4. Ein schwieriges Projekt

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Sonntag verstrich in einem Atemzug und der Montag starrte seiner Familie in die müden Augen. Sumi hatte sich erkältet und seine Eltern die halbe Nacht wachgehalten.

Den Rest der Nacht hatte das verschnupfte Mädchen bei ihm im Dachgeschoss verbracht. Ihr Schnarchen war sehr viel lauter als man es bei dieser Körpergröße vermutet hätte. Immer wieder wurde er davon geweckt und einschlafen war eine Tortur. Als endlich die Sonne aufging, klappte er seinen Laptop zu und schlich ins Bad.

Eine kalte Dusche war der einzige Weg wie er den heutigen Tag überleben würde. Er zog sich gerade an als er Sumi in der Tür bemerkte. Sie schniefte leise. Mit glasigen Augen und roter Nase gab sie ein trauriges Bild von ihrem eigentlichen fröhlichen Gemüt ab.

Sofort zog er sie in seine Arme und sprach leise mit ihr. Nichts war schlimmer als seine Schwestern krank zu sehen. Bei Evelyn war es genauso schlimm, auch wenn sie fast erwachsen war. Ihr Leid war für ihn kaum ertragbar. Behutsam hob er sie hoch und trug sie zu seinen Eltern. Beide hielten eine Kaffeetasse eng umschlungen.

"Hat sie wenigstens ein bisschen geschlafen?", fragte seine Mutter und drückte das kleine Mädchen an ihre Brust, "Young-Ho mach einen Tee. Sie braucht Flüssigkeit. Und danach Inhalieren wir, damit dieser furchtbare Husten besser wird."

Sein Vater machte sich daran die Anweisungen seiner Frau auszuführen. Liebevoll strich Jay Sumi über die Stirn. Sie war ganz warm. "Ich denke schon. Zumindest hat sie geschnarcht. Aber sie hat sich ständig herumgewälzt."

"Das heißt wohl nicht besonders erholsam für keinen von euch." "Das ist nicht so schlimm für mich." Young-Ho kam mit einer Kindertasse in der Hand zurück. Vorsichtig hielt er sie Sumi an die Lippen. Das Mädchen macht einige Schlucke und kuschelte sich dann wieder an seine Mutter. "Hast du heute Uni?" "Ja. Ich muss jetzt auch gleich los."

"Hey Jay!", Evelyn kam aus ihrem Zimmer und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, dann bemerkte sie Sumis Gesicht. "Mist, die Verkühlung ist schlimmer geworden?" Ihre Mutter nickte bekümmert, "Und ich hab den Laden heute Nachmittag."

"Den Nachmittag kann ich doch übernehmen. Ich hab noch nichts vor und wenn du mir sagst, worauf ich achten muss und immer erreichbar bist, übernehme ich Sumi.", bot Evelyn an. Ihre Eltern sahen sich nachdenklich an. Man konnte sehen, wie sie sich nur durch Blicke verständigten. Eine Gabe, die der eines Saki sehr nahekam. Schließlich nickten sie und wandten sich wieder ihren Kindern zu.

"Ich habe einen anderen Vorschlag. Warum übernimmst du nicht den Laden, Evie. Du weißt doch schon was zu tun ist." "Ich weiß nicht. Bist du sicher?", Zweifel huschte über Evelyns Gesicht. Völlig alleine hatte sie diese Verantwortung noch nie getragen. Jay wunderte sich, woher dieser Sinneswandel seiner Eltern kam. Sumi hustete laut und beendete damit die Diskussion.

"Bitte sei um halb drei im Laden. Dein Vater wird dir sagen, was noch erledigt gehört. Und ich kümmere mich mal um die Kleine. Habt einen schönen Tag und passt auf euch auf.", Katarina gab ihnen beiden einen Kuss und scheuchte sie aus der Tür. Keine Minute zu spät, ihr Bus würde gleichkommen. Hastig rannten sie zur Busstation und sahen sich um.

"Ist er schon gefahren?" "Sieht nicht so aus.", meinte Jay und zeigte auf die wartenden Menschen. Evelyn stieß einen erleichterten Seufzer aus. "Zum Glück. Ich kann heute nicht zu spät dran sein."

Es fuhr nur ein Bus von ihnen in die Stadt. Der geheiligte und verteufelte 16A. Niemand hasste diesen Bus so sehr wie Jay und seine Schwester. Entweder er kam zu früh oder zu spät und wenn man mal die Verspätungen des Buses miteinrechnete kam er genau richtig. Es war zum Verrücktwerden.

"Hast du heute auch Uni?", Jay nickte, "Kurs über Rechnernetze, glaub ich. Nichts allzu Aufregendes, aber zumindest was Neues." "Du bist echt so ein Genie. Manchmal beneide ich dich."

Diaspora- Erbsünde 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt