Chapter 10

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Noahs Sicht

Als mich meine Mutter indirekt am nächsten Tag dazu zwang, sie und Violet zum gemeinsamen Abendessen in die First Class zu begleiten, hatte ich Sebastian nun schon seit mehreren Stunden nicht gesehen.

Direkt am nächsten Morgen, nachdem er von Clive Maynard und dem Sicherheitschef beinahe, wie ein Schwerverbrecher in Handschellen abgeführt worden war, hatte ich Sebastians Vorgesetzen in dessen Büro aufgesucht und versucht, mich über ihn und seinen Verbleib zu erkundigen.

Aber Clive Maynard hatte sich mir gegenüber mehr als bedeckt und abweisend verhalten und so hatte Sebastian nicht einmal für einen kurzen Moment sehen dürfen.

Nun saß ich hier gelangweilt und mit tiefen Augenringen am reich gedeckten Tisch mit den gläsernen Champagnergläsern und der blütenweißen Tischdecke sowie den Servietten aus Seide. Ich stocherte missmutig mit meinem Löffel bereits in dem von den Kellnern servierten Mousse au Chocolat herum, während Violet und meine Mutter beiläufigen Smalltalk mit den anderen Anwesenden am Tisch hielten. Nach einer Weile warf mir meine Mutter einen drängenden Blick zu, welcher mir unmissverständlich klarmachte, dass ich mich doch ebenfalls mit diesen alten Geschäftsfreunden meines Vaters unterhalten sollte.

Aber mir war weder nach Smalltalk zu mute, noch hatte ich Lust, mich der Forderung meiner bestimmenden Mutter zu beugen.

Stattdessen hielt ich in dem großen Speisessaal nach Brody, Sebastians besten Freund, welcher gerade am Nebentisch einer alten Dame ihr leeres Dessert Schälchen abnahm. Hoffentlich wusste er etwas über Sebastians Verbleib und was dieser Major Maynard mit ihm nun vorhatte.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet er den wertvollen Schmuck meiner Mutter gestohlen hatte... Denn solch ein schäbiges Verhalten hätte Sebastian kaum zugetraut und ich machte mir ernsthaft Gedanken, ob meine Erzeugerin dies etwa eingefädelt haben könnte... und ob sie mit Violet unter einer Decke steckte...

Auch wenn ich ihnen solch ein Verhalten ehrlich gesagt kaum zutraute... die beiden waren doch meine Familie und meine engsten Vertrauten... Weshalb sollten sie mir denn gerade so etwas antun?

„Psst.... Brody...", raunte ich leise in Richtung von Sebastians Mitbewohner, welcher augenblicklich in seiner Bewegung innehielt und mich fragend musterte.

„Ich muss mit dir über Sebastian reden... ganz dringend...", flüsterte ich ihm kaum hörbar zu und der gebürtige Australier nickte nun und legte sich unauffällig zwei Finger an den Mund: „Komme nach draußen... ich folge dir dann unauffällig..."
Ich nickte und nachdem Brody schon in Richtung der Küche verschwunden war, erhob ich mich und strich mit einer Hand über mein Hemd, während ich den anderen Anwesenden am Tisch verkündete: „Wenn sie mich bitte für einen Moment entschuldigen würden... aber ich fühle mich heute nicht gut..."

„Soll ich dich etwa nach draußen an die frische Luft begleiten, Noah?", fragte mich Violet und hielt mich sogar für eine kurze Sekunde am Ärmel meines Jacketts fest.

„Nein, danke... ist schon gut, Vi...", entgegnete ich ihr daraufhin mit einem entschuldigenden Lächeln und verabschiedete mich von den älteren, gut betuchten Herrschaften am Tisch, während mich meine Mutter immer noch leicht misstrauisch beobachtete.

Ich wusste gar nicht, was sie den Geschäftsfreunden und Partnern unserer Firma als Grund für meinen heftigen Aussetzer des gestrigen Abends verkauft hatte. Eventuell hatte sie ihnen ja glaubhaft gemacht, dass ich lediglich an vorübergehender, geistiger Umnachtung gelitten haben oder dass ich vielleicht ein wenig zu viel des teuren Rotweins erwischt hatte.

Egal, was sie ihnen wohl für ein Märchen aufgetischt hatte... Es würde nichts daran ändern, was ich im Inneren meines Herzens für Sebastian fühlte... Und niemals würde ich ihn jetzt im Stich lassen!

Ocean Eyes #LGBT Gay RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt