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„Du blödes Arschloch!!", schimpfte ich meinen Bruder an, der mich soeben gegen die Wand geschubst hatte um als erster im Bad zu sein. Wir haben ein recht großes Haus, aber nur zwei Bäder. Eins davon ist das von meinen Eltern. Ich bollerte mit den Fäusten gegen die Badezimmertür. „y/b/n!! Mach auf!!", schrie ich durch die Tür.
„Spinnst du?! Ich geh jetzt duschen", provozierte er. Ich verdrehte die Augen und sah auf meine Armbanduhr. Es war kurz vor neun. Ich kam definitiv zu spät.
„Wegen dir komm ich noch zu spät!!"
„Da hast du Pech Schwesterlein", sang er in einem hohen Ton.
Ich verdrehte die Augen, trat nochmal wütend gegen die Tür und verkroch mich wieder in meinem Zimmer. Aus meinem Schrank zog ich eine Jeans und ein Shirt, die ich mir, nachdem ich mich frischgemacht hatte, anzog.
Ich packte mir einen kleinen Rucksack und stolperte im gleichen Moment die Treppen runter in die Küche. Mein Vater telefonierte soeben. Als ich an ihn vorbei ging, hielt er mich an der Taille fest, zog mich zu sich und gab mir einen dicken Kuss auf die Stirn. Das tat er immer. Das war seine Art mir zu sagen, das er mir entweder einen guten Morgen wünschte, oder mir sagte, dass er mich lieb hatte. Meistens sogar beides. Ich sah ihn nicht so oft. Er arbeitete, wenn man es so nennen darf, immer und ich war im Krankenhaus und arbeitete dort. Zwar erst seid zwei Wochen, aber immerhin. Ich schnappte mir einen Apfel und gab beim vorbeigehen meiner Mutter, die gerade die Zeitung laß, einen Kuss auf die Wange. „Bye", ich winkte und ging aus der Tür.

Ungern fuhr ich mit dem Auto zur Arbeit, weil sonst würde das arrogant rüber kommen und das war das letzte was ich wollte. Ich wartete also wie jeden Morgen auf die Straßenbahn, die in einigen Minuten kommen sollte. Plötzlich rempelte mich jemand an. Ich stolperte ein paar Schritte zurück, bevor ich mein Gleichgewicht wieder fand. „Verzeihung", entschuldigte sich mein Anrempler. „Schon in Ordnung", sagte ich schüchtern. Er lief weiter und ich sah ihn verwirrt hinterher. Bevor ich irgendwie weiter drüber nachdenken konnte, sah ich wie die Straßenbahn um die Ecke bog. Sie hielt quietschend vor mir.

***

„Du kommst zu spät", meckerte meine Vorgesetzte. „Entschuldigung..das Bad war besetzt"
„schieben sie es nicht darauf, sie sind schuld. Ganz allein sie. Sie hätten früher aufstehen sollen", sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf mich. Jeden Morgen dasselbe. Man konnte sich nie verteidigen. „Kommt nicht mehr vor"
„Das haben sie mir gestern schon gesagt", zickte sie. Ich ließ den Kopf hängen.
„Nun gehen sie. Na los!"
Ich stackste aus dem Teamzimmer und setzte mich an den Schalter. Ich ließ mich förmlich in den schwarzen Lederstuhl fallen. So alt wie der schon war, dank ich in dem Stoff ein. Der Bildschirm flackerte auf und ich verschob die Termine, wie es mir vorgegeben war. Der Job war echt langweilig, aber vielleicht würde ich ja ganz bald auch im OP stehen, oder so. Meine Vorgesetzte lief an dem Schalter mit einer hochgezogenen Augenbraue vorbei. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mich nicht leiden konnte..ach was redete ich denn da. Das konnte selbst ein blinder mit Krückstock sehen, das die alte mich nicht leiden konnte. Nichts gegen Billy, der war nett. Das Telefon ging mit einem schrillen riiiiinngg neben mir. Ich hob ab und ratterte die ganze Begrüßungsformel, die ich zuvor auswendig lernen musste, herunter. Als ich endlich aufatmen konnte und auf eine Antwort von der anderen Seite wartete, war ich enttäuscht. Keiner antwortete.
„Hallo?"
Alles für nichts?!
Ein einziges lautes Atmen war zu hören.
„Hallo?", fragte ich erneut.
Ich legte den Hörer auf die Gabel und sah verwirrt zurück zum Bildschirm.
„Entschuldigen sie Ms", grüßte eine tiefe Stimme hinter meinem Bildschirm. Ich zuckte zusammen. „Verzeihung ich wollte sie nicht erschrecken"
Ich sah hoch und erkannte den jungen mann von heut morgen. Er fuhr sich durch seine dunklen Locken. „j-ja Verzeihung", stotterte ich.
„Ich wollte jemanden besuchen"
„Ja k-klar wie ist der name?"
„Green"
Ich sah erneut zu ihm hoch.
„Sie sind mit billy verwandt?", fragte ich interessiert.
„Nein. Ich bin ein Freund", sagte er.
„Oh-", ich gab ihm ein Schild, wo in dicker schwarzer Druckschrift draufstand „Besucher"

ᕼE ᔕEEᔕ YOᑌWo Geschichten leben. Entdecke jetzt