24. Aderlass

34 7 1
                                    

Als er am Abend zurück in die Unterstadt schlich waren seine Augen müde und der Kopf brummte wie ein Bienennest. Trotzdem musste er zurück, er musste mit Mina sprechen und ihr den Preis für Alexas Informationen erklären.

Er musste seine Entscheidung rechtfertigen. Leichte Panik kroch durch seine Adern bei dem Gedanken. Es war ihr Blut, ihr Körper und er hatte eine Entscheidung darüber getroffen, die eigentlich ihre hätte sein müssen. Die Anspannung schmerzte in seinem Nacken, dazu kam die Arbeit am Universitätsprojekt.

Amir tat sein Bestes möglichst viele Bugs in das Programm zu schreiben ohne zu auffällig zu sein. Dennoch nahmen sie gewaltige Schritte Richtung Vollendung vor. Und wie es aussah würde pünktlich zum Ball der Aktionäre ein perfektes Grundgerüst der App stehen. Niemand konnte dagegen arbeiten. Noch so ein Problem, dessen Lösung ihm nicht einfallen wollte.

In der Unterstadt herrschte geschäftiges Treiben. Seine Nachricht bezüglich Alexas Zielpersonen war angekommen. Die Rettungsaktion war in vollem Gange. Die Sakis bereiteten sich vor, ob es Evakuierung, Aufnahme von Flüchtigen oder ein Kampf war, jeder spürte einen Umschwung.

Die Apartheit war vorbei, eine Veränderung stand an. Jay spürte sie. Endlich passierte etwas. Luke kam ihm atemlos entgegen.

"Du bist wieder da.'" "Hast du was anderes erwartet?" Luke schüttelte leicht lächelnd den Kopf und fiel neben ihm in einen bedächtigen Gang.

"Falko hat Maddie schon losgeschickt. Wenn alles gut geht, sollten wir unsere Tarnung bis morgen zusammenhaben. Gabi ist auch bereit. Sie hat mich noch mal wegen den Schmerzen des Morphems gewarnt. Wird keine schöne Sache, wer immer sie übernehmen muss."

"Das werde dann wohl ich sein.", Luke warf ihm einen Seitenblick zu. "Bist du sicher? Deine Fähigkeit ist nicht für den Kampf geeignet."

"Wenn alles nach Plan läuft werden wir nicht kämpfen müssen und ich werde niemand anderem meine Rettungsaktion auf die Nase binden. Meine Idee, mein Risiko." Verständnis blitze in Lukes Augen auf. Sie kamen zu Oonas Zelt. Er war den Weg automatisch gegangen, in der Annahme, dass Mina sich bei ihr befinden würde.

"Sie ist dort. Ich habe die beiden im Auge behalten.", flüsterte Luke, der ihn viel zu gut kannte.

"Wie geht es ihnen?", sein Freund zuckte mit den Schultern, "Wirken okay, aber bei Mina bin ich mir da nie sicher. Oonas Verkühlung ist viel besser."

"Gut zu hören.", meinte er und räusperte sich laut. Anklopfen funktionierte bei einem Zelt nicht gut. Oonas Stimme war zu hören.

"Herein." Zögerlich traten die Männer ein und fanden Oona und Mina auf dem Boden vor den Betten sitzend. Luke hatte nicht zu viel versprochen, die jungen Frauen wirkten ausgeruht. Oona lächelte ihm vorsichtig zu.

"Willkommen zurück. Gibt es etwas Neues?" Zu viel. Er wusste nicht wie er anfangen sollte. Mina stand auf. Ihre kurzen Haare standen in alle Richtungen ab, die blauen Augen taxierten ihn. Sie schien sein Unbehagen zu spüren.

"Ich muss mit dir sprechen.", er warf Oona einen schnellen Blick zu, "alleine." Oona sah zwischen ihnen hin und her und seufzte schließlich niedergeschlagen.

"Ich wollte mir sowieso was zu essen holen. Komm Luke." Unzufrieden stampfte sie davon, Luke im Schlepptau. Gleichzeitig Schoß- und Wachhund. Jay setzte sich auf Defnes Bett und bat Mina ihm gegenüber Platz zu nehmen. Die junge Frau tat ihm den Gefallen und wartete. Wo sollte er anfangen...wo?

"Sag es einfach.", sie lehnte sich zurück und sah ihn gelassen an, "du wirst mich nicht überraschen." "Aber verletzen.", und nichts lag weiter von seinen Intentionen. Er strich über seine Haare und sah zu Boden.

Diaspora- Erbsünde 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt