Kapitel 8

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Es war bereits eine Woche wieder vergangen, seit der Alpha das Auto fluchtartig verlassen hatte. Seitdem hüllte er sich in Abwesenheit und Ella hatte ihn nicht mehr gesehen.
Jedesmal wenn sie Kate nach ihm fragte, rollte sie nur mit den Augen und behauptete, er sei auf Missionen. So ganz konnte ihr Ella das allerdings nicht abkaufen, doch sie fragte nicht weiter nach.
Da aktuell in der Krankenstation nicht viel zu tun war, hatte Ella beschlossen, mehr über Werwölfe und auch das Evergreen-Rudel herauszufinden. Deswegen verbrachte sie ihre Nachmittage stets in der Bibliothek mit dem Schmökern in uralten Wälzern. Außerdem schmeckte der Kaffee dort hervorragend und Ella war Dauergast.
Der Bibliothekar war anders wie erwartet kaum älter als Ella, groß gewachsen, aber das schienen hier irgendwie alle zu sein und er war gut gebaut.
Anfangs konnte Ella es sich nicht verkneifen, auf seine muskelbepackten Arme zu starren. Als er sie jedoch beim Starren ertappte, lief sie rot an und beschloss alles anzusehen, bis auf seine Arme.
Nathaniel, so hieß der Bibliothekar hatte einen unglaublich großen Wissensschatz und konnte ihr exakt sagen, wo sie welches Buch suchen musste.
So verbrachte sie ihre Zeit mal gemeinsam mit ihm in der Bibliothek oder alleine, wenn er etwas zu tun hatte.
Die Geschichte der Werwölfe ging schon auf Jahrhunderte zurück. Damals verwandelte sich ein Mann namens Konstantin in einer Vollmondnacht das erste Mal in einen Werwolf. Bis dahin war er der einzige, bis er sich unsterblich in eine Frau verliebte. Ihr Name war Ellaluna. Nachdem sie zusammenkamen gestand er ihr, dass er kein normaler Mensch war. Nach seinem Geständnis befürchtete er, dass sich Ellaluna von ihm trennen würde und Angst haben würde. Doch alles was sie tat, war ihm zu zeigen, dass ihre Liebe zu ihm alles überstehen konnte.
In der darauffolgenden Vollmondnacht verwandelte auch sie sich zum allerersten Mal in eine Wölfin.
Konstantin war in Werwolfsgestalt pechschwarz, Ellaluna jedoch strahlend weiß.
Mit den Jahren verwandelten sich immer mehr Männer und Frauen in Werwölfe und schlossen sich dem Rudel der ersten beiden Werwölfe an.
Damals lebte man in Harmonie zusammen und half einander. Die Werwölfe verehrten Konstantin und Ellaluna und so wurden die Begriffe des Alpha und der Luna geprägt.
Schon weit nachdem die zwei verstorben waren, wurden sich die Werwölfe uneinig, wer der neue Alpha werden würde. Die Uneinigkeiten wurden heftiger und große Streitigkeiten entfachten Tumulte, die letztenendes das einst in Harmonie lebende Rudel in fünf große Rudel spalteten. Diese Rudel waren das Evergreen-Rudel, das Shadow-Rudel, das Armonias-Rudel, das Packett-Rudel und das Fallas-Rudel. Nachdem sich jeder Werwolf eines der Rudel angeschlossen hatte, trennten sich deren Wege und jeder baute innerhalb der beschlossenen Grenzen sein Reich auf.
Nie übertrat ein Werwolf die Grenzen zu einem anderen Rudel. Einzig und allein die fünf Lunas der Rudel trafen sich einmal im Jahr um den Friedenspakt neu zu bekräftigen.
Ursprünglich oblag diese Aufgabe den Alphas, doch als diese Treffen nurmehr in einem Blutbad endeten, wurde die Aufgabe den Lunas übertragen.
Als Ella fragte, wann das letzte Treffen der Lunas stattgefunden hatte, erzählte Nathaniel ihr, dass das leider scho mehrere Jahre zurücklag. Denn seitdem Álvaro an die Macht gekommen war, wartete er darauf seine Mate zu treffen, welche dann automatisch zur Luna des Rudels wurde. Und darauf wartete er nun schon 4 Jahre.
Flüsternd berichtete er ihr auch, dass Álvaro von Jahr zu Jahr immer grimmiger wurde.
Bei dieser Information musste Ella laut loslachen und wollte gerade schon über Álvaro herziehen, als Nathaniel sie berichtigte, dass das leider nichts zum lachen wäre.
Seit dem der Friedenspakt nicht erneuert wurde kam es vermehrt zu Unruhen und Aufständen. Und seit einem Jahr circa kam es vermehrt zu Sichtungen fremder Wölfe auf dem eigenen Territorium.
Das Evergreen-Rudel befürchtete, dass sie gestürzt werden könnten, wenn der Alpha nicht bald seine Luna fand.

