentasche. »Hier, das sind wirklich nur Minztabletten zum Lutschen. Willst du eine?« Peinlich berührt, griff Louis sich eine der kleinen Tabletten und legte sie sich auf die Zunge.

Klavier und FedernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt