Kapitel 12

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Nachdem Álvaro verschwunden war lauschte Ella etwas abwesend den restlichen Gesprächen der Gäste. Doch langsam wurde sie ziemlich müde.
Ein letztes Mal beschloss sie den Versuch nach Hause zu gehen. Und Tadaa sie hatte die Haustür ohne weitere Vorkommnisse erreicht.
Draußen merkte sie wie frisch es tatsächlich war, denn ohne das Lagerfeuer half ihr auch der Pulli des Alpha nicht viel und sie begann zu frieren.
Zudem war es wirklich sehr dunkel. Werwölfe hatten nachts eine bessere Sicht als Menschen, weshalb es im Dorf kaum Straßenlaternen gab. Demnach erschwerte das Ella ziemlich die Sicht. Zudem wirkte es fast gruselig so alleine durch das förmlich ausgestorbene Dorf zu laufen, da gefühlt jeder auf der Party des Alphas war.
Plötzlich fühlte Ella sich verfolgt, doch jedesmal, wenn sie hinter sich sah, konnte sie nichts erkennen. Sie beschleunigte ihre Schritte, bis sie schließlich rannte. Kurz vorm Gästehaus sprang ihr plötzlich ein riesiger Wolf in den Weg. Vor Schreck erstarrt blieb Ella stehen. Der Wolf war Dunkelbraun und hatte gefährlich drein blickende gelbe Augen. Er fletschte die Zähne und knurrte Ella an.
Ella fasste all ihren Mut zusammen und konfrontierte den Wolf.
„Wer auch immer du bist, zeig dich! Das ist nicht lustig. Und wenn du deinen Spaß haben willst, dann gehe einfach auf die Party des Alphas zurück. ich bin müde und will nach Hause!"
Der Wolf verwandelte sich in seine menschliche Form. Es war ein Mann mittleren Alters mit langen braunen Haaren. Mehrere Strähnen vielen ihm ins Gesicht und von seinem rechten Auge bis zur rechten Wange verlief eine dicke Narbe sein Gesicht entlang.
„Ich glaube nicht, dass du heute noch nach Hause gehst! Du darfst mit mir mitkommen!", beim Wort „darfst" verzog er den Mund zu einem bösen Grinsen.
„Bitte was? Vergiss es und verschwinde!", erwiderte Ella mutig.
Der Mann schritt langsam auf sie zu. Dabei gab er trotz Menschengestalt ein Knurren von sich, was für Ella nach einem „Wehe du machst eine falsche Bewegung" klang.
„Oh doch, du kommst jetzt mit. Und entweder du kommst freiwillig oder unfreiwillig mit. Ganz deine Entscheidung, aber ich an deiner Stelle würde jetzt schleunigst gehorchen!"
Ella hob beschwichtigend die Hände: „Da ich annehme, dass du nicht vom Evergreen-Rudel bist, bist du vom Shadow-Rudel?"
„Scharf kombiniert kleine Luna! Und das Shadow-Rudel nimmt dich jetzt mit!"
Mit diesem Satz verwandelte er sich zurück in Wolfsform, sprang auf sie zu und kannte so heftig gegen sie, dass Ella schwarz vor Augen wurde und sie das Bewusstsein verlor.
Danach bekam sie nichts mehr mit.

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Langsam kam Ella wieder zu Bewusstsein. Ihr Kopf dröhnte und an ihrer Schläfe pochte es unangenehm. Benommen versuchte sie die Augen zu öffnen. Sie blinzelte und sah sich um. Es war dunkel und kalt und feucht. Sie begann zu frieren. *Wo bin ich?*, dachte sie sich und sah sich weiter um. Alles deutete auf einen Keller oder eher ein Gefangenenverlies hin. Wage kamen ihre Erinnerungen an die Geschehnisse zurück. Sie bekam Angst und fragte sich, ob sie dort jemals wieder heraus kam und vor allem warum sie überhaupt hier war.
Da öffnete sich die Tür und drei Männer traten ein.
„Hallo Luna des Evergreen-Rudels. Es freut mich wirklich sehr, dass du uns einen Besuch abstattest!"
Ella schnaubte nur angebiedert. Sie wusste gar nicht, woher sie dafür den Mut nahm.
„Jedenfalls ehrlich Willkommen. Und bevor du fragst wer ich bin, würde ich mich dir gerne vorstellen. Mein Name ist Thoben Shadow. Alpha des Shadow Rudels. Wärst du so freundlich mir deinen Namen zu verraten? Wir sind hier alle per du."
Ella konnte es nicht fassen, wie arrogant ein Mensch, Pardon ein Werwolf sein konnte. Als Antwort spuckte sie ihm nur vor die Füße.
Doch anstatt das den Alpha des Shadow-Rudels wütend zu machen, gluckste er nur vor sich hin.
„Lunchen, du wirst schon noch brechen und gehorchen."
Dann drehte er sich um und er samt Gefolgschaft verschwanden wieder aus der Tür.
Jetzt war Ella wieder allein. Allein mit sich selbst und ihren Gedanken. Ihren Gedanken die gar nicht gut waren. Nicht gut und düster.

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„Mum, wo ist eigentlich Ella?", fragte Mia unterdessen Kate auf der Party?
„Ich weiß es nicht, ich hatte eigentlich vor gemeinsam mit ihr nach Hause zu gehen. Vorhin war sie noch bei Lagerfeuer."
Kate sah sich um.
*Hat irgendwer Ella gesehen?* fragte sie das Rudel in Gedanken.
*Sie ist vorhin heim*, antwortete ihr Susan.
Also verabschiedete sich Kate von Allen und brach mit Mia nach Hause auf. Dort brachte sie die Kleine direkt ins Bett, da es schon weit über ihrer normalen Zubettgehzeit war, selbst für einen Samstagabend.
Sie beschloss kurz nach Ella zu sehen, so lange war sie nach Susan noch nicht weg, weshalb sie bestimmt noch wach war. Irgendwie hatte sie ein ganz komisches Gefühl in der Magengrube und musste sich einfach versichern, dass es ihr gut ging, sonst könnte sie nicht beruhigt schlafen gehen.
Im Gästehaus angekommen lief sie direkt zu Ellas Zimmer und klopfte an. Doch es kam keine Antwort. Vorsichtig öffnete sie die Tür, doch das Zimmer war leer und auch im angrenzenden Bad war niemand.
Jetzt machte sie sich doch ein wenig sorgen, dass Ella etwas passiert sein könnte.
Bevor sie die Hunde scheu machte, beschloss sie noch in der Bibliothek vorbei zu schauen, da das Ellas Lieblingsort im Dorf war.
Doch auch dort war niemand. Jetzt machte sie sich mehr als nur Sorgen und beschloss das Rudel zu kontaktieren.
*Hey Leute, Ella ist nicht auffindbar, hat irgendwer etwas bemerkt?*
*Hier auf der Party und im nahen Umkreis ist sie nicht, das würden wir riechen*, antwortete ihr Tamai, der Beta des Rudels.
Da Tamai noch nüchtern war, beschloss sie direkt mit ihm zu kommunizieren
*Okay, dann treffen wir uns am Marktplatz so schnell du kannst. Und bring die erste Garde mit. Man kann ja nie wissen...*
Die erste Garde, war ein kleiner Teil des Rudels, die für den Schutz des Evergreen-Rudels zuständig waren. Dazu gehörten sowohl das Hauptdorf, als auch alle Randbezirke und umliegenden Dörfer, die innerhalb des Evergreen Territorium lagen.
Zwei Minuten später hatten sich ca. 10 Werwölfe am Marktplatz versammelt.
„Wo ist der Alpha?", fragte Kate in die Runde
„Der schläft seinen Rausch aus, ich habe ihn vorhin in der Küche getroffen und musste ihn ins Bett bugsieren. er saß alleine dort und hat sich abgefüllt. Warum auch immer!", meinte Tamai.
„Okay? Na gut, ich würde mal behaupten, dass die erste Anlaufstelle das Shadow-Rudel sein wird. Tamai leite uns an."
Gesagt getan. Schon rannten sie los mit direktem Ziel, das Shadow-Rudel. Während des Laufens kommunizierten sie kaum. jeder kannte den Weg sowieso. Nach zwei Stunden machten sie eine kurze Pause um zu verschnaufen. Das letzte Stück vom Weg legten sie dann langsamer und deutlich vorsichtiger zurück. Schon längst hatten sie die Grenze zum Shadow-Rudel übertreten und mussten die Gegend um sich herum sondieren.
Noch war alles ruhig, allerdings war es auch mitten in der Nacht und somit die Wachen, die auf Patrouille waren Ur halb besetzt.
Nach weiteren fünf Minuten Marsch kamen ihnen zwei Werwölfe der Grenzpatrouille entgegen.
„Wir bitten sofort um Audienz beim Alpha. Es geht um Angelegenheiten des Grenzübertritts."
Die zwei Werwölfe nickten nur und führten sie ins Zentrum und somit zum Anwesen von Thoben, dem Alpha des Shadow-Rudels.
Während sie den Wölfen der Grenzpatrouille folgten, versuchten sie den Geruch von Ella zu wittern, doch vergeblich. Wäre sie hier, hätten sie längst ihren Geruch aufgenommen.

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Im Anwesen wurden sie von Thoben im Morgenmantel empfangen. Er blickte ihnen spöttisch entgegen.
„Herzlich Willkommen Evergreen'er. Mit welcher frohen Kunde seid ihr zu mir gekommen?"
Kate musste sich sehr zusammen reisen um Thoben keine Wort des Hohns entgegen zu werfen. Sie konnte ihn einfach absolut nicht leiden. Doch wie es die Sitte wollte, übernahm sowieso der Beta in Abwesenheit des Alphas das Ruder und somit die Aufgabe des Gespräches.
„Thoben, leider kommen wir mit eher wenig guter Kunde. Wir sind nicht umhin gekommen zu bemerken, dass in letzter Zeit recht häufig Grenzüberschreitungen von Wölfen deines Rudels auf unserem Territorium zu beobachten waren. Und nun mussten wir feststellen, dass ein-", beim nächsten Wort stockte er kurz „Rudelmitglied von uns vermisst wird?"
„Ach Tamai, lieber lieber Tamai! Wie schrecklich solche Neuigkeiten zu hören, doch ich bi untröstlich, auf meinem Gebiet hält sich aktuell kein Evergreener auf. Das hätte ich sicherlich mitbekommen!", bei seinen Worten verzog er das Gesicht zu einer mitleidigen Schnute.
„Dürften wir uns davon selbst ein Bild machen?", hakte Tamai nach.
„Aber selbstverständlich doch! Nur zu."

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Noch die ganze Nacht, suchten sie das Territorium des Shadow-Rudels ab, doch leider ohne eine Spur von Ella.
Etwas entmutig kehrten sie zurück nach Hause. Besorgt darüber, was der Alpha dazu meinte, wenn sie ihm morgen gestehen müssten, dass Ella verschwunden war.

Das Bündnis der LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt