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Mit einem Schrecken wachte ich auf. Ein fürchterlicher Zuck durchjagte meinen Körper. Hatte ich grade einen Alptraum? Schnell schlug ich die Decke zur Seite und stand auf, um dann mit schnellen Schritten zum Fenster zu gehen. Es war immer noch hell, also konnte mein Mittagsschlaf nicht allzu lange gewesen sein. Mein Blick fiel auf die Uhr, die an der Zimmerwand, oberhalb meiner Tür hing. „Stehen geblieben", murmelte ich. Ich spürte sofort, dass hier etwas nicht so ist, wie es sein sollte. „Vielleicht sollte ich meinen Bruder anrufen", dachte ich laut und steuerte auf mein Handy, welches auf meinem Nachtschrank lag, zu. Doch als ich den Bildschirm entsperrte, stellte ich fest, dass ich überhaupt kein Netz hatte. „Hä?", fragte ich. Einige Minuten stand ich still in meinem Zimmer, starrte die Wände an und überlegte, was ich jetzt tun sollte.

Als überkäme mich eine spontane Intuition, zog ich mir eine Jacke über, verließ mein Zimmer und lief durch den Flur zur Haustür. Dabei warf ich jeweils ein Blick in die Nebenzimmer, nur um fest zu stellen, dass mein Bruder noch nicht zuhause war. Vor der Haustür schlupfte ich in meine Schuhe rein, dann lief ich auf die Straßen von Tokyo. Das einzige, dass ich während meines ziellosen Lauf bemerkte, war, dass ich offenbar ganz alleine war. Selbst als ich den Bahnhof in Shibuya kreuzte, traf ich auf keine einzige Menschenseele, obwohl dieser Ort sonst immer überlaufen war. „Das ist seltsam", murmelte ich, lief aber weiter.

Es dauerte nicht lange, bis es allmählich dunkel wurde. Zusätzlich fing mein Magen an zu rumpeln, aber da  ich die letzte Mahlzeit heute Morgen zu mir nahm, war das auch keine große Überraschung. Viel mehr überraschte es mich, dass ich immer noch auf keinen Menschen getroffen bin. Bin ich etwa der einzige Mensch, der sich hier aufhält? Schnell schüttelte ich den Kopf, denn das ist Unmöglich. Wo hätten all die Menschen, in der Zeit meines Mittagsschlaf denn hinkommen sollen?

Erneut machte sich mein Magen durch ein Rumpeln bemerkbar und so langsam fing er an, weh zu tun. Links und rechts um mich herum waren viele Supermärkte. Wenn ich ganz alleine bin, dann wird es doch auch niemand mitbekommen, wenn ich mir in einem Supermarkt etwas zu Essen hole, dachte ich und lief so in den Supermarkt direkt vor meiner Nase.

Nachdem ich mich an einigen verpackten, Fertig-Snacks satt aß, verließ ich den Supermarkt wieder. „So langsam wird es gruselig", sagte ich, blickte kurz durch die Straßen und lief anschließend weiter. Irgendwann musste mir ein Mensch begegnen, da war ich mir sicher.

„Spiel", leuchtete plötzlich auf einer riesigen Tafel, die an einem Gebäude befestigt vor mir war, auf. Kritisch betrachtete ich das Wort. Dann änderte sich die Anzeige und ein Pfeil nach rechts erschien. „Zum Spielfeld dort entlang." Mein Blick wanderte auf einmal nach rechts. Spiel, Spielfeld? Was bedeutet das? „Das Spiel startet in 10 Minuten", sprach eine Stimme. Ich überlegte kurz, lief dann aber in Pfeilrichtung, um heraus zu finden, welches Spiel gemeint war. Während ich über die Straße lief, versuchte ich meine gesamte Umgebung so aufmerksam wie mir nur möglich war, zu beobachten.

Dann nahm ich ein Weiteres Aufleuchten wahr. Ein weiterer Pfeil, der auf einen bestimmten Ort zeigte. Kurz zögerte ich, lief dann aber auf den Pfeil zu. Er deutete um die Ecke und so folgte ich diesem. Gerade aus lief ich weiter, bis ich vor einer Tür stand. Wie von einem Instinkt geleitet, öffnete ich diese, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, was mich dahinter erwarten könnte. Es ist fraglich, ob dies ein positiver oder negativer Instinkt war, den ich folge, aber aufhalten konnte ich es nicht.

Ich stockte kurz, als plötzlich Menschen vor mir standen und atmete laut auf. „Ich bin doch nicht die einzige", sagte ich, dann lief ich mit schnelleren Schritten auf die Personen vor mir zu. „Wisst ihr, was hier los ist?", fragte ich, doch die Menschen vor mir sahen fast schon beschämend zu Boden. Jeder einzelne von ihnen schwieg und die unangenehme Stimmung im Raum wirkte beinahe erdrückend. „Du musst dir ein Handy nehmen", brach ein Mann die Stille. „Ein Handy?", entgegnete ich und sah ihn an. Er deutete auf den Tisch, der Links von mir stand und auf welchem nur noch ein einziges Handy lag. „Das soll ich mir nehmen?",er nickte. „Was bedeutet das?", fragte ich nach und zeitgleich fand die Gesichtserkennung auf dem Smartphone statt. „Das Spiel startet in 2 Minuten", ertönte wieder diese Stimme. „Ist das dein erstes Spiel", fragte mich der selbe Mann, der mir das Handy überließ und ich nickte. „Wichtig ist nur, dass du irgendwie überlebst und gewinnst. Dann verlängert sich deine Lebensdauer hier. Verlierst du, stirbst du", erklärte er und das Gefühl von Schnappatmung überkam mich. Ich versuchte mich selbst zu beruhigen, doch merkte sofort, wie die Angst in mir größer wurde. „Wenn ich verliere, sterbe ich", wiederholte ich das Gesprochene und schaute verwirrt auf den Boden. Was ist das für eine Welt?

„Das Spiel: Verstecken. Schwierigkeitsgrad: Herz 7."

Magical Hearts » Chishiya || Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt