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„Das ist auch besser so. Verstehe mich nicht falsch, aber ich wäre bescheuert, wenn ich mein Leben für jemanden riskieren würde, den ich nicht einmal kenne." Chishiya betonte den Satz so absurd, dass er mich damit zu einem kurzen Lachen brachte. „Das würde ich auch nicht tun", bestätigte ich ihn. „Schön, dass wir uns da einig sind." Ich lächelte, doch er verzog keine Miene. „Ich verstehe das also richtig, dass Aguni auch ein Teil vom Militärtrupp ist?" „Dein Bruder ist sogar der Anführer." „Deshalb hat dieser Niragi auf ihn gehört. Verstehe", nickte ich. „Du verstehst gar nichts", entgegnete jedoch Chishiya und ich sah ihn fragend an. „Wenn die Nummer 1 nicht mehr existieren würde, dann gäbe es hier keinen Frieden mehr. Dann würde der Militärtrupp die Führung übernehmen und wie das ausgeht, das können wir uns ja denken", sprach er. „Dann darf der Hutmacher einfach nicht sterben. In den Spielen ist er bestimmt gut." „Er muss ja nicht in den Spielen sterben. Es könnte jederzeit ein Konflikt zwischen ihm und dem Militärtrupp auftreten. Ich glaube, er würde den kürzeren ziehen." „Ich glaube nicht, dass das passieren wird", schüttelte ich den Kopf. Chishiya zog seine Augenbraue hoch. „Wieso glaubst du das?" „Na, weil.." Euphorisch wollte ich gerade drauf los reden, dass mein Bruder und Takeru beste Freunde sind und Aguni das deshalb nicht zulassen würde, aber anhand seiner Aussagen und Fragen merkte ich noch früh genug, dass die Freundschaft der zwei hier wohl kein Thema ist. „Weiblicher Instinkt", sagte ich dann knapp. „Weiblicher Instinkt? Du wolltest etwas anderes sagen." „Willst du deine Augenbraue eigentlich bis zum Himmel ziehen?", wechselte ich fragend das Thema. Chishiya sah mich verdutzt an. Das war das erste Mal, dass ich ihn so perplex sah. „Ich kann dir gerne mal dein Gesicht massieren, damit sich das etwas lockert", zwinkerte ich dann und entschied mich dafür, an ihm vorbei zu gehen, um meinen Bruder aufzusuchen.

Nachdem ich ihn nirgends auf der gesamten Beach Anlage finden konnte, lief ich durch die langen Flure, ein Stockwerk höher als mein Zimmer war und steuerte die Tür an, die sich genau oberhalb von meiner befand. Laut klopfte ich gegen diese und als sie geöffnet wurde, war ich gerade schon dabei, hinein zu gehen, ging dann aber einen Schritt zurück, weil Niragi mit seiner Waffe in der Hand, das Zimmer verließ. „Schade um dich", murmelte er, musterte mich von oben bis unten und ging dann an mir vorbei. Ich blickte ihm noch hinterher, betrat dann aber das Zimmer meines Bruders. „Es tut mir leid, dass Niragi das getan hat. Ich habe mit ihm gesprochen", entschuldigte er sich. Ich zuckte mit den Schultern: „Ist schon in Ordnung. Es ist ja nicht mehr passiert." Aguni lächelte, dann deutete er an, dass ich mich zu ihm setzen soll. „Ich hab gehört, dass du der Anführer des Militärtrupps bist", sagte ich, nachdem ich mich setzte und Aguni nickte. „Was meinte Chishiya damit, dass du die Dinge lieber mit Gewalt klärst?", fragte ich nach. „Hat er das gesagt?" „Würde ich sonst nachfragen?" „Würdest du ihm auch glauben, wenn er dir erzählt, dass Kaninchen rosa sind?" „Lenk nicht so lächerlich von dem Thema ab, Aguni. Beantworte mir die Frage." „Die dritte Regel. Verräter werden getötet. Das gehört dazu", sagte er trocken und ich schüttelte den Kopf. „Die Leute hier wissen nicht einmal, dass du und Takeru beste Freunde sind. Warum?" „Takeru hat sich dafür entschieden, weil er glaubt, dass das besser so ist. Wenn die Leute denken, dass zwischen uns Spannung herrscht, dann bleibt der Beach lebendiger." Ich wusste nicht, ob ich über diese Aussage lachen oder weinen sollte. „Du solltest dich langsam von den Gedanken verabschieden, dass man hier mit Friede-Freude-Eierkuchen überleben kann. Diese Welt ist hart, kalt, gefährlich und berechnend. Mit Warmherzigkeit kommst du hier nicht weit, Saskia", sprach mein Bruder zu mir. „Blödsinn. Nur weil hier tödliche Spiele gespielt werden, heißt es nicht, dass sich mein Charakter zum schlechten drehen muss. Ich weiß, dass du eigentlich auch kein schlechter Mensch bist. Du hast nur in der Zeit hier vergessen, dass zu zeigen." Aguni lachte und schüttelte den Kopf: „Zu dir werde ich immer ein guter Mensch sein, Schwesterherz. Ich liebe dich und ich werde alles dafür tun, dich zu schützen. Aber die anderen.. die müssen das nicht wissen. Es ist besser, wenn sie Angst vor einem haben, dann ist man hier sicherer." „Na, wenn du das sagst, dann wird das wohl so sein." Mit diesen Worten beendete ich unser Gespräch, stand auf und wollte sein Zimmer wieder verlassen.

„Schwesterherz?", ertönte seine Stimme jedoch noch, kurz, bevor ich die Tür öffnen konnte. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. „Du solltest dich von Chishiya etwas fern halten. Er ist zwar sehr schlau und er kann auf dich aufpassen, weil ich es ihm sage, aber du kannst ihm nicht zu 100 Prozent vertrauen." Ich wollte etwas sagen, aber nickte dann nur, um anschließend sein Zimmer zu verlassen. Erst sagt er, dass ich bei Chishiya sicher bin und jetzt, dass ich ihm nicht vertrauen kann. Manche Dinge sollte man einfach nicht näher hinterfragen.

Magical Hearts » Chishiya || Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt