SARAH
Sarah hab den Kopf und schnupperte genüsslich in der Luft. Obwohl sie kein Wolf war, konnte sie dennoch den Duft von frisch gebackenen Brot durch das gesamte Haus riechen. Emma war jetzt seit zwei Tagen wieder bei den Blackfords und es war so, als wäre sie nie weg gewesen. Ihr helles, fröhliches Lachen hallte von früh bis spät durch die Räume und dem fröhlichen und quirligen Rotschopf folgte die gute Laune auf dem Fuß. Trotz des Entführungsversuchs vor einigen Tagen hatte sie ihre positive Einstellung nicht verloren. Darüber war Sarah extrem glücklich... denn es hätte genauso gut anders sein können. Kurz hatte die schwarzhaarige junge Frau befürchtet, dass die Begegnung mit Laslo zu einer weiteren Panikattacke führen könnte. Aber Emma hatte sie überrascht. Am Tag nach ihrer Ankunft, hatten sie und Mia sich mit dem Rudelarzt der Blackford Christopher Schilling (der auch ausgebildeter Psychologe war) in ein ruhiges Zimmer zurückgezogen und stundenlang gesprochen. Nach diesem Gespräch war Emma für einige Zeit ein wenig in sich gekehrt gewesen und auch Mia wirkte gedankenverloren. Doch zum ersten Mal hatte sich die traumatisierte schwarzhaarige Omega nicht unter ihr Bett zurückgezogen, sondern tatsächlich ein wenig mit Charles Christiansen, dem Anführer der Lunagarde Emmas gesprochen. Der riesige grauhaarige Mann hatte sie um Vergebung gebeten, dass er die schrecklichen Verbrechen an ihr nicht mitbekommen hatte und somit nicht eingeschritten war.
„Hmmmm... was riecht hier so gut?" Mia hoch schnuppernd die Nase und Sarah grinste zufrieden. „Das, meine Liebe sind Emmas berühmte Schokoladen Croissants! Pure Sünde und unendlich geil!" Die beiden jungen Frauen warfen sich kurz ein Blick zu und stürmten gleichzeitig los. Dank Adelines Zuwendung und einem Rest des Alphablutes, welches damals Lia gerettet hatte und der Rudeldoc sicherheitshalber vakumiert hatte, waren Mias Verletzungen, darunter auch das gebrochene Bein wieder vollständig verheilt.
Ein kurzes Gerangel, wer hat erstes in die Küche kam und schon standen beide Frauen regelrecht sabbernd vor der Kücheninsel und starrten gierig auf die frischen ofenwarmen Croissants, die Emma gerade in einen Brotkorb legte. Sarah streckte klammheimlich eine Hand aus um sich eine der warmen Blätterteigsünden zu schnappen, doch Emma klopfte ihr warnend mit einem Holzlöffel auf die Finger. „Na, lass das! Zuerst die Schwangeren in diesem Haushalt und danach der Rest von uns." „Gilt schwanger auch für die Gefährten derselbigen?" Lucan streckte den Kopf zur Küche hinein und lächelte sie schelmisch an. „Ich weiß nicht, Alpha... Wir könnten uns ja vielleicht auf einen Kompromiss einigen. Du bringst drei von den Dingern zum Alia und darfst eines selbst essen." Der große, schwarzhaarige Mann tat so als würde er kurz darüber nachdenken, dann grinste er und hüpfte fröhlich in die Küche. „Deal!" sagte er und machte sich mit vier von den Blätterteighörnchen aus dem Staub. Sarah schmollte und sagte: „...Unfair! Ich finde, dass Mia und ich den Rest von den Dingern verdienen! Ich, weil mein geliebter Gefährte seit etwa einer Woche versucht, mich mit allen Mitteln unter Einsatz von viiiiiiiiel Sex zu schwängern, mit anderen Worten habe ich seit einer Woche nicht mehr geschlafen, weil wir im Prinzip vögeln, sobald wir das Bett auch nur von der Ferne sehen. Und Mia weil sie sich heute noch nicht ein einziges Mal versteckt hat!"Emmas smaragdgrüne Augen blicken liebevoll zu Mia hinüber... diese lag schon halb auf der Kücheninsel und fixierte mit gierigem Blick die Croissants. „Na schön, bevor ihr beiden auch noch mit einem Dackelblick ankommt... haut rein!" Das ließen sich die zwei nicht erneut sagen, packten den Brotkorb und verzogen sich so schnell wie möglich mit ihrer Beute ins Wohnzimmer. Das fröhliche Lachen des Rotschopfs begleitete sie. „Boah! Die sind Mega!" schwärmte Mia und stopfte sich das dritte Hörnchen in den Mund. Sarah konnte nur mit vollen Backen zustimmend nicken.
Aus dem Obergeschoss hörte man mit einem Male panisches Trippeln. Gefolgt von einem verzweifelten Winseln, einen panischen Fiepen und dann dem Scharren von Krallen auf dem Boden. Emma kam aus der Küche gestürmt und sah fragend zu Sarah. Die junge Heilerin seufzte leise und sagte: „Jaaaa ... scheint so, als ob Lias unfreiwilliges Baby gerade mal wieder ein Fluchtversuch unternommen hat." Die drei jungen Frauen seufzten und liefen rasch die Treppe hinauf. Nach leisen Klopfen betraten sie die Alphasuite und sahen wie Grayson und Konstantin leise versuchten auf die kleine weiße Wölfin einzureden, die grade das winzige Rehkitz zwischen ihrem Vorderbeinen in Richtung des Nests zurückschleifte. „Liebling? Dieser Welpe gehört nicht dir! Seine Mama wartet unten...Jetzt komm schon, lass es los." Maulend und meckernd hievte die Omega das kleine Reh ins Nest zurück und krackselte hinterher. Das winzige kleine Ding starrte aus riesigen braunen Knopfaugen verzweifelt vor sich hin und blöckte leise. Sofort gurrte die weiße Omega und leckte liebevoll über die kleine Nase. Fürsorglich stopfte Lias Wölfin den Teddywelpen zwecks moralischer Unterstützung gegen den Bauch des kleinen Kitzes, so dass sie ihre beiden ‚Babies' nun eng beieinander hatte und rollte sich um sie zusammen. Emma klappte ungläubig der Unterkiefer runter. Lucan warf ihr einen Seitenblick zu und grinste: „Tja, süße Kleine ... Schau in deine Zukunft! Ich bin mir sicher, dass die Weibchen des Rheinrudels ihre Welpen alle auf Abstand halten werden. Damit du nicht anfängst willkürlich fremde Babies zu adoptieren... So wie unsere es hier gerade tut!" Den letzten Satz richtete er laut, mit liebevoller Strenge an die weiße Wölfin. Diese linste ihn nur aus einem Auge an und nieste leise. „Ich hab eine Idee," sagte Mia auf einmal. Dann streckte sie zögernd in die Hand aus und berührte Lucan am Arm. Die goldfarbenen Augen des Alphas richteten sich auf die kleine schwarzhaarige Omega. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen als er fragend die Augenbrauen hoch. „Kommst du kurz mit?" fragte Mia leise und schüchtern. Sofort stieß sich der Alpha von der Wand ab und trat auf sie zu. „Natürlich... Womit kann ich dir helfen?" Mia deutete mit dem Kopf auf die Tür und der große Mann folgte ihr auf den Gang. Emma sah Sarah strahlend an und sagte: „Wer hätte das gedacht, dass sie sich jemals Hilfe suchend an einen Alpha wendet. Das ist toll! Das ist so so unglaublich toll!!!"
Auch Sarah lächelte glücklich. Mia hatte zwar noch einen weiten Weg vor sich, aber wie alle Omegas war sie zäh und so viel stärker als sie selbst von sich dachte.Sarahs Gedanken schwiffen kurz ab, dann sagte sie plötzlich: „Mir ist da noch was eingefallen, Emms... Bin sofort zurück!" Rasch schlüpfte die schwarzhaarige junge Frau aus dem Raum und rannte fast Lucan über den Haufen. Dieser hielt ein großes Seitenschläferkissen in den Händen. Die Heilerin grinste und meinte: „Gute Idee! Allerdings müssen wir dafür sorgen, dass die Ricke ihr Kitz auch wieder annimmt. Und das tut sie garantiert nicht wenn es nach Wolf riecht." Der schwarzhaarige Mann neigt kurz den Kopf. „Irgendeinen Plan?" fragte er.
„Allerdings! Warte bitte noch kurz." Sarah rannte so schnell sie konnte in Richtung des Krankenzimmers. Dort angekommen sah sie eilig durch die einzelnen Schränke. „Suchst du etwas bestimmtes, Liebling?" Adeline legte das Handtuch zur Seite mit dem sie sich gerade die Hände abgetrocknet hatte und sah ihre Tochter fragend an. „Ich brauch ein Enzymspray..."
„Lass mich raten?! Für das Kitz?" Sarah nickte bestätigend, ihre Mutter trat zu Seite und griff in das Hängeregal neben dem Waschbecken. „Hier! Damit sollte es gehen."
„Danke, Mama," rief die junge Frau über die Schulter und eilte zurück zur Alphasuite. Lucan sah ihr entgegen und hob fragend die Augenbrauen. Dann wurde auf einmal die Tür geöffnet und Grayson trat mit einer wild um sich schnappenden Alia auf dem Arm aus dem Zimmer. Die weiße Wölfin jaulte und kreischte, kratzte und kaute auf dem Unterarm des Alphas herum, während die kleinen Pfötchen wild durch die Luft ruderten, um schnellst möglich zu ihren Welpen zurückzukommen. Grayson japste: „Was auch immer ihr vorhabt, GEBT GAS!!!!" und lief rasch mit dem heulenden kleinen Seelentier die Treppen hinunter. „Oooookay..." sagte Lucan mit dem Kopf auf die Tür deutend „nach Ihnen, die Dame!"Als sie an das Nest traten, hockte Emma bereits davor und streichelte zärtlich und beruhigend das kleine Reh, dessen Flanken vor Angst wild pumpten. Mia nahm einen großen Kissenbezug und begann das kleine Kitz damit abzureiben. Sie fuhr den kleinen über das Fell, so dass der Bezug mit dem Geruch des Babys völlig durchtränkt war. Dann hob Emma das kleine Reh aus dem Nest und legte es in Konstantins Arme, während Lucan das Kissen bezog und neben den Teddy in das Nest legte.
Kon lief derweil mit dem Winzreh auf seinen Armen die Treppe hinunter und eilte an Sarahs Seite in Richtung des Waldrands. Und zum Glück: Die Ricke war immer noch da, wich aber rasch zurück, als sie den Wolfswandler und den Menschen auf sich zukommen sah. Im hohen Gras legte Konstantin das kleine Kitz ab und Sarah begann es sorgfältig mit dem Enzymspray einzusprühen. Der Alpha zog sich derweil zurück, so dass sein Geruch sich nicht wieder auf das kleine Lebewesen legen konnte. Schließlich trat Sarah wieder zu ihm und sah ihn fragend an. „Riechst du noch was von einem Wolf an dem Kleinen?" Kon schnupperte sorgfältig und schüttelte verneinend den Kopf. „Nö... nix..." dann gingen die beiden zum Haus und beobachteten vorsichtig aus der Entfernung, wie sich das Mama Reh dem Jungtier im Gras näherte. Sie beschnüffelte das Kleine und begann schließlich es abzulecken. Dann stupste sie das Kitz an, dieses stand wackelig auf und stakste eilig hinter seiner Mutter in den Wald davon. Sarah klatsche glücklich in die Hände und fiel Konstantin um den Hals. „Klasse! Zumindest das hat geklappt!"
Charles und der Rest der Lunagarde, die an der Mauer lehnten glucksten leise vor sich hin. Einer der Lieutenants mit dem Namen Alexander sagte mit einem leisen Schmunzeln: „Na, da können wir uns ja auf etwas gefasst machen. Vielleicht sollten wir sämtliche Rehe bei uns aus dem Rheinland vertreiben, damit unsere Luna nicht ebenfalls wild durch die Fauna los adoptiert." Jetzt lachten die Männer und ihr Lachen begleitete Konstantin und Sarah ins Haus, wo sie nachsehen wollten, ob Mias Plan das echte Rehkitz mit einem nach Rehkitz riechenden Kissen zu ersetzen geklappt hatte.
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Sarah
WerewolfGenau wie meine beste Freundin Emma kann ich meine Vergangenheit nicht als... einfach bezeichnen. Ihr erstes Rudel, in welchem meine Mutter und ich als Heiler gedient haben, hab ich nur ihretwegen ertragen und nun, da Emma frei ist, können auch wir...