Wie sonst auch verbrachte Ella ihren heutigen Vormittag in der Bibliothek. Gerade war sie auf der Suche nach Biographien der anderen Lunas. Sie war fasziniert davon und wollte ein Buch finden, dass die allesamt vier weißen Wölfinnen zeigte.
Nathaniel war nicht da, er war auf einem Kurztrip um neue Bücher zu inspizieren, die Teil der Bibliothek werden sollten.
Ella saß hinten Rechts, neben Nathaniels Schreibtisch in ihrem Lieblingssessel direkt am Fenster und war in ein Buch vertieft, als sie hörte, dass die Türen zur Bibliothek aufgingen.
Freudig sprang sie aus ihrem Sessel auf um Nathaniel zu begrüßen: „Nate, zum Glück bist du wieder da, du-„
Als sie jedoch sah, wer da eigentlich gerade zur Tür hereingekommen war, verstummte sie. Es war Álvaro .
Auch er hatte einen Satz begonnen, den er abbrach, als er Ella sah.
Als ihre Blicke sich trafen, fing Ellas Bauch wieder an zu kribbeln. Sie schob das allerdings auf die Nervosität, die sie jedes Mal verspürte, wenn der Alpha einen Raum betrat.
Schließlich war er hier der Chef und man sollte es sich mit ihm nicht verscherzen.
„Alpha, entschuldige, ich hatte gehofft Nate, ich meine Nathaniel wäre zurück!"
„Nate?", hakte Álvaro nach, bevor er sich auf der Stelle umdrehte und wieder zur Tür hinaus verschwand.
*Was war das denn? Dachte sich Ella und lief verwirrt wieder zu ihrem Sessel zurück.* Sie beschloss abends Kate davon zu berichten und zu fragen, was das sollte.

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„Eeeeella!", rief Mia gerade, als sie gerade zur Tür herein kam. Jeden Abend aß sie zusammen mit Mia und Kate bei ihnen zu Hause. Mia sprach von ihr als die Ältere Schwester, die sie nie hatte. Und das obwohl Ella 15 Jahre unterschied zu ihr hatte, aber nur 8 zu Mias Mutter, Kate.
„Ella kommst du am Samstag auch?", fragte Mia sogleich, als Ella die Küche betrat.
„Wohin kommen?", fragte sie zurück.
„Na zu Al's Geburtstagsfeier!"
„Álvaro hat am Samstag Geburtstag?"
„Jahaaaa sag ich doch!", erwiderte Mia genervt davon, dass Ella so lange brauchte um die Information zu verstehen.
Ella runzelte die Stirn: „Ich glaube wohl kaum, dass der Alpha mich auf seiner Feier haben wollen würde. Er kann mich ja nicht einmal leiden!"
„Aber fast das ganze Dorf wird da sein! Und wenn du mit dabei bist, dann lässt mich Mama bestimmt länger auf bleiben, ach bitte!", flehte Mia Ella an.
„Dann lass ich dich WO länger aufbleiben?", fragte Kate nun, die gerade zur Tür hereinkam.
Mia wurde rot und verzog sich ganz brav zu den Küchenschränken um das Geschirr für das Abendessen hervorzuholen.
„Mia plapperte irgendetwas von Álvaro's Geburtstagsfeier.", erklärte Ella ihr, wodurch sie von Mia fürs Ausplaudern einen bösen Blick kassierte.
„Oh ja, am Samstag!", erwiderte Kate nun scho mit einem freundlicheren Gesichtsausdruck! „Stimmt, davon habe ich dir noch gar nicht erzählt! Du solltest kommen!"
„Das ist lieb von dir, aber lieber nicht. Álvaro kann mich nicht wirklich leiden! Apropos Álvaro , ich muss dir noch erzählen was mir vorhin Inder Bibliothek passiert ist!"
Und so erzählte sie Kate von der merkwürdigen Begegnung mit dem Alpha in der Bibliothek, als sie Nathaniel erwähnt hatte.
„Da ist wer wohl eifersüchtig!", nuschelte Kate mehr zu sich als zu Ella gewandt.
„Bitte?", hakte Ella nach, doch Kate winkte nur ab.

Nach dem Essen machte Ella sich auf den Weg zum Gästehaus um schlafen zu gehen. Es war spät geworden, da sie mit Kate noch über alles mögliche gequatscht hatte.
Doch wollte sie eigentlich früh aufstehen und gleich zur Bibliothek gehen um Nathaniel noch bei seinem Morgenkaffee zu erwischen. Sie mochte ihn sehr und liebte es mit ihm gemeinsam Kaffee zu trinken.
Kurz bevor sie am Gästehaus ankam, wurde sie Zeuge von einem Streit.
„ICH WILL NICHT, DASS ER SICH IHR NÄHERT!"
„Das kannst du nicht beeinflussen, sie geht gerne dorthin!
„SIE ZU GEHÖRT MIR!"
„Auch wenn du sie eigentlich gar nicht wolltest?! Verstehe mich nicht falsch, aber mit Ignoranz kommst du ihr sicherlich nicht näher! Außerdem weißt du noch nicht einmal ob sie es sein kann, denn sie ist keine von uns! Feststellen ließe sich das sowieso nur mit einem K-", da wurde der zweite Redner vom Ersten unterbrochen.
„JA ICH weiß....", er schien kurz durchzuatmen.
Plötzlich hörte Ella Geräusche von sich nähernden Schritte. Panisch, um nicht beim belauschen entdeckt zu werden sprintete sie förmlich zum Gästehaus und wagte es erst dann wieder zu stoppen, als sie ihre Zimmertür hinter sich zu schlug.
Das gehörte Gespräch stimmte sie nachdenklich. Sie fragte sich, wer die zwei Männer waren, die dort diskutiert hatten und auch über wen sie Sprachen. Aber es schien um eine Frau zu gehen.
Noch bis tief in die Nacht verfolgten sie die Gedanken, bis sie schließlich doch einschlafen konnte.

Das Bündnis der LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt