Teil 11

4 0 0
                                    

Kapitel 6

Mein Handy plinkte.
Ein Anruf in Abwesenheit.
Es plinkte erneut.
Durch einen Schleier aus Tränen las ich die Nachricht:

„Ginny. Ich verstehe, dass du jetzt sauer und enttäuscht bist.
Ich komme am Sonntag und hole dich ab. Packe bitte deine Koffer und sei um 10 Uhr fertig.
Wenn du dich beruhigt hast, denke noch einmal darüber nach und gib mir eine zweite Chance.
Ich liebe dich Prinzessin.
Dad."

Tränen stiegen mir in die Augen, es war ihm ernst. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. Ich war wütend auf Dad aber gleichzeitig hatte ich ein schlechtes Gewissen.

Ich sank auf die Treppe und begann erneut zu weinen. Ich wählte Tims Nummer. "Der Teilnehmer ist zur Zeit nicht zu erreichen, bitte hinterlassen Sie" ich legte auf. Nur die Mailbox. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es erst 17:15 Uhr war. Er war mitten im Training. Auch Lilli würde erst in gut einer Stunde durch sein.

Langsam stieg ich die Treppe hinauf in meinem Kopf rasten die Gedanken.
Ich muss gehen, weg von Tim und Lilli, weg von Maria, weg von Sebastian, weg von der Academy.
Wie eine Schlafwandlerin wankte ich die Korridore entlang, meine Sicht verschleiert von Tränen, suchte ich meinen Weg zur Mensa.

Maria sah sofort, dass etwas nicht stimmte, und bedeutete mir kurz zu warten, bis sie fertig war. Ich setzte mich an einen freien Tisch. Andere um mich herum begannen zu tuscheln, ein Mädchen aus dem ersten Jahr zeigte sogar auf mich. Normalerweise nehme ich mir so etwas immer zu Herzen aber heute war mir alles egal.

"Picola, du trägst gar keine Traingssachen. Was ist passiert?" Sorge schwang in ihrer Stimme mit und sie wischte mir die Tränen von der Wange, die nicht aufhören wollten zu fließen. "Ich ziehe nach Amerika. Sonntag" brachte ich hervor, meine Stimme schwer vor Tränen. "Was?" fragte Maria verwirrt. "Ich soll weg von hier! Weg von euch, weg von, von" meine Stimme brach. Sie nahm mich in den Arm Strich mir über den Rücken und wiegte mich leicht. Ich hörte Gekicher hinter mir, doch blendete es aus. Es tat gut getröstet zu werden. Nach einer Weile beruhigte ich mich. "So Picola, was ist passiert?" Ich atmete tief durch und begann zu erzählen, ich erzählte ihr alles.

Von Mum's Tod, unserem Traum, dass ich hier an der Academy tanzen lerne und dass meine erste Aufführung der Nussknacker sein soll die Rolle, in der Mum damals entdeckt worden war. Dann von ihrem Unfall und das ich, dank Miss Karthem damals, mit 11 an die Academy gekommen bin. Maria lächelte berührt. Das wusste niemand außer Tim und Lilli.

„Jetzt möchte Dad, dass ich mit ihm und seiner Familie nach Kalifornien ziehe'", beendete ich meine Erzählung. Sie sah mich kurz an "Bist du nicht auch ein Teil dieser Familie?" fragte sie schließlich.
"Nein. Er kam die letzten 5 Jahre sehr gut ohne mich aus. Er ist selbst Schuld, dass ich jetzt hier bleiben möchte" ich biss mir auf die Lippe. Mein schlechtes Gewissen war mir wohl deutlich ins Gesicht geschrieben, denn Maria lächelte. "Familie ist das Wichtigste Ginny. Dein Vater weiß, wie wichtig dir dieser Traum ist aber vielleicht möchte er dabei sein, wenn er in Erfüllung geht?"
„Warum ziehen sie dann nicht alle nach London?!" erwiderte ich biestig.

"Es wird einen Grund geben Picola." Mein Magen begann laut zu knurren. "Du brauchst erstmal etwas zu essen, danach sieht die Welt schon ganz anders aus" Ich zuckte hilflos mit den Schultern.

Ich hatte nicht nach seinen Gründen gefragt. Und ich habe groß daher geredet, es sei mir das Wichtigste, dass er glücklich wird. Und dass er mir alles sagen kann. Ich begann erneut auf meiner Unterlippe herum zu kauen. Bin ich egoistisch, weil ich meinen Traum nicht aufgeben will?

Maria stellte einen Teller Tomatensuppe vor mich. „Hier Picola und das hier". Sie stellte eine kleine Flasche vor mich. Das Glas ist dunkel getönt. Eine Packung Kekse und ein roter Schal. "Gestern ist ein Paket von meiner Schwester aus Sizilien gekommen. Eigentlich sollte es ein Geburtstagsgeschenk sein. Aber dann gebe ich es dir jetzt schon. Immer diese Tabletten, dieses Öl wird in meiner Familie seit Generationen hergestellt. Es lindert die Schmerzen, damit kannst du deine Füße massieren. Der Schal ist von einer guten Freundin, fühl mal, ganz weich" Tatsächlich, der Stoff floss durch meine Hände. "Danke Maria!" Ich umarmte sie fest.

Eine halbe Stunde später saß ich mit Tim und Lilli auf meinem Bett.
Beide verschwitzt und rot im Gesicht. Sie sind direkt nach ihrem Training in mein Zimmer gekommen. Sebastian hatte ich gesagt, ich könne heute aus persönlichen Gründen nicht zum Training kommen. Er hatte Verständnis und nicht weiter nachgefragt .

Ich hatte mich grade zusammen genommen, da sah ich ihre Gesichter und musste wieder weinen.
„Eine Möglichkeit bleibt" sagte Tim, nachdem ich ihnen die ganze Geschichte schluchzend erzählt habe. „Du kannst zu Miss White gehen und fragen, ob du dich für ein Stipendium bewerben kannst." „Ein Stipendium?" darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. "Du müsstest dann nur viel lernen. Für ein Stipendium braucht man auch gute Noten." stellte Lilli fest „und dein Dad müsste es unterschreiben".
"Ich kann es immer noch nicht glauben, dass dein Vater dich mit nach Amerika nimmt" sie fiel mir in die Arme. "Ich rede morgen mit Miss White. Ich gebe nicht auf! Das ist schließlich mein Traum."

Lilli und Tim gaben mir Hoffnung und Mut. Ich umarmte sie beide ganz fest. Voller Zuversicht scheuchte ich die beiden kurz vor Nachtruhe aus meinem Zimmer.

Kapitel 7

"Du bist schon wieder unkonzentriert Ginny. Du verlierst ständig den Takt. Das ist Sebastian gegenüber nicht fair."
Nicht heulen Ginny, nicht weinen. "Ich bemühe mich"
„Das reicht nich! reiß dich zusammen. Wenn du Profi werden möchtest, musst du zu jeder Zeit arbeiten können".
Er hat recht aber da muss er mich nicht so anschnauzen.
„Patrik," sagte Sebastian und warf ihm einen Entspann-dich-mal-Blick zu.
„Sebastian. Nimm sie nicht in Schutz."
„Patrik" begann er erneut, doch ich unterbrach ihn.
"Ist schon gut. Er hat recht, ich strenge mich mehr an!"
Patrik nickte.
"In Ordnung, dann noch einmal von Anfang"

Als wir uns später zusammen dehnten sagte Sebastian: "He, sei nicht traurig. Du bekommst sicher ein Stipendium. Und dann tanzen wir zusammen". Er wischte mir eine Träne von der Wange.
"Patrik hat es mir erzählt" fügte er hinzu, "Und selbst, wenn du gehen musst, in Amerika gibt es doch auch tolle Schulen was ist denn mit der SAB? Bei deinem Talent wirst du dort sofort genommen."
„Ja vielleicht. Aber ich möchte nun mal hier tanzen."
„Du bist ganz schön wählerisch. Und mach dir keine Gedanken wegen Patrik, er ist nur sauer, weil sie jetzt so kurzfristig wahrscheinlich keine mehr finden, die dich ersetzten kann." Er grinste.
„ Wirst du dann trotzdem tanzten dürfen?"
„Was denkst du?" seine Stimme klang schelmisch, natürlich durfte er vortanzen, wenn sie ihn nicht sowieso schon für die Rolle eingetragen haben.

Da fiel mir etwas ein "Du sag mal" ich drukste etwas herum „meine beste Freundin Lilli, sie tanzt auch total gut, meinst du, sie könnte vielleicht an meiner Stelle mit dir tanzen? Sie kann die Schritte. Natürlich nicht um für die Rolle vorzutanzen, nur damit du tanzen kannst"

Wie das Leben tanzt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt