Gegen Nachmittag wurde Felix wach. Er hatte heute noch ein paar Aufgaben zu erledigen. Chan war bereits außer Haus, als Felix ins Bad ging. Wenigstens hatten sie fließend Wasser. Ein Luxus im District. Er wusch sich sein Gesicht und machte sich etwas frisch, bevor er das Haus verließ. Mit der Kapuze auf, einer Maske im Gesicht und dem gefüllten Wäschekorb, machte er sich auf den Weg zum nächsten Waschhaus. Dort angekommen packte er die Wäsche, die fast ausschließlich aus schwarzer Kleidung bestand, in eine Waschmaschine.Chan liebte schwarz. Felix' Arbeitskleidung musste schwarz sein und generell hatte er nichts gegen die Farbe. Sie ging immer. Felix' betitelte sein Stehlen gern als seine Arbeit. Was anderes war es doch auch nicht, oder? Der junge Mann nahm sich einen Plastikstuhl und setzte sich an eine Steckdose. Dort schloss er sein Handy an und schaute sein Social Media durch. Nur hier bekam er freies WLan. Ansonsten hatte er einen sehr günstigen Handyvertrag, der nur Anrufe sowie SMS durchließ.
Seufzend sperrte er sein Handy wieder und stand auf. Er beschloss einen Spaziergang durch den Park zu machen. So wie er es immer tat, wenn er auf die Wäsche wartete. Der Park hatte auch bessere Zeiten gesehen. Die Bäume bekamen ihre Nährstoffe nun von Leuten, die gegen sie pissten oder von Bierdosen, die kurzerhand ausgeschüttet wurden. Das teure und gute Bier, dachte sich Felix beim Vorbeigehen.
Er hörte einen älteren Mann rufen und sah rüber. Der Herr verscheuchte gerade streunende Hunde, die versuchten etwas von seinem Stück Fleisch zu ergattern. Man sah fast nur Männer hier. Für Frauen war es mittlerweile viel zu gefährlich einfach so raus zu gehen. Sie taten es nur, wenn sie auch wirklich mussten. Oder in Begleitung. Auch für junge und hübsche Männer wie Felix, war es nicht ungefährlich. Aber Felix kannte das Risiko und zögerte nie, sein Messer rauszuholen.
Lustlos kickte er einen Stein rum, der bald in den Fluss fiel. Er sah dem harten Objekt nach, als er stockte. Sein Atem setzte aus und sein Blut gefror in den Adern. In dem Fluss trieb eine männliche Leiche. Blutüberströmt, doch das Wasser hatte ihn schon etwas rein gewaschen. Felix konnte die Messerstiche im Brustkorb des Mannes erkennen. Es war nichts neues Tote zu sehen, aber dennoch war es jedes Mal aufs Neue ein Schock.
Felix wand seinen Blick ab, zog die Kapuze tiefer und lief davon. Sein Ziel war der nächste Supermarkt. Er musste noch einkaufen. Er betrat den Laden mit scharfem Blick und gespitzten Ohren. Der Laden schien leer. Er sah sich um und erblickte einen jungen Mann hinter dem Tresen. Dann lief er durch die Gänge und sammelte was er brauchte. Mit vollen Taschen ging er zur Kasse. „Jeongin.", sagte Felix und besah sich den jüngeren. „Oh, Felix. Hey.", sagte er und lächelte.
„Wie geht's dir?", fragte der Jüngere. „So wie immer. Dir?", fragte er und sah Jeongin dabei zu, wie er die Ware abkassierte. „Ich hab in zwei Wochen Geburtstag und freue mich mega auf meinen 19ten. Und der Job hier ist ganz okay.", antwortete er. „Ach, hast du schon von dem Programm für nächstes Jahr gehört?" „Ne.", sagte Felix desinteressiert. „Die wollen unsere alte Schule wieder neu herrichten und Austauschprogramme mit uns machen. So mit den Schülern der anderen Seite.", erzählte Jeongin.
„So'n Bullshit.", erwiderte Felix. „Ja. Das sagen manche Lehrer auch aber was sollen wir machen.", seufzte der andere und tippte auf der Kasse rum. „Ah, die Nachrichten.", sagte Jeongin und schaltete den Fernseher lauter, der an der Decke des Ladens hing. Seufzend packte Felix seine Sachen in eine Tasche und hörte der Stimme der Nachrichtensprecherin zu.
„Der Bürgermeister von Seoul plant einen Schüleraustausch mit District 9. Ziel ist es die Schüler mehr zu integrieren und das angespannte Verhältnis zu lockern." Dann wurde eine Szene aus der Rede des Bürgermeisters eingeblendet, indem er sagte: „Wir werden District 9 nicht aufgeben!" Felix blickte zu Jeongin und erkannte seine Meinung zu den Aussagen. Der Junge würde so gerne seine Meinung sagen. Doch es bringt ja alles nichts.
„Nun weitere Infos zu District 9." „Felix! Felix! Jetzt wird es spannend!", rief Jeongin und lehnte sich auf den Tresen. „Angaben nach, soll die Tochter von Mitgliedern der Spear-Gang noch leben. Sie wurde mitsamt ihrer Eltern vor einem Jahr für Tot erklärt. Ihr Bruder sitzt seit langem im Gefängnis. Nun soll das Mädchen noch leben und gefangen gehalten werden. Ob Lösegeld gefordert ist, ist noch nicht bekannt. Wir halten Sie auf dem Laufeden. Nun zu unserem Alljährlichen Event..."
„Ein Wunder, dass die das überhaupt erzählen. Normalerweise wollen sie doch keine ‚Panik'.", sagte Felix Augenrollend und hob seine Tasche an. „Ja, da hast du Recht.", sagte Jeongin und machte den Fernseher wieder leiser. „Naja, ich geh dann mal.", sagte Felix und verließ den Laden. Er hörte noch ein süßes „Tschau!", von Jeongin, ehe er um die Ecke verschwand.
Zurück in der Wohnung ließ er laut seufzend alles fallen. Es war nicht leicht gewesen den Wäschekorb und den Einkauf gleichzeitig zu tragen. Nun galt es den Einkauf einzuräumen und die Wäsche aufzuhängen. Zum Glück gab es an diesem Tag keine Zwischenfälle.
Felix hing das letzte Kleidungsstück an die Leine und sah dann von dem Balkon runter. Es dämmerte bereits. Dann fiel ihm ein, dass er noch gar nichts gegessen hatte. Heute wollte er keinen Ramen. Somit ging er los und suchte sich was billiges zu essen. In einem Schnellrestaurant wurde er fündig. Nach der Stärkung ging er los und beobachtete Menschen. Sie taten solch komische Dinge wenn sie dachten, dass sie allein wären.
Felix hatte schon viel gesehen. Auch schlimme Dinge waren seinen Augen nicht verborgen. Von einem kleinen Streit, bis hin zu Vergewaltigung oder Mord hatte er schon alles gesehen. Er war abgehärtet durch sein Leben. Das Viertel war schon immer ein Dreckfleck der Stadt gewesen. Nur vor 7 Jahren ist es dann eskaliert. Mit dem Bürgerkrieg wurde auch die letzte Freude, die letzte Hoffnung genommen. Die Menschen drehten durch. Alkohol und Drogen, waren das neue täglich Brot. Armut gab es überall, verstörte Kinder saßen am Bordstein, zusammen mit alten und kranken Menschen, deren letzte Stunde bald geschlagen hatte.
Felix' dunkle Augen fixierten sich auf einen Mann. Saubere Kleidung, Handy am Ohr. Dort gab es bestimmt was zu holen. Felix nähert sich schleichend an den Mann an, als plötzlich ein anderer Schatten erschien und den Mann überfiel. Der Mann schrie erschrocken auf und versuchte den Jungen zu erwischen, welcher sich gerade an seinen Taschen zu schaffen machte. Dann rannte der Junge los und Felix zögerte nicht, die Verfolgung aufzunehmen.
Als sich der blonde umdrehte konnte Felix den Jungen erkennen. „Han Jisung!", rief er und erhöhte sein Tempo. Ein paar Gassen weiter blieb der Junge dann stehen und verschnaufte. „Da war ich wohl schneller, Lee Felix.", lachte der blonde und steckte sich das Geld in die Tasche, ehe das leere Portemonnaie den Boden fand. Felix kannte Jisung. Er hatte ihm nicht zum ersten Mal die Beute geklaut. Sie waren keine Feinde, aber Freunde waren sie auch nicht.
Felix und Jisung hatten mal miteinander geschlafen. Zweimal, um genau zu sein. Der blonde behauptete ein Switch zu sein. Felix wollte sich nicht als Bottom abstempeln lassen. Somit taten sie es zweimal, um beide Seiten auszuprobieren. Danach war es vorbei. Sie kamen zu dem Entschluss, dass sie einen anderen Sexualpartner brauchten. Sie waren sich zu ähnlich. Jisung hatte einen schönen Körper, doch unzufrieden war Felix auch nicht.
„Na dann such ich mir mal jemand neues.", knurrte Felix. „Man sieht sich.", winkte Jisung lächelnd und sprang über einen Zaun. Seufzend machte Felix kehrt und lief ein Stück zurück. Minuten später hatte er ein weiteres Opfer. Zwei Frauen liefen lachend nebeneinander. Sie waren schick angezogen, gingen bestimmt gerade zu einer Party. Somit sah sich Felix um und lief dann auf die beiden zu. Er schnappte sich eine der Handtaschen und durchwühlte sie schnell, als die Frauen aufschrieen. Die beiden versuchten zu flüchten, so schnell sie mit ihren Schuhen konnten. Felix fand 50€ und lief damit weg, als er eine Männerstimme hörte.
„Hey! Bleib stehen!", hörte er hinter sich und rannte nur noch schneller. „Bleib sehen! Ich hab eine Waffe!", rief der Mann. Felix lachte leise auf und flitzte durch die Straßen. Er dachte er hätte ihn abgehängt und drehte sich um. Der Mann war noch immer hinter ihm. Felix wollte gerade in eine Gasse einbiegen, als ein Schuss ertönte.
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Gangsters and Thieves || Changlix
FanfictionSüd-Korea. Das Land war bekannt dafür, eine der sichersten Hauptstädte der Welt zu besitzen. Doch sicher waren die Straßen von Seoul schon lange nicht mehr. Zwischen Verbrechen und Überleben finden zwei Jungen zueinander. Warnings - Gewalt - Kraftau...