fünfter? Tag
Ich stehe neben der Treppe. Es sind einhundertunddrei Schritte von meinem Zimmer bis hierher. Ich habe mehr beunruhigende Dinge gesehen, denn ich habe durch einige Türspione in die dahinterliegenden Räume geschaut. Alle sind scheinbar genau so eingerichtet, wie mein Zimmer 2201. Vor jedem Fenster schwebt ein identischer Augapfel mit blauer Iris. Jedes mal hat er mich versucht hinein zu locken, aber nicht das war das wahrlich erschreckende.
In den meisten Räumen lagen tote Menschen. Leichen, immer einzeln natürlich. Es waren Frauen und Männer, einige jung, andere alt. Jeder in seinem Raum. Sie hatten sich teils selbst getötet, zwei mithilfe eines ähnlichen Stifts wie der, mit dem ich grade hier hineinschreibe, andere schienen sich das Genick gebrochen zu haben. Es gab drei Tote, die dalagen, als wären sie eingeschlafen, jedoch auch einen Mann, der in etwas lag, das nach altem Erbrochenem aussah. Sie waren alle bereits am verwesen.
In einem Raum lief der Fernseher. Gezeigt wurde eine Liveaufzeichnung der Beatles. Ich weiß nicht welches Lied sie gespielt haben, weil der Fernseher auf Lautlos gestellt wurde, aber es waren eindeutig die Beatles. Die rothaarige Frau saß an das Bett gelehnt und hatte den Kopf auf die Brust sinken lassen. Sie war vielleicht zwanzig, vielleicht auch schon dreißig Jahre alt. In ihrem Hals steckte der Kugelschreiber jedoch war jegliches Blut bereits zu einer schwarzen Kruste vertrocknet und Schimmel hatte sich in der Wunde ausgebreitet. Sie trug ein schwarz-weiß kariertes Hemd, eine weiße Jogginghose und schwarze Socken. Die anderen Kleidungsstücke lagen verteilt im gesamten Zimmer. Ich konnte sogar Essen sehen, dass sie quer durch ihr Gefängnis geworfen hatte. Zwischen ihren toten Beinen lag eine Handgeschriebene Seite auf dem Boden. Ich gehe davon aus, dass sie ebenfalls ein komplett leeres Buch, neben zwei Literaturklassikern auf dem Tisch gefunden hatte, auch wenn ich weder die einen, noch das andere sehen konnte. Ich hätte ihren Abschiedsbrief zu gerne gelesen.
Die ersten Menschen, die ich nach Jahren sehe sind tot, was mich daran zweifeln lässt, ob es überhaupt noch Lebende gibt. Auf meine Rufe hat niemand reagiert.
Das Treppenhaus sieht nicht mehr so warm aus, wie der Gang. Ein Schild verkündet, dass ich mich im elften Stock befinde. Selbst wenn es einen Fahrstuhl gegeben hätte, hätte ich wahrscheinlich die Treppe genommen. Sie ist nicht mehr als ein metallenes Skelett, aber scheint dennoch robust zu sein. An den Wänden des Treppenhauses befinden sich Leuchtstoffröhren. Ich kenne diese Art Licht, aus einer Zeit bevor alles Begann. Ich werde mich auf den Weg in Richtung Lobby machen, vielleicht finde ich dort Antworten.
Ich sitze an einem Tisch, der nicht am Boden befestigt ist. Die Lobby ist groß. In diesem Bereich gibt es einige Stühle und Tische und eine Theke, die an ein Restaurant erinnert. Irgendwann haben hier Menschen gesessen und (vielleicht nach ihrer Teilnahme an einem der Experimente) anscheinend gutes Essen genossen. Darauf lassen drei Sterne schließen, über der Theke angebracht sind. Einen Namen hat das Restaurant nicht, ich bezweifle auch, dass hier jemals wieder irgendwer essen wird. Die gesamte Lobby ist menschenleer. Auf drei Tischen stehen noch Teller mit vertrockneten Essensüberresten. Der Boden ist rot-weiß kariert. Es gibt Fenster. Viele Fenster, die mir eine glasklare Sicht nach draußen bieten. Ich weiß nicht, ob ich meinen Augen noch trauen kann, ich weiß nicht, ob ich überhaupt bei Bewusstsein bin. Die Welt ist leer. Tot, trifft es auch. Ich sehe nicht mehr, als eine unendlich weite Landschaft aus kurzem, grüngrauem Gras, dass von einer kaputten Straße geteilt wird. Die Sonne steht hoch am Himmel. Es ist hügelig und die Straße schlängelt sich durch das Blickfeld. Wer auch immer hier saß, hatte einen erste Klasse Blick auf die trostlose Welt vor dem Fenster. Ich gehe davon aus, dass alles hier vor Jahren einmal fröhlich gewirkt hat, zumindest so wirken sollte. Es scheint nie zu einem Experiment 4.5 gekommen zu sein, wenn ich dem Glauben schenken darf, was ich gesehen habe.
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I
Horror"Im still standing" ~Elton John "fly me to the moon, let me play among the starts" ~Frank Sinatra (Ol' blue eyes) Hallöchen, diese Geschichte ist tatsächlich recht interessant. Sie handelt von einem Mann, der seit geraumer Zeit in einem einzigen Z...