XV

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zweiter Tag (achter)

Es ist warm. Ich würde sogar sagen es ist heiß. Der Morgen war den Umständen entsprechend gut. Ich habe wenig gegessen, viel getrunken. Das Gebäude kann ich nicht mehr sehen und die Landschaft wird tatsächlich immer flacher. Ich bin vielleicht zehn, vielleicht aber auch schon dreißig Kilometer gegangen. Zahnschmerzen sind wieder aufgetaucht. stärker. Ich habe Angst, dass meine Zähne verfaulen, wenn ich hier noch weiter unterwegs bin.

Rechts und links von mir ist immer noch nichts. Nur Gras. Keine Vögel am Himmel, nicht einmal Wolken. Es geht mir besser. Ich habe die Aufzeichnungen von gestern Nacht gelesen. Ich kenne keinen William Hanna. Ich darf mich dennoch nicht von solchen Dingen ablenken lassen. Glaub nicht alles was hier steht hat HERR TOM mir gesagt. Habe ich mir selbst gesagt. Ich muss weitergehen. Die Hitze ist noch erträglich, allerdings ist es nicht einmal Mittag. Gestern war es noch nicht so warm.


Es ist vielleicht eine Stunde vergangen und ich bin außer Atem. Ich hasse das Gehen. Wasser wäre gut. Nur nicht zu viel aus einmal.
Ich schwitze. Kein Wunder. Die Tasche wird schwerer, obwohl sie eigentlich leichter wird. Ich bin immer noch alleine. Soll ich auch anfangen hier einfach rein zu kritzeln?

Ein  Haus vom Nikolaus wenns sein muss. Oder ein Einfamilienhaus. Mit Garten. Einer kleinen Schaukel für ein kleines Kind. Einem Kirchbaum vorne und einem Apfelbaum weiter hinten, damit man den Kirschbaum zuerst sieht, denn der ist viel schöner. Aber den Apfelbaum nicht vergessen, denn die Äpfel im Sommer schmecken grandios. Ein Beet mit Kräutern und Blumen, damit man sich einen schönen Tee kochen kann, wann immer man will. Ein Pool? Nein, dazu ist der Garten nicht groß genug, aber ein kleines Fußfallfeld. Mit einem Fußballtor. Für den Jungen. Denn bald kommt ein zweiter.

Das Haus steht in einer kleinen Stadt. Kein Dorf, aber nah dran. Nicht jeder kennt jeden, aber die besten Freunde oder ärgsten Feinde sind oft Nachbarn. Eine kleine Schule, wo sich Kinder kennenlernen und Freunde werden oder mehr. Das Haus hat einen Keller, da kann der Große später groß feiern, und der Kleine bald auch. Irgendwann wird aus dem Fußballfeld ein Platz für Grillpartys und Lagerfeuer. Ein kaltes Bier in der warmen Abendluft. Die Schaukel braucht man dann auch nicht mehr. Jetzt ein Pool? Eher ein Haustier. Das Haus hat viele Bilder und Erinnerungen. Schulabschlüsse. Leben, die sich in ihre Richtungen entwickeln. Und alles begann dort in einem einfachen Einfamilienhaus.
So etwas könnte man zeichnen.


Die Sonne steht hoch über mir. Plötzlich ist es sehr warm. Sehr heiß. Ich bin weit gekommen. Glaube ich. Es ist wirklich sehr heiß. Die Sonne. Ich muss mehr trinken. Ich glaube die Riegel in meinen Taschen schmelzen, zumindest die Schokolade auf einigen. Mein Kopf tut weh. Ich glaube diese Reise wird unschön.


Da ist ein Tier. Auf der Straße. Es kommt mir entgegen getrottet. Ein Fuchs glaube ich. Es ist das erste Mal, dass ich ein Tier sehe. Dass ich irgendetwas lebendiges sehe (die Augäpfel ausgenommen). Ja es ist ein Fuchs. Er kommt auf mich zu. Ich auf der linken Seite der Straße, er auf der rechten. Sein Fell ist orange-rot und sehr schön. Weise, erfahrene Augen. Er hat etwas im Maul. Klein und blutig. Es sieht nach rohem Fleisch aus. Tiefrosa, beinahe nackt. Es ist eine gehäutete Maus. Glaube ich zumindest. Der Fuchs bleibt vor mir stehen, ich vor ihm. Jetzt in diesem Moment. Er blickt mich an, das tote Tier im Maul. Weise Augen.
SIEH MICH NICHT SO AN!
ICH KANN DOCH NICHTS DAFÜR!

Er lässt die Maus fallen. Bewegt sich ihr Brustkorb? Niemals. War das ein fiepen? Niemals. Fieber. Fell, sehr schönes.
Er schaut mich an. Verurteilt mich. Mein Kopf tut weh. Ko-pf. DER FUCHS WEIß, DASS ICH LEBE
LEBE LEBE Lebe/Lieb
e
Mar-ia!
Mein Ko-PF
Er spricht zu mir wie ein Hund. Er spricht zu mir, mit einer tiefen Stimme. Ich muss träumen. WACH AUF! Er sagt. Der Fuchs sagt

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