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Ich suchte Aguni auf. Statt in seinem Zimmer war er in dem Versammlungssaal. Er stand mit dem Rücken zu mir, an einem Fenster. "Ich will alleine sein", sagte er, ohne zu schauen, wer überhaupt hier stand. "Sicher?", fragte ich und ging ein paar Schritte auf ihn zu. Er hob seinen Kopf und drehte sich zu mir um. "Er war auch wie ein Bruder für mich", sagte ich dann. Aguni sagte nichts, sondern er ließ sich einfach in den Arm nehmen. "Er war mein bester Freund", sagte er dann, den Tränen nahe. "Ich weiß", nickte ich. "Ich hab ihn am Ende nicht mehr wieder erkannt. Er war so anders, er war so machtbesessen. Er hat sich nicht von diesen blöden Spielkarten abbringen lassen. Er wollte immer mehr, mehr und mehr", erzählte er. "Was möchtest du mir damit sagen, Aguni?" Verwirrt blickte ich ihn an. "Wir haben uns gestritten. Wir haben uns ständig gestritten", sprach er weiter. "Ich bin so wütend!", schrie er dann und warf ein Glas gegen die Wand. Ich schreckte auf. "Aguni..", murmelte ich.

Auf einmal leuchtete der Fernseher auf. Sofort schauten wir beide dort hin. "Der Beach ist ein Spielort", sagte Aguni dann. "Schwierigkeitsgrad Herz 10", sagte dieses Mal eine männliche Stimme. "Die letzte Karte", stellte ich fest. "Los, komm." Aguni und ich liefen zum großen Saal und registrieren uns.

"Spiel: Hexenjagd. Ziel: Finde die Hexe und verbrennt sie auf dem Scheiterhaufen in der vorgegebenen Zeit. Zeitdauer: 2 Stunden."

Vor uns lag die Leiche von Momoka, mit einem Messer in ihrer Brust. Unsere Aufgabe war es, die Hexe, die Momoka umbrachte, zu finden. Alle waren im Saal versammelt. Ich erblickte sogar Chishiya und Kuina, die gerade dabei waren, den Saal zu verlassen. "Geh mit Chishiya. Bei ihm bist du sicher", sagte Aguni. "Nein", schüttelte ich mit dem Kopf. "Doch, los!" Aguni schrie mich an. Von der vorherigen Trauer war nichts mehr übrig, er war voller Wut. Böse blickte er mir in die Augen. Angst vor dem, was passieren könnte, trat ich zurück und folge Kuina und Chishiya.

"Hey ihr zwei, wartet Mal", rief ich und beide blieben stehen. "Saskia, willst du mit uns kommen?", fragte Kuina. "Wenn ich darf, dann ja", nickte ich. "Aguni hat mich mit euch mit geschickt", fügte ich hinzu. "Natürlich, komm mit", sagte Chishiya. Gemeinsam liefen wir in einen Raum, von dem man alle anderen Räume anhand von Überwachungskameras gleichzeitig sehen konnte. "Analysieren wir erst einmal, was passiert", sagte Chishiya und setzte sich hin.

Wir beobachteten das ganze Geschehen. Alle drehten durch und Aguni eröffnete das Feuer, um die Hexe zu finden. "Wahnsinn, wie die Leute drauf sind", sagte Kuina erschrocken. "So ist das bei einem Herz Spiel", erklärte ich. Dann sah ich Chishiya an. "Hast du die Karten geklaut?" Er nickte, ohne etwas zu sagen. "Zu schade, dass du den Beach nicht verlassen konntest, weil er zu einem Spielort wurde", sagte ich ironisch. "Habt ihr zwei etwa Streit?" "Wir sind getrennt." "Deshalb hast du vorhin gezögert zu gehen", sagte sie dann. Ich blickte sie an. "Was meinst du?", fragte ich. "Chishiya zögerte beim Gehen. Er fragte mich mehrmals, ob ich noch etwas erledigen müsste oder ob wir noch warten könnten", erklärte sie. Verwirrt zog ich meine Augenbraue nach oben, sah dann zu Chishiya. "Ich sagte doch, dass meine Gefühle zu dir echt sind", sagte er und blickte dann wieder auf die Bildschirme.

Nach einer Weile stand Chishiya auf. "Was hast du vor?", fragte ich. "Ich werde mich jetzt am Spiel beteiligen. Irgendeiner der Führungsriege muss die Hexe sein. Kuina, komm mit", sprach er. "Was soll ich tun?", fragte ich dann. "Du bleibst hier." "Wieso?" "Weil ich nicht möchte, dass dir etwas passiert." Chishiya sah mir tief in die Augen. "Pass auf dich auf", sagte ich noch, ehe er ging.

Ich stand nun also alleine vor den Bildschirmen, beobachtete weiterhin, wie die Menschen getötet wurden und überlegte angestrengt, wer die Hexe sein könnte. Es musste doch irgendwelche Anhaltspunkte geben.

Nach ein paar Minuten konnte ich sehen, wie Ann das Messer aus Momokas Brust zog. Dabei fiel mir auf, dass das Messer irgendwie eigenartig in ihrer Brust steckte. Ich zog meine Augenbrauen nach oben, dann kam mir ein Geistesblitz. Sofort verließ ich den Raum Richtung Saal, doch Ann war nicht mehr da. "Saskia, hier oben!" Ich blickte nach oben und sah Chishiya, lief dann sofort zu ihm. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst unten bleiben", sagte er und griff nach meinen Händen. "Ich glaube, ich weiß, wer die Hexe ist!", sagte ich, doch ehe ich weitersprechen konnte, stand Aguni mit seinen Lakaien im Raum, welche ihre Waffen auf andere richteten. "Tötet sie", sagte er dann, doch die Menschen zögerten. Dann tauchten auf einmal Arisu, Usagi und Tatta auf. "Sie leben!", flüsterte ich. "Gott sei Dank", sagte Chishiya, fast schon erleichtert. Arisu fing an, mit Aguni zu sprechen. Er sprach das aus, was ich bereits dachte: Aguni tötete den Hutmacher, Takeru, seinen besten Freund. "Ich habe die Leere in deinen Augen gesehen", sagte Arisu.

Aguni fing wie wahnsinnig geworden an, Arisu in den Magen zu schlagen. Immer und immer wieder und jeder Schlag wurde fester. Es schien, als würde aus Aguni sämtliche Wut und Trauer ausbrechen. "Du wolltest, das alle Leute sterben, weil du allen die Schuld daran gibst, dass er wahnsinnig geworden ist", sprach Arisu, als er erneut am Boden lag. Aguni prügelte immer weiter auf Arisu ein und brüllte laut, dass er die Hexe sei. Ich war so schockiert von alldem, was gerade passierte, dass ich mich nicht einmal bewegen konnte. Ich sah nur, wie Aguni anfing mit den anderen zu kämpfen und hörte, wie er vor Wut schrie. Er konnte all den Schmerz nicht mehr ertragen.

"Aguni, hör auf!", schrie ich von oben, doch vor lauter Zorn und Trauer, hörte er mich nicht. "Aguni!", schrie ich weiter. Ich wollte gerade runter laufen, da hielt Chishiya mich am Handgelenk fest. "Bist du bescheuert? Wenn du da runter gehst, stirbst du", sagte er. "Er ist mein Bruder", entgegnete ich, riss mich los und lief nach unten. Ich versuchte mich mitten im Gedrängel durch zu setzen, um zu meinem Bruder zu kommen. Gerade konnte ich meine Hand an seine Schulter legen, da schrie die beste Freundin von Momoka: "In diesem Spiel bin ich der Dealer!" Wenige Sekunden später wurde sie von einem Laser getötet und fiel zu Boden.

Alles um uns herum war still. "Aguni, es ist genug", sagte ich dann. Mein Bruder sah mir in die Augen. Ich konnte all deinen Schmerz sehen. "Er wurde wahnsinnig", sagte er dann und eine Träne lief ihm über sein Gesicht. "Lass uns das hier beenden, damit die Leute nicht umsonst gestorben sind", sprach ich ihm zu. "Ich musste meine Freunde auch töten", ergriff Arisu wieder das Wort und setzte sich aufrecht. "Es ist nicht leicht, aber lass uns unserer Schuld stellen, anstatt der Wut nachzugeben", fügte er noch hinzu. Aguni sah mich wieder an, ich schenkte ihm ein Lächeln. "Ich verzeihe dir", sagte ich dann, um ihm das Gefühl von Vergebung zu geben.

"Momoka war wirklich die Hexe. Das beweisen die Fingerabdrücke auf dem Messer, es wurde falsch herum gehalten!", sprach Ann, während sie mit Kuinas Hilfe den Raum betrat. "Werfen wir Momoka ins Feuer und lasst uns das Spiel beenden!", rief ich und die Leute stimmten mir zu. Es sollten gerade welche auf Momokas Leiche zu geben, da fielen einzelne Schüsse. Jeder war still, keiner bewegte sich. "Darauf hätte ich auch eher kommen können", sprach eine Stimme, die ganz nach Niragi klang. Kurz darauf tauchte er vor dem Feuer auf. Sein ganzer Körper war verbrannt und er war wacklig auf den Beinen, aber war genauso sehr nach Rache besonnen. "Ich werde euch alle ins Feuer schicken und dann wird das Spiel vorbei sein!", schrie er.

Magical Hearts » Chishiya || Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt