15. Ein kleiner Gefallen

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Der nächste Morgen begann mit dem Geruch von gebratenen Eiern. Wunderbare, duftende Eierspeise. Jay riss die Augen auf. Sein knurrender Magen hätte tote wieder auferstehen lassen können.

Hastig richtete er sich auf und suchte nach der Quelle des Geruchs. Er fand sie in der Küche. Mina stand in schwarzer Kleidung, Jeans und Shirt, am Herd. Bei seinem hungrigen Anblick lächelte sie leicht. "Guten Morgen."

"Hi, hast du zufällig genug für zwei?", sein Blick war auf die Pfanne gerichtet. Wortlos packte sie die Hälfte der Eierspeise zusammen mit Früchten, Brot und Gemüse auf einen Teller und stellte in auf den Tisch. Ein zweiter stand schon darauf. Speichel floss in seinem Mund zusammen, der Hunger trieb ihn an.

In Windeseile zog er sich an und stürzte zum Tisch. Leise hörte er Mina kichern, ein Geräusch, das ihm gänzlich fremd war. Es klang...süß.

"Der Teller wartet auf dich. Du musst dich nicht beeilen.", meinte sie und begann zu essen. Langsam und ruhig, das komplette Gegenteil von ihm. Innerhalb weniger Minuten hatte er alles hinuntergeschlungen und einen grandiosen Rülpser von sich gelassen. Schamhaft legte er die Hand vor den Mund und murmelte eine Entschuldigung.

Als Antwort rülpste Mina mindestens genauso laut wie er. Belustigt hob er die Augenbrauen und lachte mit ihr. Zum ersten Mal. Ein ehrliches, entspanntes Lachen. Das Geräusch ließ ihre Augen wärmer erscheinen, das Lächeln zeigte ihm ein eine ungeahnte Weichheit. Sie schien wie ein anderer Mensch.

"Danke für das Essen. Das war einfach perfekt. Ich dachte du hättest nichts da?" "Es ist fast zehn Uhr. Ich war schon einkaufen. Du bist von nichts aufgewacht, erst als ich angefangen habe zu kochen.", er seufzte lange und sah auf seinen leeren Teller.

"Gestern war echt ein langer Tag." "Das kann ich mir vorstellen. Du hast ziemlich müde gewirkt.", war das etwa Mitgefühl in ihrem Blick? Jay schüttelte den Kopf, er musste sich irren. "Halb so wild. Ich musste die Chance nutzen und unsere Freundin besuchen."

Unsere Freundin. Ihr Name war nun endgültig tabu. Mina schlug die Augen nieder und sah auf ihre Hände. "Wie geht es ihr?", ihre Stimme war ein Hauch von Traurigkeit. Um sie zu trösten wollte er nach ihrer Hand greifen und zog sie doch im letzten Moment zurück. Sie mochte keine Berührungen, auch nicht zum Trost. Mina registrierte es und nickte ihm dankbar zu.

"Es geht ihr gut. Besser als ich es angenommen hätte. Sie ist nicht allein und scheint sich mit ihrer Situation abgefunden zu haben." Zumindest in Teilen. Mina seufzte lange und schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. "Das ist schön zu hören."

"Gab es hier etwas...Auffälliges?", hatte die Regierung schon mit Befragungen angefangen? Gab es erste Razzias, um den verlorenen Schatz wiederzufinden? Seine Gastgeberin schüttelte den Kopf. "Noch nicht. Aber so leicht geben sie nicht auf." Nein, dass taten sie nicht. Besonders wenn man sich den Aufwand, den sie für Oona betrieben hatten, ansah.

"Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit.", er holte tief Luft, „, deshalb muss ich dich um einen Gefallen bitten." Mina legte den Kopf schief. "Ein Gefallen? Welche Art?"

"Die gefährliche Art." Sie biss die Zähne zusammen, stand auf und begann die Teller wegzuräumen. Er seufzte, vermutlich war es sowieso zu viel verlangt.

"Erklär es mir.", hörte er plötzlich aus Minas Richtung. Hastig stand er auf, vielleicht gab es doch noch eine Chance hier.

"Ich habe etwas herausgefunden. Eine Information, die vielen Sakis das Leben retten kann. Möglicherweise würde sie auch unsere Gesellschaft endlich aus ihrer Schockstarre befreien und wir könnten wieder anfangen zu leben."

"Ich bin nicht an leeren Worten interessiert, Jay. Sag was du willst."

"Ich habe herausgefunden, wo die Regierung die Sakis gefangen hält.", sie hielt inne und starrte ihn an. "Weiter." Jay trat näher. "Die Taube möchte sie befreien. Ich wurde beauftragt Informationen über die Gegend einzuholen."

Diaspora- Erbsünde 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt