𝐷𝑒𝑟 𝐹𝑟𝑒𝑚𝑑𝑒, 𝑑𝑒𝑖𝑛 𝐹𝑟𝑒𝑢𝑛𝑑?

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Ihre zweite Begegnung verlief anders als die erste.
Es waren nur einige Stunden vergangen, seit dieser großgewachsene Schwarzhaarige ihn das erste Mal von Kopf bis Fuß untersucht und behandelt hatte. Vor kurzem war er völlig nackt gewesen, was ihm in jenem Moment unangenehm bewusst wurde, auch wenn er es zu verdrängen versucht hatte. Doch jetzt, wo sie sich wieder gegenüberstanden, drängten sich die Erinnerungen an diese peinliche Situation unwillkürlich in seinen Kopf, obwohl seine derzeitige Lage weitaus drängendere Sorgen bereithielt. Trotzdem schaffte er es nicht, die Gedanken an diesen Moment ganz loszulassen.

Der Raum war von einer unheimlichen Stille durchzogen, nur unterbrochen vom leisen Rascheln von Stoff und dem gelegentlichen Klirren der Instrumente, die auf einem kleinen Tisch neben der Liege lagen, auf der Megumi saß. Das schwache Licht von der Decke schaffte es kaum, die Schatten in den Ecken des Raums zu vertreiben und verstärkte so die bedrückende Atmosphäre. Jeder noch so kleine Laut schien in der dichten Stille nachzuhallen, als ob die gesamte Umgebung die gespannte Stimmung widerspiegelte.
Megumi schloss die Augen, um den Anblick der blutigen Wunden an seinen Armen zu vermeiden. Der Schmerz war allgegenwärtig, aber der Gedanke daran, dass Geto ihn jetzt verarztete, brachte eine neue Art der Qual mit sich. Die Vorstellung, dass jemand mit einem kühlen, professionellen Blick an ihm arbeitete, während er selbst in einem Meer aus Verzweiflung und Angst versank, verstärkte seine psychische Belastung.

Der Mann vor ihm, hatte sich sorgfältig vorbereitet.
Mit ruhiger Präzision wischte er das Blut ab und bereitet die sterile Nadel und den Faden vor. Seine Bewegungen waren geschmeidig und zielgerichtet, und doch schien jede Berührung der Nadel und des Fadens wie ein zusätzlicher Stich in Megumis Seele zu sein.
Die Art und Weise, wie Geto die Wunden säuberte und die Nähte setzte, war professionell und beinahe routinemäßig, aber für ihn fühlte sich jede Handlung wie eine grausame Erinnerung an seine verletzliche Lage an.
Als der Doc, die erste Wunde mit einem leichten Druck versorgte, spürte Megumi den Schmerz wie einen unangenehmen, stechenden Druck, der in seinem Arm brannte. Er biss die Zähne zusammen, um ein Stöhnen zu unterdrücken, und vergrub sein Gesicht in dem Versuch, die Welt auszublenden. Die wiederholten Stiche der Nadel, die durch seine Haut glitten, fühlten sich wie unsichtbare Klingen an, die durch seinen Verstand schnitt. Jeder Stich brachte eine neue Welle der Angst mit sich, die seine Gedanken in Aufruhr versetzte.

In dieser ständigen Präsenz des Schmerzes und der Angst kämpfte Megumi verzweifelt, seine Psyche nicht komplett zerbrechen zu lassen. Die Vorstellung, dass Geto diesen Moment der Verletzlichkeit ausnutzte, um ihn zu behandeln, machte es kaum erträglich.
Der Gedanke daran, dass jemand, dem er zutiefst misstraute, ihm auf so intime Weise gegenübertrat, war fast unerträglich. Diese Mischung aus Schmerz und dem Gefühl der Entmündigung führte dazu, dass seine mentale Belastungsgrenze immer weiter auf die Probe gestellt wurde.

Getos ruhige Stimme, die ab und zu Anweisungen murmelte oder beruhigende Worte sprach, konnte nur schwer in Megumis gequältem Verstand eindringen. Sie wurden eher zu einem monotonen Hintergrundgeräusch, das nicht über die Schreie seiner inneren Angst hinwegzubringend vermochte.
Der finale Moment, als Geto die letzten Nähte zog und die Wunden versorgte, brachte keine wirkliche Erleichterung. Für ihn war es nicht nur die körperliche Behandlung, die ihn erschöpfte, sondern der ständige mentale Kampf gegen die aufkommende Panik, die Ungewissheit über seine Zukunft und die ständige Präsenz seines Peinigers.

»Wie heißt du?«, fragte ihn der andere. »Megumi« Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass der Mann ihm freundlich zulächelte.
Dieses Lächeln war ihm so fremd geworden, dass er es nur emotionslos erwiderte. »Das ist schon das zweite Mal, dass ich dich zusammennähen muss«, sagte der Mann mit einem leichten Lächeln.

Peinlich berührt wandte er seinen Blick wieder zur Liege, auf der er saß.
Schon beim ersten Besuch hatte ihn der Fremde in dieses kleine Zimmer geführt, und die Tatsache, dass er sich dabei vollständig nackt hatte zeigen müssen, hatte die Situation nicht gerade verbessert. Jetzt, da er wenigstens Kleidung trug, schien es nicht ganz so unangenehm zu sein.
»Mein Name ist Geto. Sumaru Geto«, stellte sich der Mann vor.

Vicious Circle ☆ Sukuna x MegumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt