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Als ich am nächsten Morgen wach wurde, streckte ich mich erst einmal, bevor ich aufstehen konnte. All das, was letzte Nacht passierte, war nahezu surreal für mich. Obwohl ich das Geschehene eigentlich verarbeiten müsste, hatte ich das Bedürfnis in mir, es lieber beiseite zu schieben, denn in dieser Welt hat man nicht viel Zeit, um sich mit anderen Dingen, außer dem Leben und dem Tod, auseinander zu setzen. Zwar hatte ich gerade viele Tage auf meinem Visum, doch wer weiß, ob es nicht auch mal anders aussehen könnte.

Nachdem ich mich so langsam sammelte, verließ ich mein Zimmer und versuchte Chishiya aufzufinden, doch traf aber nur Kuina an. "Weißt du, wo Chishiya ist?", fragte ich sie, nachdem wir uns einen guten Morgen wünschten. "Die Nummer 1 hat nach ihm gebeten. Nach dir eigentlich auch, hat dir etwa keiner Bescheid gesagt?", fragte sie dann und ich schüttelte mit dem Kopf. "Ich bin gerade erst aufgestanden", ergänzte ich dann. "Dann geh lieber mal hin. Wer weiß, vielleicht sollt ihr wieder zusammen zu einem Spiel gehen", vermutete sie. Ich zuckte mit den Schultern, lief dann wieder in das Hotel rein und ging weiter zu Takeru.

Der Militärtrupp ließ mich heute ohne etwas auszusetzen durch, so dass ich an Takerus Tür klopfen konnte. Nachdem er "Herein", sagte, betrat ich sein Zimmer. "Ach du bist es, sehr gut, Saskia. Setz dich zu uns, Chishiya und ich haben auf dich gewartet", sagte er und deutete auf den freien Stuhl neben Chishiya an. Wortlos setzte ich mich und sah weiterhin zu Takeru. "Also ihr zwei", fing er an zu sprechen.

"Ihr habt beide innerhalb kurzer Zeit dem Beach ein paar Karten geliefert, die uns noch gefehlt haben oder hattet zumindest einen großen Anteil daran. Da ihr als Zweiergespann auch ganz gut zu funktionieren scheint, haben wir uns dafür entschlossen, euch beide in die Führungsriege des Beachs aufzunehmen. Ablehnen könnt ihr nicht, deshalb herzlichen Glückwunsch", sagte er und schüttelte uns dann beiden die Hände. Chishiya und ich schauten uns verwirrt an. "Danke?", entgegnete ich unsicher und Takeru lachte. "Ihr werdet da schon reinwachsen. Bei der nächsten Versammlung seid ihr dabei und bis dahin macht ihr einfach das, was ihr die ganze Zeit macht", erklärte er nun, wieder deutlich lockerer, als vorhin. Wir beide nickten, standen dann aber wieder auf und verließen sein Zimmer.

Gemeinsam gingen wir über die Flure und nachdem ich mir sicher war, das kein anderer in unserer Nähe stand, blieb ich kurz stehen. Ohne das ich etwas sagte, tat er es mir gleich und sah mich an. "Chishiya, wegen gestern.. ich möchte nicht, dass das jemand erfährt, okay?", sprach ich, etwas leiser als sonst. "Was meinst du?", fragte er und ich wusste, dass er mir damit einfach nur zustimmte. "Bitte sag auch nichts meinem Bruder. Ich möchte nicht, dass er wegen mir etwas tut, was sonst nicht seine Art ist, okay?" Chishiya nickte stumm, dann liefen wir weiter.

Bei den anderen angekommen, hielt ich mich überwiegend bei Kuina auf. Falls es möglich ist, in so kurzer Zeit eine Person als Freundin zu bezeichnen, dann ist es wohl das, wie ich sie nennen würde. Gemeinsam verbrachten wir den Tag und ich hatte die Möglichkeit den gestrigen Abend zu vergessen.

"Ich gehe mal etwas Essen", sagte ich irgendwann zu Kuina, welche gerade am tanzen war. "Mach das, ich bleibe noch eine Weile hier." Ich nickte ihr zu und ließ sie dann alleine, um zum Essen zu gehen.

Immer wieder wurde ich auf meinem Weg von manchen Leuten seltsam angesehen und um mich herum wurde getuschelt. Fragend, was das sollte, lief ich aber weiter und ignorierte es so lange, bis eine Frau ganz offensichtlich auf mich zeigte. "Stört dich irgendetwas an mir?", sprach ich sie direkt an. "Äh, nein", fing sie an zu stottern und ich sah ihr direkt in die Augen. Das ist immer eine gute Taktik, um die Leute zu verunsichern. "Dein Bruder hat nur mit ein paar anderen aus dem Militärtrupp Akio nach oben gebeten und jetzt wird vermutet, dass du der Grund dafür bist", erzählte sie weiter. "Was, wie lange ist das schon her?" "So etwa 10 Minuten?", zuckte sie mit den Schultern. Ohne noch etwas zu sagen, ließ ich sie stehen und ging mit einem schnellen Schritt ins Hotel, direkt zu Agunis Zimmer.

Ohne anzuklopfen stürmte ich in sein Zimmer rein, doch wurde sofort von Niragi und Last Boss aufgehalten. "Nicht zu voreilig", sagte Niragi dabei und drückte mich etwas nach hinten. "Aguni Stopp, hör auf!", rief ich, als ich sah, dass er eine Waffe zückte. "Es ist nichts passiert, es gibt keinen Grund, das zu tun!", rief ich weiter. Aguni würdigt mir keines Blickes. "Hör auf deine Schwester, ich bin unschuldig", flehte Akio. Bei seinem Anblick überkam mich sofort wieder die selbe Angst und der selbe Ekel, aber ich versuchte mich auf Aguni zu konzentrieren. Unschuldig war er lange nicht, aber ich wollte nicht, dass mein Bruder noch jemanden tötet und erst Recht nicht wegen mir. „Aguni, bitte, das bist du nicht!", sprach ich weiter, doch dann lachte Niragi auf. "Wann siehst du endlich ein, dass Aguni sich verändert hat, hm?" Herablassend sah er mich an. "Wie kann man nur so eklig sein und sich daran erfreuen, wenn andere Menschen kurz vor dem Sterben stehen?", zischte ich, doch Niragi lachte wieder. "Chishiya", sagte Aguni dann ganz trocken. Verwundert blickte ich Aguni an, dann trat Chishiya hervor. Bisher hatte ich ihn noch gar nicht gesehen. "Ja?", entgegnete er fragend. "Sag mir noch einmal die Wahrheit: Hat Akio versucht Saskia zu vergewaltigen, ja oder nein?" Agunis Stimme war voller Hass und Zorn. Chishiya sah in meine Richtung, ich schüttelte leicht den Kopf. Dann atmete er einmal auf und antwortete: "Ja, das hat er versucht." "Verabschiede dich von deinem Leben", sagte Aguni und ehe das ich laut "Nein!", schreien konnte, drückte Aguni bereits die Patrone ab, traf Akio direkt zwischen den Augen und erschoss ihn damit.

Akios Körper fiel zu Boden, während Aguni auf seine Leiche runterblickte und ich ihn schockiert ansah. Niragi und Last Boss lachten, Chishiyas Blick brannte sich auf meiner Haut ein. Wortlos verließ ich das Zimmer meines Bruders.

"Saskia, warte", konnte ich ihn rufen hören, aber ignorierte es und lief weiter. Das war das erste Mal, dass ich sah, wie mein Bruder einen anderen Menschen umbrachte und es schockierte mich extrem.

Magical Hearts » Chishiya || Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt