Es klopft an der Tür. Carden steht vom Bett auf und öffnet diese. Ich sehe nicht was vor sich geht, doch kurze Zeit später kommt er mit einer dampfenden Schüssel wieder. Der Duft steigt mir in die Nase und sofort läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Carden setzt sich neben mich und hält mir einen vollen Löffel vor die Nase.
„Willst du mich etwa füttern?"
Er nickt. „Deine Arme sind verletzt. Ich will nicht, dass die Wunden wieder aufbrechen."
Ich sehe ihn verständnislos an.
„Lass es bitte zu."
Ich öffne den Mund und lasse mich von ihm füttern. Es tut gut etwas zu essen. Die Nudelsuppe ist die beste die ich je in meinem Leben gegessen habe. Ich esse jeden Löffel, den er mir reicht, bis die Schüssel leer ist.
„Danke", murmle ich.
„Dafür bin ich da. Um mich um dich zu kümmern. Mir ist es gleich in welcher Situation. Ob wir streiten oder uns nicht ausstehen können, ich werde immer da sein und mich um dein Wohlbefinden zu kümmern. In guten wie in schlechten Zeiten", sagt er und stellt den Teller beiseite.
„Du willst mich immer noch heiraten, habe ich recht?"
„Ja, du hast mich von der ersten Sekunde an verzaubert. Zuerst dachte ich, dass ich mich selbst dazu zwingen muss. Der Plan wurde schon weit aus im Voraus geplant. Bis zum Turnier dachte ich, es sei nur ein Gerücht, dass sich die Bürger erzählen."
„Aber es kann doch nicht Liebe auf den ersten Blick sein. So etwas gibt es nur im Märchen."
„In Erzählungen steckt immer ein Hauch Wahrheit. Auch wenn sie noch so klein ist."
„Meine Meinung zu der Hochzeit hat sich nach wie vor nicht geändert" sage ich trotzig.
„Sie es als Freundschaft. Du musst mich nicht lieben. Doch ich würde es mir wünschen."
„Du wünscht dir so einiges, nicht wahr?"
Er lacht auf. „Mit Liebe wäre alles so viel einfacher. Küssen, tanzen, Kinder erziehen."
„Da hast du Recht", sage ich und meide seinen Blick.
„Ruh dich aus und schlaf für ein paar Stunden. Morgen wird ein langer Tag. Ich habe viel mit dir vor, meine Schöne."
„Wo wirst du schlafen?" Ich kuschle mich weiter in die warme Decke.
„Neben dir." Carden wendet sich von mir ab und zieht sein schwarzes Hemd aus. „Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind, möchte ich mit dir das Bett teilen."
Ich merke, wie ich seinen Rücken anstarre. Durchtrainiert und muskulös. Meine Wangen brennen wie Feuer und ich drehe mich auf die Seite.
„Du darfst mich auch ohne Kleidung sehen. Schließlich werden wir bald bis zum Tode vereint sein", sagt er und ich höre, wie er die Decke beiseitelegt und sich ebenfalls auf die weiche Matratze legt.
„Ist es dir unangenehm, mich so zu sehen?" Er legt seine Hand auf meine Schulter.
Ich drehe mich zu ihm um und sehe nun in sein wunderschönes Gesicht. „Ich lasse nur wenige Menschen mich berühren."
„Warum?", haucht er und sucht in meinen Augen nach einer Antwort.
„Mir wurde wehgetan. Vor einiger Zeit wurde mir mein Herz gebrochen. Damals in meiner Welt. Ich liebte einen Jungen, doch er hatte mich für ein anderes Mädchen verlassen."
„Wie töricht er war. Einer solchen Schönheit das Herz zu brechen. Man müsste ihn dafür hinrichten."
Ich lächle leicht. „Das würde es auch nicht rückgängig machen." Ich atme schwer aus. „Es kommt mir vor wie Deja Vieux."
„Ich werde dich bis zum Tod lieben. Das schwöre ich dir."
„Wie oft sagst du mir das noch?"
„Solange es braucht, bist du mir glaubst und verfällst."
Ich sehe ihn nur an. Ohne auf seine Aussage zu reagieren. „Schlaf jetzt."
„Wie die Königin es mir befielt."
Carden schließt die Augen. Auch ich versuche ein wenig Schlaf abzubekommen. Ich weiß nicht was auf mich zukommt, doch es ist besser, wenn ich dafür ausgeschlafen bin.
Doch es ist nicht so einfach zu schlafen. In einem fremden Bett. Neben der Person, die mich entführt hat, mich heiraten will und meine Welt versklaven möchte. Nur damit er Aufmerksamkeit und Anerkennung von seinem Vater bekommt. Eine schwachsinnige Idee. Doch er glaubt fest an die Prophezeiung.
Genervt öffne ich meine Augen und starre an die dunkle Decke. Schlaf ein, schlaf ein, schlaf ein, flüstere ich mir zu. Doch es hilft nichts. Ich drehe mich hin und her und bleibe schließlich auf einer Seite liegen. Es ist die Seite, auf der Carden eingeschlafen ist.
Ich beobachte ihn. Wie kann eine Person mit solch fiesen Hintergedanken stur und doch so sanft sein? Immer wieder sagt er mir gegenüber Dinge, die er mit mir machen will und versucht mir nahe zu sein, doch auf der anderen Seite ist er mitfühlend und erwachsen. Er bemüht sich wirklich, dass ich mich bei ihm wohlfühle. Das ich ihm vertraue. Das ich ihn liebe.
Doch Liebe kommt nicht einfach so. Sie ist nicht über Nacht da und bleibt für immer. Sie braucht Zuwendung. Vertrauen. Verständnis. Am meisten braucht sie Zeit. Zeit sich zu entwickeln. Sich zu entfalten. Wie eine Raupe die sich in einen Schmetterling verwandelt. Nur dann kann ein glückliches Beisammen leben funktionieren.
Werde ich hier jemals glücklich werden? Es sind zwar nur anderthalb Tage, doch es fühlt sich so an wie eine Ewigkeit. Ich weiß nicht, wie lange ich es aushalten kann. Der Ausbruch vor ein paar Stunden hat gezeigt, dass ich einen Kampf mit mir selbst führe. Bei diesem Kampf habe ich mich verletzt. Zwar unabsichtlich. Doch was spielt das für eine Rolle?
Ich darf nicht die Hoffnung verlieren. Die Hoffnung das jemand kommt und mich von hier wegholt. Kian. Fynn. Es ist mir egal wer es ist. Hauptsache ist, dass ich von dieser Insel herunterkomme. Denn Carden lässt sich nicht überzeugen. Er bleibt hartnäckig. Ebenso wie ich. Das haben wir gemeinsam. Wir lassen an unseren Überzeugungen nicht locker. Egal wie sehr jemand versucht daran zu rütteln oder uns etwas anderes erzählt. Wir bleiben bei unserer Meinung und verteidigen diese aufs bitterste. Ich denke nicht, dass ich ihn ändern kann. Ich will es nicht. Zudem wäre es das Klischeehafteste, was es gibt. Fast jedes Buch, was ich gelesen habe, hat diese eine Szene, indem der Hauptcharakter davon überzeugt ist, den Bösen zum Guten zu bringen. Die Frage ist: Will Carden das überhaupt?
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Enchanted by you
FantasíaFictional Boyfriends can be real ... Ein Bücherwurm in Harvard entdeckt eine Welt voller Magie, als der Protagonist eines Fantasy-Romans plötzlich vor ihr steht und sie gemeinsam zwischen der modernen Welt und einem faszinierenden Königreich Gefahre...