Zurück in den Ozean

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Dunkle Augen bohrten sich in seine und Harry zuckte zurück. Dabei stieß er gegen die Tonne und im Inneren tschilpte Cosmo erschrocken. Harry ballte die Fäuste, baute sich so groß auf wie er konnte, wissend, dass es nicht beeindruckend war, und fletschte die Zähne. Seine Zähne waren spitzer als menschliche und dürften seine nichtmenschliche Natur verraten.

Aber das störte Harry nicht. Er war voll auf das Verteidigen des Junglings hinter sich konzentriert, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er gegen den anderen eine Chance hatte. Der Mensch war größer als er und deutlich muskulöser und irgendwie erinnerte er Harry ein wenig an Seth, auch wenn er selbst nicht wusste, warum.

Der Mensch erwiderte das Knurren, auch seines klang nicht menschlich. Es war anders, tiefer und gefährlicher als das eines Menschen je sein konnte. Und Menschen hatten auch nicht die Angewohnheit nackt herumzulaufen. Aber das Wesen vor Harry war so nackt wie er selbst.

„Du hast kein Recht hier zu sein!"

Harry spürte, wie sauer er war, als er diese Worte hörte. „Kein Recht?! Hörst du dir selbst überhaupt zu?! Ihr entführt eines unserer Kinder und fragt dann nach Recht!? Wollt auch noch, dass wir euch respektieren?!" Harrys gesamte Körper schien unter Storm zu stehen und Hitze ballte sich tief in seinem Magen.

Das Wesen sah ihn an, starrte schon. Als sein Blick aber zu dem Fass hinter ihm wanderte und Harry hörte, wie Cosmo wieder untertauchte, fühlte sich die Hitze blendend weiß an und schien über seine Haut zu tanzen. Flackern zog einen Moment seine Aufmerksamkeit auf sich. Licht tanzte wie Feuer über seine Haut und fing nicht nur seine Aufmerksamkeit.

„Was bist du?!" Harry antwortete ihm nicht. „Antworte mir!" Das Wesen rannte auf Harry zu und für einen Moment flackerte in ihm auf, dass er ausweichen musste. Aber direkt hinter ihm war die Tonne und Cosmo und er blieb, wo er war. Die Hitze sammelnd konzentrierte er sie vor sich und das Wesen knallte dagegen.

Er konnte sich noch immer nicht entscheiden, was der andere war. Er war definitiv kein Mensch, aber was er war, dass wusste Harry auch nicht. Aber langsam begannen sich Theorien zu formen, als das Wesen auf dem Boden aufkam und sich schüttelte, ehe er sich in einen gewaltigen Wolf verwandelte. Harry konnte nur starren.

Es gab wirklich Werwölfe? Er schüttelte den Kopf. Es gab Meermenschen, also warum sollte es keine Werwölfe geben? Wer war er, um zu sagen, dass in der Welt nur normale Dinge existierte? Der Wolf fletschte die Zähne und das war nun bei weitem beeindruckender als Harrys eigene gefletschte Zähne.

Der Wolf kam auf ihn zu. Cosmo gab ein angsterfülltes Geräusch von sich. Das brachte Harrys Wut zurück. Der Werwolf hatte mit den Menschen gearbeitet, die Cosmo genommen hatten. Sie hatten ihn in ein kleines Fass gesperrt. Sie hatten ihn genommen und in Gefahr gebracht. Harry würde ihm nicht vergeben.

Als wäre ein Damm in seinem Inneren gebrochen strömte die Wärme aus ihm heraus und in die Umgebung. Harry konnte Wasser rauschen hören und es beinahe in der Luft schmecken, ehe er es sehen konnte. Der Weg vom Meer her füllte sich mit Wasser. Meterhoch, beinahe wie ein gewaltiger Schlauch, schoss es auf ihn zu. Der Wolf wurde erfasst und mitgerissen. Harry und das Fass wurden sanft umhüllt und Harrys Gestalt wechselte automatisch wieder.

