Kapitel 4

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Ella wachte auf, als ihr jemand an die Wange stupste. Sie blinzelte und sah zwei grüne Augen. Diese Augen gehörten zu einem kleinen Mädchen.
"Endlich bist du wach. Dein Essen wird kalt. Mama hat gesagt, ich soll schauen ob du schon wach bist! Ich bin Mia und wer bist du?"
Ella musste schmunzeln, als das Mädchen ihren Redeschwall beendet hatte.
"Hi, ich bin Ella!"
"Wooooow schöner Name, viel schöner als meiner. Deiner hat vier Buchstaben, meiner nur drei. Ich will auch so einen tollen Namen! Was machst du hier. Bist du verletzt? Hast du ein Haustier?"
Doch bevor Ella antworten konnte, öffnete sich die Tür und Kate trat ein.
"Mia! Du solltest nur schauen ob sie wach ist und sie nicht nerven. Sie braucht Ruhe und möchte sicherlich etwas essen!"
Mia zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Na komm, du hast bestimmt noch Hausaufgaben. Hop Hop!"
Als Mia immernoch schmollend den Raum verließ, wandte sich Kate an Ella.
"Hier dein Essen, schau mal ob du dich schon aufsetzten kannst, dann kann ich dir das Tablett auf den Betttisch stellen."
Als Ella sich vorsichtig aufgesetzt hatte fragte sie: "Ist das deine Tochter? Sie ist wirklich süß!"
Kate lächelte, während sie Ella's Essen auf den Tisch stellte und den Tisch am Gelenkarm vor Ella positionierte.
"Ja ist sie! Sie ist ein quirliges kleines Ding!"
"Das stimmt, sie wirkte sehr aufgeweckt."
"Ja, das hat sie von ihrem Vater!", als Kate von Mia's Vater sprach wurde ihr Blick kurz traurig. Doch sie fasste sich schnell wieder und lächelte Ella an.
"Na los fang an, du musst Hunger haben."

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Die nächsten Tage vergingen recht zügig. Ella verstand sich sehr gut mit Kate, die sich wirklich wundervoll um sie kümmerte.
Von Tag zu Tag ging es ihr besser und die Wunde verheilte gut. Auch Mia schaute immer mal wieder vorbei und Ella half ihr bei den Hausaufgaben.
Mia war wirklich süß mit ihren 7 Jahren. Sie besuchte die zweite Klasse einer Grundschule und beschwerte sich, dass sie erst in sieben Jahren erfahren wird wie sie als Wolf aussehen würde.
Sie fragte Ella auch, welche Farbe sie als Wolf hatte und machte große Augen, als Ella ihr sagte, dass sie nur ein Mensch sei.
"Langweilig", wie Mia dann meinte.
Am zweiten Tag durfte Ella endlich aus dem Bett raus und für kurze Spaziergänge durch das Zimmer oder den Flur der Krankenpraxis.
Zu diesen begleitete Mia sie stehts nach der Schule.
Ca. Mitte der Woche ging es ihr wesentlich besser und sie durfte in Begleitung von Kate größere Spaziergänge machen. Dabei zeigte ihr Kate das ganze Dorf.
Etwas über 50 Familien lebten hier. Allesamt Werwölfe und zugehörig zum Evergreen-Rudel.
Das Dorf unterschied sich nicht wirklich von Dörfern der Menschen, außer, dass es mitten im Wald lag.
In der Dorfmitte befand sich ein kleiner Versammlungsplatz mit einem Brunnen, auf welchem die Figuren von zwei Werwölfen prangten. Dies sollten den Uralpha und die Urluna darstellen, wie Kate ihr berichtete.
Alle Dorfbewohner gingen normal ihren Jobs nach, wobei sie autark lebten. Was heißen soll, dass sie Lebensmittel nur für ihr Dorf herstellten und Baumaterialien nur dann anfertigten, wenn sie gebraucht wurden.
Ein paar einzelne Rudelmitglieder hatten Jobs in der normalen "Menschenwelt". Aber hauptsächlich um mitzukriegen was dort passierte.

Am Donnerstagmorgen klopfte es an der Tür von Ellas "Zimmer". Herein kam ein Mann den Ella noch nicht kannte.
"Guten Morgen. Ich soll dich für deine Verhandlung abholen."
Ella war etwas überfordert mit der Situation. Gerade hatte sie sich fertig gemacht für ihren alltäglichen Spaziergang mit Kate.
"Oh, okay", sagte sie deswegen nur.
"Dann komm mal mit."
Schweigend ging sie auf den Mann zu und folgte ihm dann aus dem Zimmer heraus. Er führte sie aus der Krankenpraxis von Kate heraus in den oberen Teil des Dorfes. Dort stand das prächtige Haus der Familie des Alphas.
Doch wider Ella's Erwartung gingen sie daran vorbei auf ein kleineres Gebäude zu. Der Mann hielt ihr die Tür auf und sie trat ein. Sie waren in einem großen Raum angelangt, in dem mehrere Stuhlreihen standen, die auf ein kleines Podest ausgerichtet waren.
Der Mann ging an Ella vorbei und führte sie in den hinteren Teil des Gebäudes. Dort gelangten sie über einen Flur, von dem drei weitere Türen abgingen zur hintersten Tür. Der Mann klopfte und sie traten ein.
Im Raum befand sich ein großes Büro in dem mehrere Männer und eine Frau standen. Alle schienen zunächst in ein Gespräch vertieft, doch drehten sich nun zu ihnen um. Ella würde am liebsten im Boden versinken, da ihr die Situation doch sehr unangenehm war. Sie betrachtete die Minen der ihr zugewandten Personen, konnte aus ihnen jedoch nicht ablesen, wie sie gestimmt waren.
"Nach einer Woche Treffen wir uns also!", sagte auf einmal eine tiefe Stimme direkt hinter ihr.
Ella erschrak so heftig, dass sie zusammenzuckte und nach Luft schnappte, was ein paar der Männer einen kurzen Lacher hervorlockte.
Sie drehte sich um, um zu sehen wer sie angesprochen hatte. Als sie ihn sah traf Ella der Schlag. Sie hatte noch nie so dunkelblaue Augen gesehen, sie wirkten fast schwarz. Die Iris des rechten Auges hatte jedoch einen leichten Grünstich, was die Augen umso faszinierender machte.
Der Mann war in dunkler Jeans und einem Dunkelblauen Hemd gekleidet, was die Augen noch einmal mehr betonte.
Die Haare waren Honigblond und kurz, wobei ihm eine Strähne ins Gesicht fiel.
"Wenn du dann mal fertig mit gaffen wärst, dürfte ich deinen Namen erfahren Mensch?", fragte er.
Ella fühlte sich auf der Stelle ertappt und war allerdings sofort genervt von dem Befehlston, den der Mann an den Tag legte.
"Ella. Und wer bist du Mr. Arrogant?!", stichelte sie zurück.
Die anderen im Raum schnappten kurz nach Luft, doch der Mann vor ihr verzog keine Miene.
"Álvaro.", antwortete er kurz angebunden, woraufhin er fortfuhr.
"Bevor wir allerdings zum eigentlichen Thema kommen würde ich mich gerne setzten, komm."
Ohne eine Antwort abzuwarten ging er auf den Schreibtisch im hinteren Teil des Zimmers zu und setzte sich dahinter. Mit einer kurzen Gestik seiner Hand wies er Ella an davor Platz zu nehmen.
Als Ella sich setzte bemerkte sie ein komisches Kribbeln im Bauch, was aber vermutlich an ihrer Nervosität lag. Sie war sehr gespannt was jetzt kommen würde. Denn eigentlich wollte sie einfach nur nach Hause. In ihrer Arbeit wusste auch keiner Bescheid.
Kate hatte kein Handy zugelassen, da sie meinte, dass die Strahlungen des Handys ihre Genesung verlangsamen würden.
Alexander ihr Gegenüber räusperte sich und lenkte somit Ella's Aufmerksamkeit wieder auf sich.
"Nun Ella,", das Wort Ella betonte er herablassend. Irgendwie konnte Ella ihn schon jetzt nicht ausstehen.
"Ich hoffe deine Wunden sind verheilt?"
"Ja so gut wie, Kate hat sich sehr liebevoll um mich gekümmert!", antwortete sie wahrheitsgemäß. Sie lies den Blick kurz durch den Raum schweifen und bemerkte, dass alle davor Anwesenden den Raum verlassen hatten.
So gleich beschlich sie ein mulmiges Gefühl.
"Das ist gut. Ja sie ist sehr gut in dem was sie macht. Nun, zu dem Vorfall von vor einer Woche. Weshalb hat Cal dich attackiert?"
"Das weiß ich nicht, ich kannte ihn nicht. Ich war eigentl-", doch Álvaro unterbrach sie.
"Du willst also sagen, dass der Angriff absolut zufällig war?"
Ella war langsam genervt von der Unterhaltung und erwiderte sarkastisch:
"Ne weißte, er war von der Mafia und sein Clan hatte den Anschlag seit Monaten geplant."
Alexander stieß ein Geräusch aus, das wie ein kleines Knurren klang. Es diente als Warnung. Ella besann sich, mit wem sie da eigentlich gerade sprach und drückte sich mehr in ihren Stuhl hinein.
"Ein Komplott ist allerdings nicht auszuschließen, da Cal von einem anderen Rudel war, mit dem wir schon länger Probleme haben."
"Ach er war auch ein Werwolf?"
"Wie ich bereits sagte, ja.", antwortete Álvaro ihr schroff. "Jedenfalls muss er seinen Grund gehabt haben, warum er dich angegriffen hat."
"Ich wüsste nicht wieso, ich bin nur ein Mensch!", rief Ella aus "Und ich will wieder nach Hause. Meine Arbeit weiß nicht Bescheid wo ich bin, ich bin ja seit vier Tagen einfach nicht mehr aufgetaucht! Die haben bestimmt schon die Polizei informiert und die suchen nach mir!", empörte sie sich.
"Nein haben sie nicht, wir haben das geregelt. Du bist krank geschrieben!"
"Bitte was?!", rief Ella.
"Wie gesagt, wir haben uns um alles gekümmert. Ich fürchte, das mit dem nach Hause gehen muss noch etwas warten. Wir müssen erst herausfinden, warum du angegriffen wurdest."
"Das kannst du vergessen, dass ich hier bleibe! Ich werde nach Hause gehen, du kannst mich nicht einfach hier festhalten. Ich habe noch ein Leben und keine Lust es hier bei meinen Entführern zu verbringen!" Ella war ziemlich sauer. Was fiel ihm eigentlich ein so über ihr Leben bestimmen zu wollen!
Álvaro war jedoch mehr als gereizt inzwischen, denn er stand auf, schlug mit beiden Händen auf den Tisch und beugte sich zu Ella rüber. Das Kribbeln in Ellas Bauch wurde spürbar stärker.
"Du hörst mir jetzt mal genau zu Kleines. Nummer eins: Wenn dir dein Leben auch nur etwas wert ist, dann bleibst du hier. Denn wenn sich das Shadow-Rudel mal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann bleibt es bei seinem Plan. Somit wird dieser Angriff auf dich nicht der Letzte gewesen sein. Hier bist du am sichersten. Und Nummer zwei: Solange du hier unter meinem Rudel verweilst, hast du mir mit Respekt zu begegnen, da ich der Alpha bin!"
Gerade als Ella etwas bissig darauf erwidern wollte, wurde die Tür krachend geöffnet und Mia kam herein gestürmt.
"Onkel Al, du darfst sie nicht wegschicken, ich hab sie wirklich lieb gewonnen. Und wenn doch, dann musst du erst einmal an mir vorbei!", während sie das sagte, stürmte sie auf Alvaro zu und boxte ihn abwechselnd mit den Fäusten in die Seite.
Ella sah total verdattert aus und beobachtete das Schauspiel.
"Heee Mia lass das! Ich wollte sie doch gar ni-"
Doch weiter kam er nicht, da Mia zu Ella rannte, sie an der Hand nahm und vom Stuhl zerrte. Dann rannte sie, Ella hinterherziehend zur Tür.
"Komm Ella wir fliehen, dann muss Onkel Al dich einfach da behalten!"
Mia schien das völlig ernst zu meinen, denn sie steuerte weiter auf die Tür zu. Ella konnte gar nicht anders als ihr zu folgen, da sie ihre Hand nicht losließ.
Plötzlich stolperte Mia etwas, wodurch auch Ella ins straucheln geriet, sich aber nicht abfangen konnte, da Mia ihre Hand immer noch festhielt und Richtung Tür zerrte.
Kurz bevor Ella vornüber auf dem Boden aufschlug, wurde sie von hinten an den Schultern festgehalten. Die Stellen ihrer Schultern die festgehalten wurden fingen auf einmal unglaublich stark an zu Kribbeln. Ein Kribbeln, als ob einem das Bein eingeschlafen war, jedoch auf eine angenehme Art und Weise.
Alvaro richtete Ella wieder auf und starte erst seine Hände und dann Ella wieder an.
"Entschuldigung Alex ich konnte Mia nicht aufhal-", sagte Kate als sie hereinkam, stockte jedoch beim Anblick von Alvaro, der erst auf seine Hände und dann Ella anstarrte.
Er schüttelte kurz den Kopf und verließ dann zügig ohne ein weiteres Wort den Raum.
Kate sah Ella mit einem wissenden Blick an und ging auf sie zu.
"Komm wir gehen erst einmal zum Gästehaus, dort zeige ich dir ein Zimmer, in dem du dich etwas einrichten kannst."
Damit packte sie die immer noch verdattert drein blickende Ella bei den Schultern und führte sie in Richtung Tür.

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