16. Ein unscheinbares Dorf

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Beim Schild "Traiskirchen", stiegen sie aus und begannen nach dem Dorfzentrum mit der typischen Kirche zu suchen. Im Gehen griff er nach Minas Hand, spürte die Kälte und genoss sie ein klein wenig zu sehr.

Er sollte sich konzentrieren, doch immer wieder schweiften seine Gedanken zu Mina und seinen Fragen. Nach ihren traurigen Worten hatte er beschlossen zu schweigen und ihr Zeit zu geben sich zu sammeln. Nun schien sie erneut die kalte, kontrollierte Frau zu sein, die er bei ihrer ersten Begegnung gesehen hatte.

"Lass uns einfach ein bisschen spazieren, okay?" Sie nickte und lehnte sich weiter zu ihm.

"Natürlich, Schatz." "Das ist echt gruselig. Hast du schon mal jemanden so genannt?" Sie verzog das Gesicht.

"Einmal. Ist Jahre her." Sie liefen an niedrigen, alten Häusern vorbei. Kleine Läden hatten geöffnet. Es tummelten sich sogar einige Menschen auf der Straße. Allerdings ruhig und geordnet. Die schwarz gekleideten offensichtlichen Agenten verbreiteten eine angespannte Stimmung. Jay zog sie näher an sich und küsste ihre Wange, zeigte dabei auf ein Geschäft mit Holzspielzeug.

"Will." Sie lächelte verkniffen. "Was?"

"Meinst du Will. War er dein Freund?" Sie sah ihn ernst an. Die Wahrheit lag in dem tränenfilm in ihren Augen, dem harschen Zug um den Mund. "Frag nicht nach ihm, okay."

"Darf ich dann nach Beth fragen?" Gespielt fröhlich gingen sie weiter. Hand in Hand, liebkosend. Die Nähe zu ihr machte ihn mutig. "War sie auch eine Freundin? Oder ist sie es immer noch? Was passiert mit ihr? Wird sie wirklich missbraucht?"

Zu viele Fragen auf einmal. Er sah es in ihrem Blick, aber was sollte er tun? Vielleicht war Beth der Grund, warum sie neben ihm diese urige Gasse entlanglief. Er musste es einfach wissen.

"Beth war meine Schwester.", flüsterte sie zurückhaltend. "Ist sie nicht gestorben?", zumindest hatte sie ihm das erzählt. Mina lehnte den Kopf an seine Schulter. "Ist sie."

"Wie sollte sie dann noch missbraucht werden? Das ergibt keinen Sinn." "Da hast du Recht.", Sie verarschte ihn, offensichtlich. Jay sah sie abschätzend an.

"Okay. Gut. Willst du mir dann wenigstens sagen, warum dein Vater keine Aufmerksamkeit der Regierung möchte? Hinterzieht er etwa Steuern mit seinem Geschäft?", wohl kaum. Die Angst in ihren Stimmen hatte auf mehr gedeutet. Mina lächelte kalt.

"Steuern sind es nicht." "Mehr willst du mir nicht sagen? Du kennst mein ganzes Leben. Weißt so viele gefährliche Infos über mich und ich kriege nichts?" Sie verließen das Dorf und begannen die Wanderwege rundherum zu begehen. Nie weit weg von Menschen, immer im Blick der Agenten, aber suchend, sehend. Wo stand das Gebäude, dass sie suchten.

Plötzlich riss Mina ihn zu sich und küsste ihn. Leidenschaftlich. Mit Zunge. Jay war ehrlich überrumpelt und hatte die Augen offen. Lang genug, um die Agenten in Minas Rücken zu bemerken und mitzuspielen. Zärtlich drückte er sie gegen einen Baum, umfing ihre Taillie und gab sich dem Kuss hin. Minas Kälte brachte ihn zum Kochen. Als sie sich zurückzog und hinter ihn sah, atmete sie erleichtert auf.

"Das war knapp." "Stimmt.", keuchte er, immer noch an sie gedrückt. Mina presste die Zähne zusammen und taxierte ihn für mehrere Sekunden.

"Beth war eine Saki. Sie starb bei einem Unfall. Und was meinen Vater angeht. Er war mal jemand. Jemand, den die Regierung geschätzt hat. Es ist wichtig, dass sie ihn nicht noch einmal schätzen können. Verstehst du das?"

Ein Saki, ein Unfall und ein hochdekoriertes Regierungsmitglied. Fasziniert legten sich die Puzzleteile Minas Leben zurecht. Jay nickte langsam und brachte ein wenig Abstand zwischen sie.

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