1. Falling Into A Nightmare

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Unsere Welt birgt so viele Geheimnisse, so viele ungelöste Rätsel. So viele unerklärliche Dinge trotz der nahezu verzweifelten Bemühungen von uns Menschen sie aufzudecken und letztlich zu verstehen. Obwohl das Wissen von uns Menschen stetig wächst, so bleibt doch die Grauzone von Dingen erhalten, für die es einfach keine logische Erklärung gibt. Aber was ist 'logisch'? Für wen logisch? Doch nur für die Menschen, die dieses Wort erfunden haben. Und was ist es nun? Logische Dinge ergeben sich aus dem Wissen der Vergangenheit. Wie ein Puzzle kann man die unterschiedlichen Informationen im Kopf zusammensetzen, die letztlich ein Bild ergeben. Entspricht die Realität diesem Erwartungswert, so ist es 'logisch'. Aber was wenn nicht? Dann beginnt die Suche nach einer neuen Antwort. Ein neues Fundament muss für spätere Generationen gelegt und dokumentiert werden. Aber was wenn das abstrakte Denkvermögen einfach nicht ausreicht um auch nur eine halbwegs 'logische' oder nur 'plausible' Antwort zu finden? Dann stürzt man in Angst, wenn nicht sogar Panik und im schlimmsten Fall Chaos. Eine der schlimmsten Erfahrungen eines Menschen ist es, wenn ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Wenn er das Gefühl bekommt dass alles, was er meinte zu wissen, nicht stimmen kann. Wovor steht ein solcher Mensch? Zunächst vor dem Nichts...

Ich lese mir mein kurzes Essay zum Thema 'Das sogenannte Wissen' noch einmal durch. Die Aufgabe des Professors war es, eine möglichst kurze Meinung zu vertreten, die stilistisch gleichzeitig ein Gefühl widerspiegeln sollte. Ich hatte mich dazu entschlossen mein Essay möglichst düster zu formulieren, denn die Einsicht nichts zu wissen, obgleich die Menschheit schon so viel von der Welt um uns herum entschlüsselt zu haben scheint, empfinde ich als sehr düster. Denn nichts zu wissen heißt gleichzeitig, dass man von ungeahnten Dingen überrascht werden kann, und ob einem die Überraschung gefällt oder nicht, danach würde niemand fragen. Ich nicke zufrieden mit meinem Werk und drucke die Datei aus. Morgen würde ich mein Essay vorstellen und verteidigen müssen.

„Kommst du endlich?", höre ich hinter mir eine fast schon quengelnde Stimme, die mich zum Lachen bringt.

„Bist du dafür nicht schon etwas zu alt, Sarah?", frage ich über meine Schulter hinweg. Die ausbleibende Reaktion lässt mich abermals lachen, da ich mir nur zu gut vorstellen kann, wie die Tochter meiner Cousine schmollt.

„Bin ja schon fertig. Wir können sofort los." Ich bücke mich um das Papier mit meinem Essay darauf aus dem Drucker zu ziehen, wedle in Richtung Tür und lege es dann auf meinen Schreibtisch.

„Na endlich.", brummt Sarah nur, als ich mein Zimmer verlasse und sie dabei fast streife. Ihre schulterlangen, schwarzen Haare hängen ihr chaotisch im Gesicht, weshalb ich ihre Erscheinung kurz korrigiere. Das Mädchen ist fünfzehn Jahre alt und etwas weniger als einen Kopf kleiner als ich. Ihr gespielter Schmollmund stürzt bei meiner Aktion augenblicklich in sich zusammen und sie springt zurück.

„Lass das.", meint sich lachend.

„Warum denn? Du kannst ein wenig auf dein Äußeres achten, immerhin bist du eine junge Frau.", zwinkere ich woraufhin sie bestätigend kichert. Sie ist zwar 'nur' die Tochter meiner Cousine, aber ich habe sie immer als eine Art Schwester betrachtet. Und das beruht auf Gegenseitigkeit.

„Komm schon, komm schon, komm schon.", drängelt Sarah nun wieder, nimmt meine Hand und zieht mich mit sich bis in den Flur.

„Ist ja schon gut.", grinse ich und ziehe mir meine Schuhe an. Ich hatte ihr versprochen mit ihr ein bisschen die Gegend zu erkunden, wenn ich mit meinen Aufgaben für die Uni fertig bin. Ich verabschiede mich kurz bei meinen Eltern und folge dem übereifrigen Mädchen. Bei der ersten Kreuzung bleibt sie vorbildlich stehen und wartet auf meine Richtungsangabe. Ich selbst hatte mich noch nicht wirklich mit den geografischen Begebenheiten meiner neuen Heimat auseinandergesetzt. Meine Familie und ich waren vor kurzem umgezogen, was gleichzeitig mein Glück und Pech gewesen ist. Glück, weil ich nun in der Stadt wohne, in der meine Universität steht, Pech, weil natürlich wieder alles neu ist und ich mich an alles neu gewöhnen muss. Eine Sache an der Lage unseres neuen Heims, die meine Eltern über die Maßen toll finden, ist der große, naturbelassene Wald direkt am Ende des Wohngebiets. Und genau da will ich mit Sarah hin. Zielstrebig führe ich uns durch die symmetrisch angeordneten Straßen bis wir schließlich am Saum des relativ alten und unter Naturschutz stehenden Waldes ankommen.

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