𝑊𝑎𝑔𝑒 𝑒𝑠 𝑛𝑖𝑐ℎ𝑡 𝑣𝑜𝑟 𝑚𝑖𝑟 𝑧𝑢 𝑓𝑙𝑖𝑒ℎ𝑒𝑛

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Schweißgebadet und von Albträumen geplagt, schreckte Megumi aus dem Schlaf. Gerade noch rechtzeitig stützte er sich mit der Hand am Boden ab, um nicht aus dem Bett zu fallen. Das Zimmer, in dem er sich befand, war nun dunkel und nicht wie zuvor von der Nachttischlampe erhellt. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten.

Ein Geräusch neben ihm ließ ihn aufhorchen, es war ihm fremd, genauso wie die Wärme, die von dieser Richtung ausging. Der Mann neben ihm hatte ihn wohl zuvor zugedeckt, doch jetzt war die Decke bis zu Megumis Hüfte heruntergerutscht. Immer noch mit der Hand am Boden, war es ihm nun wieder möglich, sich zurück aufs Bett zu rollen.
Er drehte sich um und sah direkt in das Gesicht des Mannes neben sich. Schon wieder stockte ihm der Atem. War es Angst oder etwas anderes, was er fühlte? Der König der Unterwelt, stets ein Mythos, lag nun tatsächlich neben ihm. Megumi zog die Decke bis zum Kinn hoch und linste erneut zu dem schlafenden Mann. Sie lagen so dicht beieinander, dass er den Atem des anderen spüren konnte, was ihn seltsamerweise beruhigte.

Was war das nur? Warum fühlte er sich plötzlich so sicher? Neben ihm lag ein Monster, kein Mensch. Die Decke bis über die Nase gezogen, blickte Megumi die ganze Zeit zu seinem Bettnachbarn. Zaghaft zog er seine Hand unter der Bettdecke hervor und hielt kurz vor dessen Gesicht inne, ehe er begann, mit der Fingerspitze die Tätowierungen nachzufahren. Das Schnaufen des schlafenden Mannes ließ ihn kurz zusammenzucken. Was zur Hölle tat er hier überhaupt?

Wie ein Blitzschlag holte ihn die bittere Realität ein. Der Mann, der jetzt so friedlich schlief, legte einen seiner starken Arme um ihn. Megumi kniff die Augen zusammen, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Lächeln konnte der also auch. Er zog seine Hand zurück, drehte sich um und starrte ins dunkle Zimmer. Das Atmen hinter ihm wirkte beruhigend.

Plötzlich wurde ihm etwas klar. Das war die optimale Gelegenheit. Er war weder gefesselt noch offiziell eingesperrt. Sukuna hatte ihm vertraut und lag sogar mit ihm im selben Bett. Perfekt, um zu flüchten. Der König schlief so fest und war überzeugt davon, dass seine Einschüchterungstaktiken funktionierten. Das war mehr als perfekt. Erneut drehte sich Megumi zu dem anderen um, dieser schlief immer noch. Felsenfest von seinem Vorhaben überzeugt, wandte er sich von der schlafenden Person ab.

Vorsichtig versuchte Megumi, sich aus den Fängen des anderen zu befreien, was gar nicht so einfach war. Mehrmals blieb ihm fast das Herz stehen, als Sukuna noch näher an ihn heranrückte, bis endlich die Gelegenheit kam und der andere ganz von alleine von ihm abließ und sich zur Seite drehte.

Leise stieg der Schwarzhaarige aus dem Bett. Zu seinem Glück quietschte es nicht. Einen Schritt nach dem anderen, so langsam und leise wie möglich, kam er weiter. Da es so dunkel war, konnte er kaum etwas erkennen, aber er musste nur um das Bett herum und geradeaus zur Tür. Ein paar Mal raschelte es in Richtung des Bettes, doch nichts geschah. Er wusste nicht, wie weit es noch war. Etliche Minuten vergingen wie Stunden. Sein Herz klopfte heftig. Wenn die Aktion schiefging, würde man ihn sicherlich umbringen oder noch Schlimmeres.

Mit ausgestreckten Armen tastete Megumi nach irgendetwas, bis er schließlich die Türklinke spürte. Leise drückte er sie herunter, um das Zimmer zu verlassen.
Die Tür machte kaum Geräusche, und so konnte Megumi hinaus auf den Gang. Doch die Erleichterung wurde im selben Moment zerstört. »Das würde ich nicht tun«
Eine Stimme flüsterte direkt an seinem Ohr, bedrohlich und nah. Vor ihm lag der lange, beleuchtete Gang. Stimmen kamen von der unteren Etage, doch er wusste nicht genau, woher sie kamen.

Nur kurz war ihm sein Sieg vergönnt, einen Blick nach draußen zu erhaschen. Plötzlich packte ihn niemand Geringerer als Sukuna an den Haaren und riss ihn zurück. »Raffiniert. Wolltest du den Gehorsamen spielen, um mein Vertrauen zu gewinnen?!«
Megumi hatte keine Chance, sich gegen ihn zu wehren. Auch wegen der Unterernährung, weil ihm keiner was zu Essen gab,  war es ihm kaum möglich, das Gleichgewicht zu halten. Die Stimmen und auch der lichterfüllte Gang verschwanden. Mit Leichtigkeit schleuderte der König ihn zurück ins Zimmer, wo jetzt das Licht eingeschaltet war.

Durch die Wucht des anderen flog Megumi auf den Boden. Außer sich vor Wut trat Sukuna ihm mitten ins Gesicht. Seine Nase bekam schon wieder etwas ab, ein Knirschen war zu hören. Megumi versuchte, dem nächsten Tritt auszuweichen, aber das hier war etwas ganz anderes als die Schläge seines Vaters. Gezielt trat Sukuna ihm die Hände weg und knurrend begab sich der Ältere zu ihm hinunter, fixierte seine Hände am Boden. Der sonst so gelassene Yakuza schlug mit der Faust erneut mitten in sein Gesicht. Die zuvor geheilte Nase brach wieder.

Vor Schmerzen am gesamten Körper bemerkte Megumi nicht einmal seine gebrochene Nase, nur als ihm Blut über das Gesicht floss, realisierte er, was geschehen war. »Ich werde dir schon noch Manieren beibringen«
Sukuna wurde kurz unaufmerksam, als es an der Tür klopfte. Megumi ergriff die Gelegenheit, rollte sich zur Seite in Richtung Bett. Prompt schnellte die Hand des anderen vor, um ihn zu ergreifen, was ihm aber nicht gelang. Sukuna sprang wieder auf seine zwei Beine und gelangte mit einem Schritt zum Bett, vor dem Megumi auf dem Boden saß.

Er ließ den Kopf hängen, wodurch das Blut nur so herausströmte. »Wenn du noch weiter auf mich einschlägst, wollen deine Klienten bestimmt nichts mehr von mir«
Die nackten Füße vor ihm bewegten sich nicht vor und auch nicht zurück. »Es geht nicht um die Optik, sondern darum den Wünschen gerecht zu werden. Du wirst definitiv beschädigt, wie jede andere Ware«
Seine Worte trafen ihn hart und gleichzeitig bekam er Angst.

Sein Fluchtversuch war gescheitert. Es war dumm gewesen zu glauben, dass er in irgendeiner Weise eine Chance gehabt hätte. Immer noch auf den Boden starrend, sah er, wie sich der Laminatboden allmählich rötlich verfärbte. Der Mut hatte ihn abermals verlassen. Sukuna ging vor ihm in die Hocke und hob seinen Kopf mit Daumen und Zeigefinger unter dem Kinn auf Augenhöhe

Das Knurren seines Magens wurde gekonnt überhört. Stattdessen schob Sukuna sein Shirt hoch. »Weißt du, was passiert, wenn ich wütend werde?« Noch bedrohlicher als zuvor funkelten seine roten Augen ihn an. Zitternd blickte Megumi in seine Augen und schüttelte den Kopf. »ICH HABE DIR EINE FRAGE GESTELLT«, brüllte der Mann ihn an.

Sukuna legte seine Hand um seinen Hals und drückte zu, während er sprach. Instinktiv griff Megumi nach dem Arm vor ihm, in einem verzweifelten Versuch, den Griff zu lockern. Doch statt nachzulassen, drückte Sukuna noch fester zu. Die verbleibende Kraft verschwand augenblicklich, und die Dunkelheit übermannte ihn, als ihm schwarz vor Augen wurde. Doch dann verschwand der Druck um seinen Hals.
Nach Luft ringend versuchte er, einen halbwegs geraden Satz über seine Lippen zu bringen.
»N-nein, das... das w-weiß ich n-nicht«
Siegessicher blickte Sukuna von oben auf ihn herab, denn dieser stand nun wieder mit seiner vollen Größe vor ihm. »Dann werde ich es dir jetzt zeigen«
Der Größere packte ihn am Kragen und riss ihn hoch. Sukuna fackelte nicht lange, schleppte ihn in die Mitte des Raumes. Neben ihnen öffnete sich eine kleine Luke.

Eine Treppe führte durch die Luke nach unten. Megumi verspürte eine zunehmende Beklommenheit.
»Was ist da unten?«fragte er leise, ohne sich zurückzuziehen, als Sukuna ihn am Arm packte und nach unten zog.

»Das wirst du in wenigen Minuten erfahren, Megumi-chan«, antwortete Sukuna mit einem kalten Lächeln.
Sukuna zog ihn eilig die Stufen hinunter, bis sie die untere Ebene erreichten. Megumi konnte jetzt mit eigenen Augen sehen, was ihn dort erwartete. Der Raum war düster und kalt, die Wände schienen aus rauem Beton zu bestehen. Das schwache Licht einer einzelnen, flackernden Glühbirne ließ lange Schatten auf dem Boden tanzen.

In der Mitte des Raumes stand ein großer, verrosteter Käfig, dessen Tür nur leicht geöffnet war. Neben dem Käfig lagen verschiedene Werkzeuge und Geräte, deren Zweck unheilvoll und beunruhigend war. Die Atmosphäre war schwer und drückend, und die Kälte des Raumes schien durch den Boden zu kriechen. Megumi konnte das Kratzen und das leise Rauschen von Mechanismen hören, die im Hintergrund arbeiteten.
Sukuna ließ ihn vor dem Käfig stehen und trat einen Schritt zurück.
»Hier wirst du verstehen, was es bedeutet, wenn ich sage, dass es Konsequenzen gibt« sagte er ruhig, während er die Szene beobachtete, die sich vor Megumi abspielte.

Vicious Circle ☆ Sukuna x MegumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt