# 17

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- Mona -

„Jetzt lass mich schon zu ihr…“

„Vergiss es!“, fauche ich und funkle Robert aus schmal geformten Augen an, während ich demonstrativ im Türrahmen stehen bleibe und ihm so den Zugang zu Zoes WG versperre,
„glaubst du wirklich, dass dieses unmögliche Verhalten deinerseits über Wochen hinweg mit einer halbherzigen Entschuldigung und diesem kläglichen Strauß Unkraut zu vergeben und vergessen ist?!“

„Die Beantwortung dieser Frage würde ich gerne Zoe überlassen, meine liebe Mona“, entgegnet Robert in einem viel zu freundlichen Ton und versucht erneut, sich an mir vorbei und in die Wohnung hinter mir zu drängen, woraufhin ich ihn unsanft vor die Brust stoße und mich noch etwas breiter im Türrahmen mache.

„Jetzt pass mal auf, du Hobby-Casanova“, knurre ich und umfasse die Klinke der Wohnungstür mittlerweile so fest, dass sich meine Knöchel weiß verfärben, „erstens sieht Zoe das genauso wie ich und wie damit vermutlich auch jede andere normal denkende Frau auf dieser gottverdammten Welt. Zweitens verschwinden du und dein mickriges Suppengemüse umgehend aus diesem Haus, wenn du nicht möchtest, dass ich in den nächsten fünf Minuten die Polizei hierher bestelle…“

„Und drittens?“, fragt Robert und sorgt durch seinen fast schon blaffenden Unterton dafür, dass seine Maske der falschen Freundlichkeit erhebliche Risse bekommt.

„Drittens“, fahre ich ungetrübt in zischendem Tonfall fort und halte dabei Roberts stechendem Blick mühelos stand, „verspreche ich dir, dass du mindestens das nächste halbe Jahr beim Urologen verbringen wirst, wenn du mich noch einmal als deine liebe Mona bezeichnen solltest.“

Zu meiner stillen Freude lässt mein Versprechen Robert kurz zusammenzucken und einen Schritt von mir und damit von der Tür zurückweichen, was ich wiederum ausnutze und ebenfalls einen Schritt zurücktrete, um im nächsten Moment die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss zu werfen.

„Dieses elende Arschloch“, knurre ich und verziehe das Gesicht vor unterdrückter Wut, bevor ich tief Luft hole und mich mit einem kräftigen Schnauben wieder umdrehe, um mit eiligen Schritten über den Flur hinweg zu Zoes Zimmer zu gehen.

„Ist er…ist er weg?“, höre ich die unsichere Stimme meiner besten Freundin fragen, als ich die Tür zu ihrem Zimmer aufdrücke und sie mit vollkommen verweinten Augen und einem zerknüllten Taschentuch in den Händen auf dem Bett sitzen sehe.

„Ich denke schon…zumindest, wenn er nicht für die nächste Stunde stumpf gegen eine geschlossene Wohnungstür starren will“, murmle ich und trete ein paar Augenblicke lang von einem Fuß auf den anderen, bevor ich mich aus dem Rahmen der geöffneten Zimmertür löse und anschließend neben Zoe auf dem Bett Platz nehme.

„Vielleicht…vielleicht hätte ich doch nochmal mit ihm reden sollen…reden und mir anhören sollen, was er zu der ganzen Situation zu sagen hat…“

„Unsinn!“, entgegne ich energisch auf Zoes schwachen Einwand und drehe mich seitlich zu ihr, wodurch unsere Knie leicht gegeneinander stoßen. „Der Typ hätte dich nur wieder mit
irgendeiner fadenscheinigen Erklärung und ein paar gesäuselten Worten eingewickelt. Glaub mir, es ist besser so. Und noch besser wäre es, wenn du ihm gar nicht mehr begegnen würdest.“

„Aber ich…ich liebe Robert doch!“

„Oh, komm schon, Zoe.“ Spöttisch verziehe ich das Gesicht. „Das, was da zwischen Robert und dir ist, mag vieles sein, aber sicherlich keine Liebe. Zumindest keine von der gesunden Sorte.“

„Als ob du das beurteilen könntest!“, entgegnet Zoe, wobei durch ihren schnippischen Unterton mehr und mehr ihre wachsende Wut zu erkennen ist, „du hast an jedem Finger eine andere Frau und empfindest für keine von ihnen auch nur ansatzweise so etwas wie tiefere Gefühle! Oder irre ich mich da?“

Das plötzliche Aufflackern von Romys lächelndem Gesicht vor meinem inneren Auge lässt mich abrupt zusammenzucken, bevor ich diese Erscheinung mit einem festen Zusammenkneifen meiner Augen und einem entschlossenen Kopfschütteln zur Seite wischen kann.

„Ich bin hier zwar gerade eigentlich nicht das Thema, aber gut. Ich gebe dir in dem Punkt Recht, dass ich diesbezüglich nicht unbedingt direkt aus eigener Erfahrung mitsprechen kann, aber dafür erkenne ich eine gesunde Beziehung, wenn ich sie sehe. Und dieser Mann, Zoe, ist definitiv nicht der Weg dorthin. Und deshalb wirst du, anstatt hier weiter rumzusitzen und Trübsaal zu blasen, mich heute Abend begleiten.“

„B-Begleiten?“ Zoes gerötete Augen werden tellerrund und sie blinzelt mich überrumpelt an. „Wohin denn?“

- Romy -

„Also, jetzt nochmal langsam und zum Mitschreiben bitte“, seufzt Imke und nimmt die Brille von ihrer Nase, um sich kurz mit zwei Fingern über ihre Augen zu fahren und im Anschluss daran ihre Brille mit einem zweifelnden Blick in Zoes Richtung wieder aufzusetzen. „Um dich von deinem Streit mit Robert abzulenken, hat Mona dich dazu überredet, sie heute auf die seit Wochen überall in der Uni propagierte Studentenparty im „Cubana“ zu begleiten. Und weil du nicht alleine dort aufkreuzen möchtest, willst du Romy und mich ebenfalls dazu überreden, auf diese Party zu gehen?“

„Ach, überreden hört sich so hart an“, entgegnet Zoe ausweichend, wobei sie sowohl Imke als auch mir ein wimpernklimperndes Lächeln zuwirft, welches wiederum Imke und mich einen zweifelnden Blick austauschen lässt.

„Ich weiß nicht“, sage ich nach einer Weile der unangenehm Stille und rutsche etwas unbehagen auf meinem Platz auf dem Sofa hin und her, während mein Herz bei dem Gedanken daran, Mona bei dieser Party über den Weg zu laufen, unruhig gegen meinen Brustkorb hämmert. „Ich…ich mag Parties ja eigentlich nicht so sehr…“

„Genauso wie ich. Zumal wir beide gerade von einer ziemlich anstrengenden Schicht im Café gekommen sind“, ergänzt Imke, deren Stimme um einiges entschlossener  klingt als meine, was zusätzlich durch das demonstrative Verschränken ihrer Arme untermauert wird.

„Kommt schon, ihr zwei“, sagt Zoe und sieht uns bittend an, „ich…ich kenne da niemanden bis auf Mona und eventuell noch Hannah, sofern sie denn überhaupt kommt. Ich…ich würde mich einfach sicherer fühlen, wenn ich wüsste, dass meine beiden unfassbar lieben und hilfsbereiten Mitbewohnerinnen bei mir sind. Und…und außerdem habe ich gehört, dass Thomas auch heute auf dieser Party sein soll…“

„Das ist nicht unbedingt ein ausschlaggebendes Argument, findest du nicht?“, erwidert Imke trocken und rollt mit den Augen, bevor sie tief aufseufzt, als sie Zoes vorgeschobene Unterlippe und großen Hundeaugen betrachtet, „okay, okay, jetzt hör schon auf so zu schauen. Ich komme ja mit auf diese dämliche Party. Aber spätestens um Mitternacht bin ich weg, verstanden?“

„Danke, Imke!“, sagt Zoe und schenkt ihr ein strahlendes Lächeln, ehe ihr Blick sowohl fragend als auch erwartungsvoll zu mir wandert.

Ich schlucke.

Einerseits möchte ich Mona wirklich nicht begegnen oder zumindest nicht so knapp nach unserem letzten Aufeinandertreffen, als Lea und sie…

Rasch verdränge ich die aufsteigenden Erinnerungen und hoffe inständig, dass meine wärmer werdenden Wangen nicht allzu rot anlaufen.

Ja, einerseits möchte ich Mona so kurz nach diesem Ereignis nicht begegnen.

Aber…andererseits…

Ich spüre, wie meine Gedanken drohen, in eine bestimmte Richtung abzuschweifen, und besinne mich mit einem kräftigen Räuspern.

Nein…andererseits sollte ich in erster Linie Zoe eine gute Freundin sein und sie zusammen mit Imke zu dieser Party begleiten.
Sie war in den letzten Tagen so traurig und niedergeschlagen wegen ihrem letzten Streit mit Robert und wenn sie jetzt dadurch ein wenig auf andere Gedanken kommen könnte, und sei es auch nur für ein paar Stunden, kann ich ihr diese Chance doch nicht kaputt machen.

Ja…genau…

„Okay“, sage ich und nicke mit einem ergebenen Seufzer, während Zoe vor Freude aufquietscht, „ich…ich komme auch mit.“

Leben Auf Abwegen (Mona & Romy - Band 2) (girlxgirl) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt