Diaspora- Erbsünde 4

28. Ein rauschendes Fest

Der Anzug saß nicht richtig. Er war an den Ärmeln etwas zu kurz. Jay zupfte daran herum. „Lass das. Du siehst okay aus. Niemand wird das bemerken.", Mina schlug ihn sanft gegen die breite Schulter. Ihr Aussehen mit Make-up und hübschem Ballkleid ließ die Illusion ihrer Tarnung perfekt wirken. Für sowohl Luke als auch Mina war die Verwandlung deutlich schwieriger als für ihn. Zumindest hatte Richard Ulan dieselbe Hautfarbe und war asiatisch.

Der Blick in den Spiegel, besonders flüchtig erschreckte ihn bei weitem nicht so wie seine Freunde. Gloria, Minas Tarnung war älter und Latina. Ihre olivenfarbige Haut und die braunen schulterlangen Haare standen im krassen Gegensatz zu Minas üblichem Aussehen.

Luke war nicht besser dran. Seine Tarnung Tom, war ein etwa Dreißigjähriger Schwarzer Mann, dessen gepflegte Dreadlocks eine wahre Herausforderung beim Styling gewesen waren. Zusammen ergaben sie ein spannendes Trio, besonders in der Unterstadt.

Während sie gestylt und vorbereitet wurden, hatten sich immer wieder Schaulustige versammelt. Nun waren sie angezogen und bereit. Zumindest so bereit wie sie sein konnten. Die Nervosität lag in seinen Fingerspitzen. Immer wieder fuhr er sich durch die nicht existenten Haare.

Luke trat zu ihm und griff nach seiner Hand. Ungelenk klopfte Jay ihm auf den Hintern. „Ich glaube, dass solltest du bei der Party vielleicht nicht machen.", kommentierte Mina und verkniff sich ein Lachen.

„Streich mir mal über die Wange.", Luke war der Einzige von ihnen der ernst bleiben konnte. Jay tat wie ihm befohlen. „Das hat sich schon fast natürlich angefühlt. Wir müssen uns immer wieder berühren, aber unauffällig. Und Lächle mich an. Immer wieder mitten im Gespräch."

„Ist das nicht zu auffällig. Alexa meinte, wir sind nur inoffiziell ein geheimes Paar." Da die Balance zu finden war wirklich nicht einfach. Luke strich eine Dreadlock hinter sein Ohr.

„Besser wir machen es zu auffällig als zu unauffällig. Es ist eine Party, vielleicht sind sie da eher ausgelassen." „Vielleicht.", vielleicht auch nicht. Sie wussten nicht was sie erwartete.

„Seid ihr bereit?" Teona zusammen mit Falko, Viktor und Maddie trat auf sie zu. Jeder war in eine Kampfausrüstung gekleidet und der eindringliche Ausdruck auf ihren Gesichtern machte jedem in der Unterstadt klar, dass diese Mission Konsequenzen für sie alle haben würde. Egal wie sie ausging. Jay nickte mit einer hoffentlich zuversichtlichen Miene.

„Gut. Unser Freund aus dem Sexshop hat ein Taxi organisiert. Ihr seid keine hochkarätigen Mitarbeiter, also sollte es nicht weiter auffallen."

„Wir tun einfach so als wollten wir uns an der gratis Bar einiges gönnen. Das sollten wir sowieso. Betrunkene fallen weniger auf. Dann schaut auch niemand, wenn wir nicht mit unseren eigenen Autos kommen.", meinte Mina gelassen.

„Es gibt dort eine gratis Bar?", woher wusste sie das? „hab ich was verpasst?" Mina zuckte mit den Schultern. „Bei solchen Veranstaltungen gibt es immer eine offene Bar." „Bei solchen Veranstaltungen? Warst du schon mal auf sowas?", fragte Luke irritiert. „Eine gute Frage. Möchtest du sie uns beantworten?" Teona beugte sich neugierig vor. Sie hatte wieder Blut gerochen und wurde bitter enttäuscht. Mina sah ihr Publikum gleichgültig an.

„Ein oder zwei Mal, als Personal, versteht sich." Das war eine Lüge. Er kniff die Augen zusammen. Ganz sicher war sie in diesen Kreisen nicht als Kellnerin unterwegs gewesen. Das hätte ihr Vater niemals zugelassen, immerhin war sein oberstes Ziel keine Aufmerksamkeit zu erregen. Und Mina sah mit ihren Tattoos und der Kurzhaarfrisur auch nicht nach der üblichen Kellnerin aus.

Teona stand das Misstrauen ins Gesicht geschrieben, doch sie wagte es nicht dieses auszusprechen. Auch die anderen schwiegen. Wenn Mina tatsächlich eine Idee von dem hatte, was sie erwartete, war das ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Und sie konnten es sich nicht leisten, diesen zu verlieren. Ihre Mission lastete auch auf Minas Schultern.