# 28

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- Mona -

„Zum Jahrmarkt?“

„Ja, warum nicht? Oder fürchtest du dich etwa vor der Geisterbahn oder dem Riesenrad, hm?“ Ich zwinkere Romy belustigt zu, deren leicht irritiertes Blinzeln mich wiederum auflachen lässt. „Meine Güte, Romy. Das war nur ein Scherz.“

„Das habe ich schon verstanden, Mona“, entgegnet Romy mit einem dezent genervten Augenrollen, ehe sie wieder vollständig zu mir sieht, „ich war nur etwas…na ja…überrascht…“

„Überrascht?“ Fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. „Und inwiefern, wenn ich fragen darf?“

„Nun“, setzt Romy an, während sie den Gurt ihrer Umhängetasche über ihrer Schulter ein Stück zurechtrückt, „ich hätte dich einfach nicht als jemanden eingeschätzt, den man freiwillig zwischen überfüllten Fahrgeschäften, eng aneinander gereihten Schaustellerbuden und dem Geruch von Frittenfett und klebriger Zuckerwatte vorfindet.“

„Sondern eher als jemanden, der von verschwitzten Bettlaken, langgezogenem Stöhnen und allerlei nützlichen Hilfsmitteln umgeben ist, nicht wahr?“

Anstatt ein weiteres Mal mit den Augen zu rollen, lässt mein erneutes Zwinkern Romys Wangen in einem angenehmen Rotton aufleuchten, welcher ihrem wunderschönen Haar
hervorragend schmeichelt.

„D-Das…d-das hast du jetzt gesagt“, murmelt Romy kaum hörbar und räuspert sich für meinen Geschmack etwas zu heftig, was mich jedoch nur noch umso breiter lächeln lässt, als
ich es ohnehin schon tue.

Zumal sie im Grunde genommen auch Recht hat.
Dieser jährliche Jahrmarkt ist in der Tat nicht unbedingt eine Veranstaltung, für die ich mich normalerweise interessieren oder der ich gar beiwohnen würde.

Wobei ehrlich gesagt auch ein Großteil meiner Unternehmungen in den vergangenen Wochen eigentlich in diese Kategorie fallen müsste...

Der Besuch der Ausstellung über die Medizin im Wandel der Zeit.
Das Konzert eines scheinbar recht bekannten Nachwuchsgeigers.
Oder die gemeinsamen Kochabende zu zweit und dann noch meist ohne das fast schon klassische Dessert zum Abschluss…

Allesamt Ereignisse, die so überhaupt nicht zu mir passen oder für die ich mich unter normalen Umständen auch nur ansatzweise interessieren würde.

Aber in Romys Gegenwart…ist das alles…irgendwie anders…

Ein paar Herzschläge lang betrachte ich noch die rotblonde Schönheit, deren süße Wangen mittlerweile wieder ihre ursprüngliche Gesichtsfarbe angenommen haben, bevor ich mich ebenfalls räuspere und mein Gewicht mit einem prüfenden Blick von der einen auf die andere Seite verlagere.

„Also, was ist, Romy? Ja…oder ja?

- Romy -

„Du gehst auf den Jahrmarkt? Mit Mona?!“

„Ähm…ja?“ Zoes fast schon entgeisterter Blick, mit dem sie mich von meinem Zimmertürrahmen aus betrachtet, lässt mich etwas verunsichert eine Haarsträhne hinter mein Ohr streichen. „Ist das…so ungewöhnlich?“

„Die Kombination aus Mona und Jahrmarkt? Auf jeden Fall“, entgegnet Zoe und verschränkt mit einem tiefen Seufzer ihre Arme vor der Brust, „aber irgendwie überrascht es mich auch nicht. Ihr beide unternehmt ja in letzter Zeit ziemlich oft etwas miteinander.“

Ja, das kann man wohl sagen…

Erneut ziemlich ratlos, was ich auf diese mehr als zutreffende Bemerkung seitens meiner Mitbewohnerin erwidern soll, beginne ich stattdessen von einem Fuß auf den anderen zu treten und mein Kleid zurechtzuzupfen, bis Zoe die inzwischen aufgekommene  peinliche Stille mit einem weiteren Seufzer durchbricht.

„Wie hast du das geschafft?“

„Äh“, ich blinzle irritiert, „wie habe ich was geschafft?“

„Na ja“, Zoe zuckt mit den Schultern, „wie hast du es geschafft, Mona dazu zu bekommen, mit dir auf den Jahrmarkt zu gehen? Immer wenn ich sie gebeten habe mitzukommen, hat sie vehement abgelehnt und behauptet, dass sie noch nie ein Typ für zweitklassige Freizeitparkatmosphäre und deren dementsprechende Unterhaltung gewesen ist.“

„Zweitklassige Freizeitparkatmosphäre?“

„Ein recht gewöhnlicher Begriff, wenn man mit Monas trockener Ausdrucksweise vertraut ist, was du inzwischen eigentlich auch sein solltest.“

Zoes vielsagendes Zwinkern lässt mich ein weiteres Mal etwas unbeholfen an meinem Kleid zupfen, wohingegen meine Mitbewohnerin nun eine Hand in ihre Hüfte stemmt.

„Nun, wie dem auch sei. Mich würde, wie gesagt, vielmehr interessieren, was du zu Mona gesagt hast, dass sie ihre Meinung so fundamental ändert.“

„Na ja, um ehrlich zu sein, gar nichts“, sage ich und zucke hilflos mit den Achseln, „wir haben zwar vor ein paar Tagen kurz über den Jahrmarkt gesprochen und ich habe ihr erzählt, dass ich seit meiner frühsten Kindheit auf keinem mehr gewesen bin, aber ansonsten war das überhaupt kein Thema zwischen uns. Und als ich gestern auf dem Weg zu meiner letzten Vorlesung gewesen bin, hat Mona mich vorm Sitzungssaal abgefangen und gefragt, ob wir heute zusammen zum Jahrmarkt gehen wollen. Wobei es eigentlich mehr eine Feststellung als eine Frage gewesen ist."

„Aha?“ Fragend zieht Zoe eine Augenbraue hoch. „Und inwiefern?“

„Na ja, sagen wir es mal so…ich hatte nicht wirklich eine Wahl, was die Antwortmöglichkeiten auf Monas Vorschlag betraf“, erwidere ich und lache leicht auf, wohingegen Zoes Gesichtszüge zu meiner Überraschung davon unberührt bleiben und sich stattdessen ein leicht interessierter Ausdruck auf ihrem Gesicht gebildet hat.

„Verstehe“, sagt sie schließlich gedehnt und beginnt nun ebenfalls zu lachen, wenn auch auf eine Weise, als ob sie so etwas wie eine Art Erkenntnis gehabt hätte.

Merkwürdig…

„Was…was ist, Zoe?“, frage ich und versuche mich an meinem weiteren Lachen, welches jedoch mehr wie ein verunsichertes Räuspern klingt, „warum…warum schaust du mich so
an?“

Doch anstatt mir auf meine Frage zu antworten, lacht Zoe nur ein weiteres Mal auf und wendet sich mit einer wegwerfenden Handbewegung im Türrahmen von mir ab.

„Ach…nur so…“

Leben Auf Abwegen (Mona & Romy - Band 2) (girlxgirl) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt