7. Türchen

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„Man Andreas! Geh mir doch aus dem Weg", schimpfte Stefan und drückte sich an mir vorbei in Richtung Kasse.

Wenn man alleine in der Hütte stand, wirkte sie irgendwie so groß, aber mit meinem Bruder zusammen hier drinnen, während wir beide versuchten irgendwie zu arbeiten, war es dann doch eher wie in einer Sardinendose.

Dass noch dazu echt die Hölle los war und wir kaum hinterher kamen Tassen zu befüllen, half nicht gerade dazu. Stattdessen fuhren wir uns einfach dauerhaft gegenseitig an, weil wir uns im Weg standen. Die Spülmaschine lief auch im Dauerbetrieb. Kaum war sie fertig, wurde sie von einem von uns ausgeräumt und mit den gestapelten, benutzten Tassen wieder gefüllt.

Wer hätte gedacht, dass Glühwein ausschenken wie Akkordarbeit war...

Heute war das Wetter wieder richtig gut. Es war zwar immer noch arschkalt, aber der Schneefall und der Wind waren weg, sodass es sich etwas wärmer anfühlte. Zudem sah alles super weihnachtlich aus, da über Nacht noch mal mehrere Zentimeter Schnee gefallen waren, die durch die Minusgrade nicht wegschmolzen.

Dem waren auch die zahlreichen Menschen geschuldet. Es war gerade mal Mittag, also eine Stunde nach Öffnung des Marktes, und es war jetzt schon völlig Land unter. Stefan und ich schlugen uns wacker, aber wenn die Nachfrage an Heißgetränken den restlichen Tag so anhalten würde, machte ich mir schon etwas Sorgen um unseren Vorrat. Hinter dem roten Stoff standen zwar noch zahlreiche Flaschen vorrätig, aber die mussten nicht nur heute, sondern auch noch morgen reichen. Andernfalls müsste ich heute Nacht noch eine Kochsession einlegen, um morgen noch genügend zu haben.

Mit Weihnachtsidylle hatte das heute auch nichts mehr zu tun. Die Menschen schoben einander regelrecht durch den Markt und drängten sich wie Erfrierende um die Feuertonnen. Die Schlangen an den Bratwurst- und Glühweinständen waren schier endlos und selbst die Sockendame mir gegenüber kam kaum mit ihrer Kundschaft hinterher.
Da konnte nicht einmal mehr die besinnliche Weihnachtsmusik oder die weiße Winterlandschaft etwas ändern.

Heute war ich erstmals wirklich froh, wenn der Tag endlich vorbei war.

„Wir haben fast keine Euros mehr", ließ Stefan mich wissen und drückte sich im nächsten Moment wieder an mir vorbei zu der Dame, die noch auf ihr Pfand wartete.

Auch das noch...
Ich seufzte angestrengt auf und warf einen Blick über die noch anstehenden Leute, während ich abwägte, ob es sinnvoller war Stefan kurz alleine zu lassen, um neue Euros zu holen, oder ob ich einfach hoffen sollte, dass die nächsten Kunden nur mit lauter Euros bezahlen würden.

Ich seufzte erneut. Option zwei war Schwachsinn, deswegen holte ich ein paar Scheine aus unserer Kasse und rief Stefan zu, dass ich gleich wieder da war. Dafür erntete ich zwar einen bösen Blick von meinem Bruder, weil ich ihn alleine ließ, aber das war mir gerade herzlich egal. Die Blamage, kein Pfand mehr rausgeben zu können oder kein Wechselgeld mehr zu haben, wollte ich wirklich verhindern.

Der Schnee und der Kies knirschten unter meinen Winterboots als ich mich durch die Massen wuselte, um beim Eingang des Marktes, der Eintrittspreis betrug zehn Euro, was in meinen Augen fällig angebracht war, immerhin gab es ein abwechslungsreiches Showprogramm, das nicht nur für Kinder schön anzusehen war, meinen Schein in Münzen wechseln zu können.

Die Sonne blitzte hell vom blauen Himmel, wodurch der Schnee märchenhaft glitzerte. Dazu hüpften gerade wieder Wichtel durch die Gäste, was das alles noch märchenhafter aussehen ließ.

Last Christmas I gave you my heart, but the very next day you gave it away. This year, to save me from tears, I'll give it to someone special", sang ich mit leiser Stimme die Musik aus den Lautsprechern mit und konnte dabei nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinen Lippen bildete.
Egal wie viel Stress war, das hier machte mir doch richtig Spaß. Die Musik, der Schnee und die Gäste, die allesamt ebenfalls ein Lächeln auf den Lippen trugen.

Glühwein - selfmade by Andreas ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt