Sonntag, 08. Oktober - 14:03 Uhr
Die Herbstsonne schien durch das sich so langsam einfärbende Laub des Mischwaldes herab. Etwa 20 Minuten von mir Zuhause entfernt, befand sich ein kleines Biotop mit einem kleinen See, den etwa ein Dutzend Enten ihr Zuhause nannten.
Das Wetter zeigte sich heute noch einmal von seiner sommerlichen Seite, weshalb ich beschlossen habe, einen kleinen Spaziergang zu machen. Da ich mein Ziel, meine Liste abzuarbeiten, immer noch fest im Blick habe, nahm ich heute Punkt 7 in Angriff. Tatsächlich war dies einer derjenigen Punkte, den ich nicht darauf gesetzt habe, weil er eine Herausforderung für mich darstellte, sondern eher im Gegenteil. Ich habe früher öfters in Filmen gesehen, wie - meist ältere - Leute sich in den Park gesetzt und Enten gefüttert haben. Ich habe über solche Filmszenen meistens ausgelassen meinen Kopf geschüttelt, da ich dies sehr kitschig und klischeebehaftet, fast schon lächerlich empfand. Denn wer nimmt sich in der heutigen Zeit und vor allem bei dem heute vorherrschenden gesellschaftlichen Standard, bewusst Zeit dafür, sich einen ganzen Nachmittag in den Park zu setzen und nichts anderes zu leisten, als ein paar Enten zu füttern? Dennoch vermittelten solche Szenen dem Zuschauer das Gefühl von einer schönen, heilen Welt. Sie stellten in meinen Augen einen romantisierten Lebensstil dar, der nur selten in der Realität so zu beobachten war. Ich habe mich oft gefragt, ob es auch demjenigen, der auf dieser Parkbank sitzt, dasselbe Gefühl verleiht? Also beschloss ich es herauszufinden.
Bevor ich gestartet bin, habe ich mir deshalb eine Papiertüte geschnappt und etwas vom hart gewordenen Brot bei uns zu Hause eingepackt. Die Papiertüte in der Hand, Sonnenbrille auf der Nase und beide Kopfhörer in den Ohren, spazierte ich nun also den schmalen, naturbelassenen Weg durch den bewaldeten Teil des Biotops, bis ich die Lichtung erreichte, an der ein kleiner See zum Vorschein kam. Einige wenige Pärchen und Gruppen waren auf dem Weg, der einmal um den See herum führte, unterwegs. Ich suchte mir eine freie Parkbank, ließ mich darauf nieder und stellte die Papiertüte neben mir ab. Gemütlich, mit beiden Beinen abgespreizt, lehnte ich mich zurück und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Mit geschlossenen Augen reckte ich mein Gesicht der Sonne entgegen. Eine Weile saß ich so da, bis ich mich daran erinnerte, dass Hannah heute ein Date hatte, nach dem sie sich bei mir melden und sich anschließend noch mit mir treffen wollte. Etwas ungelenk hob ich mein Becken an, um mein Handy aus meiner eng anliegenden Jeans herauszufischen.
Und tatsächlich, der Bildschirm leuchtete mir eine ungelesene Nachricht von Hannah entgegen. Ich klickte darauf: 'Hi Tim, bist du schon am See?' Ich tippte ein schnelles 'Ja!', setzte ein lächelndes Smiley-Emoji dahinter und hängte noch den Standort dran, damit meine Freundin mich auch sicher fand. Hannah war heute zum Mittagessen verabredet gewesen, wie sie Jay und mir am Freitag erzählt hatte. Ich war etwas überrascht, dass sie mir noch nichts davon erzählt hatte. Normalerweise sprechen wir immer sehr offen darüber, wenn uns jemand gefällt.
Auch war ich etwas verwundert, dass sie ihr Date vor Jay erwähnt hatte, da ich davon ausgegangen war, dass Hannah Jay toll fand und er sie ebenso. Aber sie hatte anscheinend bereits seit einigen Wochen diesen anderen Jungen online geschrieben. Also musste ich meiner Freundin wohl glauben, dass sie tatsächlich nichts von Jay wollte. Um ehrlich zu sein, schien mir auch Jay, nachdem Hannah dies angesprochen hatte, weder überrascht, noch enttäuscht oder eifersüchtig. Vielleicht war er aber auch nur gut darin, seine Enttäuschung zu verstecken. Ich kannte ihn noch zu wenig, um ihn diesbezüglich richtig einschätzen zu können. Trotzdem hat mir der gemeinsame Abend mit Jay am Freitag gut getan. Es war schön, jemanden außerhalb meines Freundeskreises - der zurzeit sowieso nur aus Hannah und mir bestand - zum Reden zu haben. Ich war Anfangs zwar noch sehr unsicher, ob ich Jay so viel von mir erzählen sollte, ob ich generell so viel von mir einem praktisch Fremden preisgeben kann, aber je mehr Zeit ich mit ihm verbracht habe, desto leichter fiel es mir, über mich zu sprechen. Und Jay hörte zu, ohne mich zu verurteilen. Es war lange her, dass ich mich so sicher fühlte, offen zu reden. Beim Gedanken daran huschte ein kleines Lächeln über meine Lippen.
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30 things to do
Любовные романыDer einst so offene und lebensfrohe Tim leidet seit der Trennung von seinem Freund unter Sozialer Phobie. Durch seine beste Freundin Hannah erfährt er von der 30-Tage-Challenge. Nachdem er diese zu Beginn wenig ernst nimmt, veranlasst ihn ein Ereign...