Er packte Cosmo und presste den Jungling gegen seine Vorderseite. Ohne auf den Wolf zu achten beschleunigte Harry und schoss auf den Ozean zu, bevor das Wasser sich wieder zurückzog und sie noch immer auf dem Land festhängen würden. Aber sie erreichten den Ozean und die Wassermasse hing noch immer konstant über dem Land.

Harry ließ Cosmo los und untersuchte ihn hektisch. Besonders die Kiemen am Hals und über den Rippenbögen wurden vorsichtig untersucht, aber sie schienen keinen Schaden genommen zu haben. Ein kleiner Schnitt in einer der Schmuckfinnen würde für Cosmo ein Problem darstellen, wenn er es bemerkte und wieder ruhig war.

Im Moment war er aber im mentalen Status eines kleinen Junglings. Wimmernd schloss er seine Arme um Harrys Hals, als dieser mit der Untersuchung fertig war, und drückte sich an Harrys Rücken. Seine Fluke schlang sich in einer Imitation von dem Verhalten von Babys um Harrys Hüfte. Harry seufzte und strich über die Fluke. Er ahnte bereits, dass Cosmo nicht loslassen würde.

Erschöpft hob er den Kopf und besah sich den Wassertunnel. Dieser kollabierte in dem Moment, in dem die Hitze verschwand und Harry am liebsten auf der Stelle eingeschlafen wäre. Es schien mit einem Mal schon zu viel Energie zu kosten nur die Augen offen zu halten.

Aber er war noch immer nahe der menschlichen Boote. Hier konnte er nicht bleiben. Die Menschen würden sie sofort wiederfinden und sie dann vermutlich beide in die kleine Tonne stecken. Er musste Cosmo zurückbringen. So sehr er die Höhle auch hasste, wenn er darin festhing, dort waren sie vor den Menschen sicher. Und auch vor den Werwölfen.

Er fragte sich, ob Victorian wusste, was ein Werwolf war. Oder auch nur ein Wolf. Während seiner Zeit bei den Meermenschen hatte er nie von diesen Wesen gehört, aber von anderen mystischen Biestern, die zum großen Teil tief in den Meeren lebten. Von Göttern und Halbgöttern, von einem verbotenen Gott halb schwarzer Engel, halb Meermensch. Von Pferden mit Fischleibern. Von gewaltigen Kraken und Schattenartigen Kreaturen, die wie Tinte im Wasser lebten.

Aber eigentlich war es egal. Alles war sie wissen mussten war, dass es über Wasser gefährlich war. Wenn die Werwölfe mit den Menschen arbeiteten und ihn daran hindern wollten, einen Jungling zurückzuholen, dann waren sie Feinde. Sie mussten sich vor ihnen in Acht nehmen. Harry selbst wusste nichts von ihnen und er nahm nicht an, dass die Meermenschen mehr über sie wussten.

Endlich erreichte er die Bucht und kam nah an die Höhle. Aus der kam Dacen und gab ein erleichtertes, blubberndes Geräusch von sich, als er Cosmo entdeckte, der noch immer an Harry hing. Harry musste lächeln. So sehr Dacen sie auch kleine Monster nannte, er hatte sie doch in sein Herz geschlossen.

Von Victorian kam dasselbe Geräusch als Antwort und Dacen half Harry dabei, Cosmo von sich zu wickeln. Gemeinsam schafften sie es den schlafenden Jungling in die Höhle zu schaffen, wo er direkt von Victorian in die Arme geschlossen wurde. Dieser untersuchte den Kleinen und legte ihn dann bei den anderen, mittlerweile schlafenden Junglingen ab. Die Gruppe kuschelte sich zurecht, wachte aber nicht auf.

Harry gähnte. „Gefahr... Werwölfe... Menschen... Wölfe." Er schaffte es nicht mehr, die Augen offen zu halten. Flatternd schlossen sich seine Lider und Harry sank auf den Boden, wo er sich zusammenrollte und einschlief.

Wolf und WalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt