Chapter 3

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Wie immer war heute Abend auf der Arbeit wie erwartet die Hölle los. Denn die Stimmung war gut ausgelassen, die Jazz Band spielte fantastisch und der Alkohol floss in Strömen und ich und die anderen Aushilfskellner kamen beinahe mit dem Nachfüllen der Champagner- und Weingläser hinterher.

Und natürlich hatte ich bereits beim Empfang meinen Exfreund zusammen mit seiner werten Frau Mama sowie seiner reizenden Begleitung unter der riesigen Menge an Gästen der First Class erspäht.

Aus der Entfernung konnte ich das samtrote Abendkleid von Violet erspähen und selbst Fremde mussten zugeben, dass sie in diesem edlen Aufzug mit Noah zusammen ein perfektes Pärchen abgaben. Der perfekte, amerikanische Traum...Gutaussehend, gebildet und nicht zu vergessen- stinkreich!

Ich seufzte, denn selbst in diesem gutsitzenden Smoking, den wir hier als Kellner auf der SS. Oceania tragen mussten, würde ich wohl niemals an die Schönheit von Noahs Verlobter heranreichen können. Ich beobachtete, wie der Blondhaarige nach einer Weile etwas zu seiner Mutter sagte und daraufhin sein halbvolles Weinglas in einem Ruck leerte. Dann griff er nach seinem Jackett und fuhr sich mit einer Hand über sein Gesicht, bevor er sich auf den Weg nach draußen zum Außendeck machte.

Und natürlich kam in diesem Augenblick mein dummes, verliebtes Herz nicht gegen meinen Kopf und meinen Verstand an, sodass ich Brody kurz etwas zuflüsterte (dass er mich decken sollte, falls Clive Maynard nach mir fragen ließ) und im Anschluss daran meinen Exfreund nach draußen folgte und ebenfalls das Bordrestaurant verließ.

Ich hielt mich zunächst im Hintergrund und folgte dem Blondhaarigen unauffällig von einer gewissen Entfernung, sodass ich mir beinahe wie Daniel Craig in einem der Bond- Filme vorkam und als wäre Noah der Bösewicht in der gesamten Story, den ich auf keinen Fall aus den Augen verlieren durfte.

Selbst aus dieser Entfernung konnte ich erkennen, dass Noah heute nicht gut aussah... Naja, nicht gut war Ansichtssache, denn natürlich saß der maßgeschneiderte Anzug perfekt an ihm. Jedoch wirkte sein Körper magerer als sonst, sein hübsches Gesicht war eingefallen und er wischte sich immerzu mit einer Hand über die Augen, während er in Richtung des Bugs des Schiffes steuerte.

Er schwankte auch leicht sogar, dass ich annehmen musste, dass er heute wohl nicht gerade wenig Alkohol seinem schlanken Körper zugeführt hatte. Ich seufzte, denn Hochprozentiges hatte der Blondhaarige schon damals, als wir uns kennengelernt hatten, kaum vertragen...

„Was hatte er nur vor?", stellte ich an mich in Gedanken selbst die Frage und runzelte die Stirn, als sich Noah gerade an das hohe Sicherheitsgeländer des Bugs lehnte und nachdenklich in die dunkle See hinabstarrte. Erst als er Anstalten machte, mit zittrigen Gliedern auf den Rand der Reling zu klettern, erwachte ich aus meiner Starre und stürmte auf meinen Exfreund zu.

„Was machst du denn, du Idiot?", wollte ich aufgebracht zu ihm wissen, als ich ihn von dort wegzerrte. Denn auf mich hatte es beinahe so gewirkt, als hätte sich Noah in die See stürzen wollen.

Sein dünner Körper bebte in meinen Armen und obwohl ich wusste, dass es falsch war, schloss ich ihn daraufhin nur noch enger in meine Umarmung. Obwohl es mich am gesamten Körper erregte und mein kaltes Herz vor Zuneigung und Liebe gegenüber dem Blonden aus seinem Winterschlaf erwachte, konnte ich Noah nach dieser schockierenden Entdeckung nicht einfach so gehen lassen.

„Sebastian... was machst du denn hier?", murmelte er leise und ich flüsterte ihm zu, während ich meinen Kopf auf seinen blonden Strähnen ablegte: „Tut mir leid, aber ich bin dir vorhin gefolgt..."

Als Noah immer noch nichts darauf antwortete, erklärte ich ihm: „Du sahst vorhin im Bordrestaurant nicht gut aus..."

„Also rein äußerlich schon, nichts könnte deine Schönheit entstellen, Noah", stammelte ich verlegen und spürte, wie mein Gesicht trotz der Abendkälte sich bereits leicht rötlich färbte und der Blondhaarige lächelte kurz traurig auf und ich grinste auch schief, bevor ich wieder ernst wurde.
Ich schluckte tief: „Du wolltest dich aber nicht in die See... oder doch?"

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